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Kurs gegen Wagner-Boss Prigoschin: Wladimir Putin ändert wohl Strategie


Neue Hinweise aufgetaucht
Putin ändert offenbar seine Strategie

Von t-online, cc

Aktualisiert am 12.08.2023Lesedauer: 3 Min.
Machthaber Putin bei einer Rede an die Nation Ende Juni 2023.Vergrößern des BildesMachthaber Putin bei einer Rede an die Nation Ende Juni 2023. (Quelle: IMAGO/Adrien Fillon)
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Wie geht es weiter mit den Wagner-Söldnern? Offenbar kommt Bewegung in die Sache. Machthaber Wladimir Putin soll seine Pläne geändert haben.

Glaubt man jenen Leuten, die sich auskennen, soll es hinter den dicken Mauern des Kremls seit Jahren ungefähr so zugehen, wie in einem Drama von Shakespeare. Nur schlimmer. Machtkämpfe, Intrigen, geheime Deals und ungereimte Todesfälle. Das sind laut Insidern die Zutaten, aus denen der Hofstaat des totalitären Herrschers Wladimir Putin gemacht ist.

Da verschwinden über Nacht verdiente Generäle, da fallen ehemalige Kreml-Günstlinge aus Bürofenstern oder es setzen sich prominente Aushängeschilder des Putinismus plötzlich ins Ausland ab, wie jüngst die mehrfache Olympiasiegerin Jelena Issinbajewa, die nun offenbar einem Luxusleben auf Teneriffa nachgeht. Am seltsamsten ist allerdings der Fall des Jewgeni Prigoschin. Einst einer von Putins nützlichsten Handlangern, wurde er seit dem gescheiterten Aufstand von Ende Juni kaum noch gesehen.

Wie die US-amerikanische Denkfabrik ISW in ihrem neuesten Lagebericht analysiert, soll der Kreml seinen Kurs gegen den Wagner-Boss nun wieder verschärfen. "Putin hat zuvor schon versucht, Prigoschin als korrupt darzustellen, als einen Lügner. Sein Ruf soll zerstört werden, nicht nur unter den Wagner-Söldnern, auch in der russischen Öffentlichkeit", so das ISW über den Strategiewechsel.

Braucht Putin den Söldnerboss noch für seine Afrika-Geschäfte?

Offenbar will Putin mit der Kampagne einen Keil zwischen Prigoschin und die Kommandanten der Söldnertruppe treiben. Die Wagner-Kämpfer hatten Mitte Mai für den bislang größten Erfolg der russischen Armee gesorgt, als sie nach monatelangen Kämpfen die ostukrainische Stadt Bachmut einnehmen konnten.

Prigoschin hatte daraufhin seine Attacken auf die russische Militärführung verschärft und schließlich den "Marsch auf Moskau" begonnen, um seinen langjährigen Vertrauten Putin von der Demission des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu zu "überzeugen". Die Meuterei scheiterte.

Dass er danach überhaupt noch mal lebend gesehen wurde, hatte viele Experten überrascht. Normalerweise überleben diejenigen, die sich offen gegen den Machthaber Putin stellen, in Russland nicht lange. Prigoschin nahm dagegen nicht nur an einem Treffen mit dem Präsidenten Ende Juni teil, sondern tauchte im Juli auch am Rande des wichtigen Russland-Afrika-Gipfels in St. Petersburg auf.

Der Russlandexperte Alexander Gabujew vom Carnegie Russia Eurasia Centre mutmaßte daher jüngst im "Spiegel", "dass Prigoschin noch gebraucht wird, etwa für internationale Geschäfte mit afrikanischen Regimen. Viele dieser Verbindungen vor Ort bestehen nur dank Prigoschin oder seinen Männern". Unter anderem sind Prigoschins Wagner-Söldner in Libyen, Mali, der Zentralafrikanischen Republik und im Niger aktiv, wo der demokratische Präsident Mohamed Bazoum Ende Juli von Putschisten abgesetzt wurde.

Hat Prigoschin irgendwo einen Aktenordner versteckt?

Nach einer Phase relativer Ruhe zwischen Putin und Prigoschin im Juli versucht der russische Despot laut ISW-Informationen nun offenbar erneut, den Wagner-Boss zu diskreditieren und zu isolieren. So sollen die Wagner-Kämpfer aus Belarus, wo viele von ihnen nach dem gescheiterten Aufstand ins Exil gegangen waren, nach Russland zurückgeholt und in die Verbände der russischen Armee integriert werden.

Tatsächlich sollen unbestätigten Berichten zufolge einige der Söldner Belarus verlassen haben und inzwischen wieder in Russland sein. Auch weil der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko sich offenbar weigert, die Kämpfer zu bezahlen. Ebenso wie der Kreml. Unter russischen Militärbloggern wird daher spekuliert, dass die Wagner-Söldner sich eher wieder Missionen in Afrika widmen könnten, wo die Organisation von Prigoschin dabei helfen soll, Warlords und Putschisten an die Macht zu bringen. Im Gegenzug erhält die Wagner-Gruppe wohl lukrative Aufträge zum Schürfen von Bodenschätzen.

Laut ISW sei Putin zunehmend darüber besorgt, dass Prigoschin ihm bei seinen langfristigen Plänen im Weg stehen könnte. Er habe daher veranlasst, die Diskreditierungskampagne gegen den Oligarchen zu verschärfen. "Wenn das stimmt", schreiben die US-Analysten, "könnte es bedeuten, dass Putin sein ursprüngliches Ziel, Prigoschin zu Fall zu bringen und ihn klar vom Rest der Wagner-Gruppe zu trennen, wieder zur Priorität erklärt hat."

Warum Putin überhaupt solche Intrigen gegen den 62-jährigen Unternehmer und Oligarch inszeniert, anstatt ihn einfach zu liquidieren, wie es in Diktaturen üblich ist, das beantwortet Wissenschaftler Alexander Gabujew. Demnach könnte Prigoschin eine Sammlung mit kompromittierendem Material über die russische Führung besitzen. Dieses unter russischen Geheimdienstlern beliebte Druckmittel, das sogenannte Kompromat, könnte eine Art Lebensversicherung für den Söldnerchef sein. "Bevor man einen Prigoschin eliminiert, muss man wissen, welche Informationen er wo versteckt", so Gabujew.

Verwendete Quellen
  • Catherine Belton: "Putin's people : how the KGB took back Russia and then took on the West", William Collins, 2020 (englisch)
  • understandingwar.org: "RUSSIAN OFFENSIVE CAMPAIGN ASSESSMENT, AUGUST 9, 2023" (englisch)
  • abc.net.au: "Belarus has become a pawn in Vladimir Putin's survival, so what does this mean for Alexander Lukashenko?" (englisch)
  • guardian.co.uk: "The perplexing aftermath of the Wagner mutiny shows Putin is more vulnerable than ever" (englisch)
  • spiegel.de: "Angst vor jahrelangem Abnutzungskrieg. "… aber das sagen westliche Offizielle nur im Privaten"" (kostenpflichtig)
  • tagesschau.de: "Gestürzter Präsident appelliert an Weltgemeinschaft"
  • theweek.co.uk: "Putin vs. Wagner: saved by kompromat?" (englisch)
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