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"Heil Selenskyj" – So stellt Russlands Propaganda die Bundeswehr dar


Plünderungen durch die Bundeswehr?
Russisches Propagandavideo sorgt für Wirbel in Deutschland


Aktualisiert am 27.07.2023Lesedauer: 3 Min.
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Russischer Propagandafilm: Bundeswehrsoldaten räumen einer Familie das Haus aus. (Quelle: t-online)

Bundeswehrsoldaten plündern die Wohnungen von Deutschen – um der Ukraine zu helfen? Das vermittelt ein Satire-Video, das sich schnell verbreitet. Es stammt offenbar aus Russland.

In einem Weinörtchen in der Pfalz spielt sich Ungeheuerliches ab: Ein Bundeswehrtrupp klingelt an der Tür eines malerischen Hauses – und räumt den Bewohnern, die gerade vor dem Fernseher sitzen, die Wohnung aus.

Die Sachen, so suggeriert es der Kurzfilm, werden für die Ukraine konfisziert. Seit Mittwoch geht der Videoclip im Internet viral. Aus Deutschland stammt tatsächlich nur die Aufnahme aus der Pfalz, die zu Beginn des Films gezeigt wird. Doch dabei handelt es sich in Wahrheit um ein sechs Jahre altes Foto.

t-online ist der Geschichte hinter dem Propagandastreifen nachgegangen. Die Urheberschaft wurde in Russland der AfD zugeschrieben. Tatsächlich ist der Streifen aus russischer Produktion. Mit der bitterbösen Satire soll offenbar die Unterstützung für die Ukraine in Deutschland untergraben werden. In solche Botschaften im Netz hat Russland in der Vergangenheit bereits großen Aufwand gesteckt – nun also wohl auch in den aktuellen Film.

Deutscher Telegram-Kanal hatte das Video früh

Auch den Fernseher der Film-Familie, auf dem Bundeskanzler Olaf Scholz eben noch die weitere Unterstützung für die Ukraine betonte, sacken die Eindringlinge von der Bundeswehr ein. Und sie hängen in der nun kahlen Wohnung ein Porträt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufgehängt. Dem huldigen sie mit einem "Heil Selenskyj".

Wenn man sein Haus in der Nato habe, heißt es dazu in einem eingeblendeten Text, akzeptiere man die Nato eben auch bei sich zu Hause. Am Ende des Kurzfilms nimmt eine grimmig dreinschauende Bundeswehrsoldatin dem Kind der Familie auch noch sein Stofftier ab. Einen Leoparden.

Das rund einminütige Video wird seit Mittwoch von vielen kremlfreundlichen Kanälen verbreitet, die Urheber blieben im Dunkeln. Es sei "im Internet aufgetaucht", berichtete am Mittag um 12.32 Uhr auf Telegram der russischsprachige Kanal von RT, der Teil des staatlichen russischen Medienapparats ist. Bis dahin war das Video nur sporadisch geteilt worden. Regierungskritische russische Medien nennen als eine sehr frühe Quelle einen politischen Kommentator mit Verbindungen zu RT.

Der Journalist Armen Gasparjan ist zumindest der russischsprachigen Wikipedia zufolge bei RT Abteilungsleiter, er gibt aber inzwischen selbst die Agentur RIA als Arbeitgeber an. Er steht auf der EU-Sanktionsliste wegen der Verbreitung prorussischer Propaganda im Zusammenhang mit der russischen Invasion.

Was steckt hinter den 22 Milliarden Euro-Hilfe?

Der Beitrag soll offenbar Unmut mit der irreführenden Darstellung schüren, dass Deutschland der Ukraine 22 Milliarden Euro gegeben habe. Diese Zahl stammt zwar sogar von der Bundesregierung, die am 11. Juli vorgerechnet hatte, wie viel der Bund seit Beginn von Russlands Einmarsch schon für Hilfen aufgebracht hat. Allerdings zeigt eine Auflistung: Die größten Posten sind Aufwendungen für die rund eine Million Ukrainer in Deutschland, die wegen des russischen Angriffs geflüchtet sind: Auf 6,2 Milliarden Euro summieren sich Mindestsicherungsleistungen für diese Menschen. Dazu kommen 3,5 Milliarden Euro, die der Bund den Ländern und Kommunen zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen aus der Ukraine zahlt. Das ist in etwa so viel, wie Deutschland aus dem Verteidigungsetat für Unterstützung des ukrainischen Militärs aufgebracht hat: 3,8 Milliarden Euro bisher. Eine Milliarde Euro sind der deutsche Anteil an einem Zuschuss des Internationalen Währungsfonds. 800 Millionen Euro werden in humanitäre Hilfe für Geflüchtete in ukrainischen Nachbarstaaten und in der Ukraine selbst gesteckt.

Als Gasparjan das Video am Mittwoch um 9.36 Uhr bei Telegram postete, hatte es zumindest ein deutscher Telegram-Kanal schon verbreitet: t-online hat es bei "Soldaten & Reservisten" mit der Uhrzeit 9.16 Uhr finden können. Es bekam da aber noch wenig Aufmerksamkeit. Woher der Kanal es hatte, der regelmäßig prorussische Inhalte verbreitet: unklar. Den Metadaten zufolge wurde es erst kurz vorher in dem Format erstellt. Der deutsche Kanal war aber immer noch nicht die erste Quelle: Der Journalist Max Bernhard von "Correctiv" ist auf ein Telegram-Posting des früheren Chefs der Weltraumagentur Roskosmos, Dmitri Rogosin, von 8.58 Uhr gestoßen.

In Russland wurde die AfD zum Urheber erklärt

Russische Medien berichteten im Laufe des Tages auch, das Video sei ein "deutscher Spot", es komme von der AfD. Dafür gibt es allerdings keine Beweise. Der fast als AfD-Hauspostille auftretende "Deutschland-Kurier" lud das Video unverändert als "Netzfund" in seinen YouTube-Kanal, die AfD selbst wies aber gegenüber dem ZDF zurück, mit dem Video etwas zu tun zu haben.

Spuren führen dagegen nach Russland und zu RT: Zunächst gelang es dem Journalisten Mark Krotov von Radio Svoboda, die Akteure im Video zu identifizieren. Es sind allesamt russische Schauspieler aus der zweiten und dritten Reihe. Und: Der Familienvater im Video, Valentin Worobjow, hat bereits in einem Video mitgewirkt, das RT zu Weihnachten 2022 verbreitet hat.

Der Faktenchecker Ilya Ber wurde im Instagram-Profil einer der Beteiligten fündig. Julia Konjuchowa spielt die Mutter der deutschen Familie, ihr Sohn dem Posting zufolge den Sohn. In dem inzwischen gelöschten Beitrag schrieb sie, sie hätten für Russia Today gearbeitet. Anfragen beantwortete sie nicht, es sei ihr laut Vertrag verboten, mit Medien zu sprechen.

Interessant wäre auch die Frage nach dem Kostümfundus: Die hemdsärmelig agierenden Soldaten im Video tragen blaue Kragenspiegel der Heereslogistik- oder Sanitätstruppe, rote Barretts, wie sie etwa Pioniere, Nachschubsoldaten und Fernmelder kennzeichnen und dazu ein Ärmelband des Wachbataillons.

Videotranskript lesenEin- oder Ausklappen

Ein bizarres russisches Propagandavideo kursiert derzeit in den sozialen Medien.

In dem aufwendig produzierten Kurzfilm ist zu sehen, wie ein vermeintlicher Bundeswehrtrupp die Wohnung einer deutschen Familie ausräumt. Die Sachen, so suggeriert es das Video, werden für die Ukraine konfisziert. Es folgen verschiedene Anspielungen auf die Zeit des Nationalsozialismus, etwa ein “Heil, Selenskyj”.

Am Ende des Kurzfilms nimmt eine grimmig dreinschauende Bundeswehrsoldatin dem Kind der Familie auch noch sein Stofftier ab. Es ist ein Leopard.

So könne es einem gehen, wenn man in der Nato ist, so die Botschaft des Videos.

Mit der bitterbösen Satire soll offenbar die Unterstützung für die Ukraine in Deutschland untergraben werden.

Knapp 22 Milliarden Euro hat die Bundesregierung Kiew bereits zur Verfügung gestellt - in Form von humanitären Hilfen, als direkte Zahlung oder in Form von Waffen.

Die größten Posten sind Aufwendungen für die rund eine Million Ukrainer in Deutschland, die wegen des russischen Angriffs geflüchtet sind. Eine detaillierte Auflistung der deutschen Unterstützungsleistungen hat die Bundesregierung am 11. Juli 2023 veröffentlicht.

Das rund einminütige Video ist am Mittwoch von einigen kremlfreundlichen Kanälen verbreitet worden, die Urheber blieben allerdings im Dunkeln.
Die Spuren führen jedoch nach Russland, zum Propagandasender RT, der Teil des staatlichen russischen Medienapparats ist. Dem Journalisten Mark Krotov von Radio Svoboda ist es gelungen, die Akteure im Video zu identifizieren. Es sind allesamt russische Schauspieler aus der zweiten und dritten Reihe.

Das Video zeigt einmal mehr, dass die russische Propaganda keine Kosten und Mühen scheut, um Unwahrheiten zu verbreiten, die zum Ziel haben dürften, Unsicherheit und Unmut auch in Deutschland zu schüren.

Tatsächlich hat die Bundeswehr keine Berechtigung, den Besitz von Privatpersonen eigenmächtig zu pfänden.

Und nicht gestellte Bilder plündernder Soldaten gibt es auch – allerdings tragen diese russische Uniformen. Schon im April 2022 waren Aufnahmen von Überwachungskameras aus Poststationen in Weißrussland kurz hinter der ukrainischen Grenze mit schwer bepackten Soldaten aufgetaucht. Die Kämpfer schickten Elektrogeräte in die Heimat, die sie aus ukrainischen Häusern gestohlen hatten.

Verwendete Quellen
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