Ukraine | Selenskyj hat Kampfjet-Angebot erhalten – das steckt dahinter

Nach langem Zögern könnte die Ukraine Kampfjets bekommen – das zumindest teilt Präsident Wolodymyr Selenskyj mit. Was steckt dahinter? Ein Überblick.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach eigenen Angaben ein Angebot für F-16-Kampfjets vorliegen. "Unsere Partner wissen, wie viele Flugzeuge wir brauchen", erklärt Selenskyj auf seiner Website. "Ich habe von einigen unserer europäischen Partner bereits ein Übereinkommen für die Anzahl erhalten ... Es ist ein ernsthaftes, überzeugendes Angebot."

Nach monatelangen Forderungen der Ukraine verdichten sich also weiter die Anzeichen, dass das Land erstmals Kampfflugzeuge aus westlicher Produktion erhalten könnte. Doch wer würde diese Jets liefern? Und was bedeutet das für den Krieg in der Ukraine? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wer hat F-16-Kampfjets?

Mehrere westliche Staaten verfügen über die Kampfflugzeuge, darunter die USA, wo das Modell hergestellt wird. Die USA haben mit Abstand die meisten Jets – mehr als 2.200 Exemplare. Sie setzen den Flieger auch im Inland ein, jüngst etwa Anfang Juni, um ein Kleinflugzeug abzufangen, das in der Nähe der Hauptstadt Washington im Luftraum aufgefallen war und später abstürzte.

Die Türkei hat mit 270 Stück die größte F-16-Flotte in Europa, gefolgt von den Niederlanden mit 213, Griechenland mit 170 und Belgien mit 160. Auch Polen, Dänemark, Norwegen und Italien haben jeweils mehrere Dutzend F-16 in ihren Hangars. Deutschland hingegen nicht, die Bundeswehr hat die Maschine nie benutzt. Mehr zu technischen Details des F-16-Jets lesen Sie hier.

Welche Länder sind bereit, Jets zu liefern?

Welche Länder der Ukraine die Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen wollen, ließ Selenskyj offen. Doch in der Vergangenheit hatten sich unter anderem Großbritannien und die Niederlande bereit erklärt, eine Koalition zur Lieferung von F-16-Jets an Kiew zu bilden. Auch US-Präsident Joe Biden bewegte sich in dieser Frage, stimmte der Ausbildung ukrainischer Piloten an den F-16-Jets zu und zeigte sich offen für die Weitergabe der Maschinen durch andere Länder.

Wofür werden die F-16-Jets im Krieg benötigt?

Die Ukraine pocht auf die Lieferung von 120 Kampfjets westlicher Bauart. Davon sollen 48 vom Typ F-16 sein, um die eigene Flotte aus Sowjetbeständen zu ergänzen. Dabei handelt es sich um MiG-Kampfflieger, die eigentlich als schnell und wendig galten, aber durch die Neuentwicklung des US-Modells Konkurrenz bekamen. Zusätzlich besitzt die Ukraine verschiedene sowjetische Suchoi-Kampfjets. Allerdings sollen viele der Flugzeuge bereits laut einer Auflistung des Portals "Oryx" zerstört worden sein.

Mithilfe der westlichen Jets will die Ukraine im russischen Angriffskrieg die Hoheit über ihren Luftraum zurückerlangen. Die russischen Streitkräfte hatten im Frühjahr ihre Taktik angepasst und verstärkt auf Gleitbomben gesetzt. Dem konnte die Ukraine zunächst nichts entgegensetzen.

Aus der Ukraine kommen außerdem Forderungen, nicht nur F-16, sondern auch Tornados und Eurofighter bereitzustellen. Dann käme auch Deutschland als Lieferant in Betracht. Bislang lehnte Kanzler Olaf Scholz (SPD) diese Anfrage kategorisch ab.

Aus Deutschland und den USA kamen unter anderem Bedenken, dass mit den Jets auch Ziele in Russland angegriffen werden könnten. Eine derartige Provokation gegenüber dem Kreml will der Westen aber unbedingt vermeiden, um einen möglicherweise noch größeren Krieg zu vermeiden.

Hilfe könnte künftig auch aus Australien kommen: 41 Maschinen des Typs F/A-18 Hornet könnte Canberra der Ukraine schicken, die Verhandlungen dafür seien weit fortgeschritten, hieß es jüngst. Mehr dazu lesen Sie hier.

Wann könnten die Jets in der Ukraine zum Einsatz kommen?

Die Ukraine wünscht sich eine Lieferung so früh wie möglich. Laut seiner jüngsten Mitteilung wartet Selenskyj nun auf eine endgültige Vereinbarung mit den Verbündeten, einschließlich "eines gemeinsamen Abkommens mit den Vereinigten Staaten". Es könnte sich also um wenige Tage oder Wochen handeln, bis es zu einem Abschluss der Verhandlungen kommt.

Wann die Jets dann in der Ukraine eintreffen, ist jedoch fraglich, auch weil ukrainische Pilotinnen und Piloten zuvor entsprechend trainiert werden müssen. Kampfjettrainings hatten in der Vergangenheit bereits teilweise begonnen, für die F-16 dauern sie aber Beobachtern zufolge in der Regel vier bis sechs Monate.