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Schalke-Trainer Tedesco im Interview: "hartes Stück Arbeit"


Schalke-Trainer Tedesco im Interview
"Goretzka und Meyer wissen, was hier entstehen kann"

t-online, Florian Wichert und Guido Heisterkamp

Aktualisiert am 01.12.2017Lesedauer: 6 Min.
S04-Coach Domenico Tedesco (m.) mit Leon Goretzka (r.) und Max Meyer.Vergrößern des BildesS04-Coach Domenico Tedesco (m.) redet beim Training intensiv mit seinen beiden Mittelfeldstars Leon Goretzka (r.) und Max Meyer. (Quelle: Udo Gottschalk/imago-images-bilder)
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Domenico Tedesco ist nach dem gefühlten Derbysieg der Mann der Woche. Hier erklärt der Schalke-Trainer, wie sich Max Meyer zurück in die Startelf gekämpft hat und wie er morgens seine Spieler testet.

Tedesco pushte seine Mannschaft mit einer packenden Halbzeitansprache zu einer spektakulären Aufholjagd in Dortmund – 4:4 nach 0:4-Pausenrückstand. Im zweiten Teil des großen Exklusiv-Interviews mit dem Nachrichtenportal „t-online.de“ warnt Schalkes Coach vor dem nächsten Gegner, dem Tabellenletzten 1. FC Köln und macht den königsblauen Fans Hoffnung – bleiben die umworbenen Spieler Leon Goretzka und Max Meyer doch auf Schalke?

Ein Interview von Florian Wichert und Guido Heisterkamp.

t-online.de: Herr Tedesco, Sie sind gerade einer der begehrtesten Trainer der Liga – wo haben Sie sich das alles abgeschaut, was Sie offenbar dazu macht?

Domenico Tedesco (32): Es gibt viele Trainer, auf die ich schaue. Huub Stevens, den ich bereits zweimal treffen durfte. Ottmar Hitzfeld gehört ebenfalls dazu. Seine Arbeit und seine Persönlichkeit haben mich schon als Jugendlicher beeindruckt. Seine Interviews sind interessant und die Spieler haben immer sehr positiv über ihn gesprochen. In Italien ist Antonio Conte ein gutes Beispiel, er hat mit der italienischen Nationalmannschaft viel bewegt. Sie verfügten bei der EM in Frankreich nicht unbedingt über die ganz großen Namen, aber sie überzeugten als Team und schlugen so Spanien. Und mit Juventus Turin hat er eine fantastische Serie hingelegt, wo er in einer Saison kein Spiel verloren hat. Einfach Wahnsinn.

Sie sind in Italien geboren, aber in Deutschland aufgewachsen. Für wen schlägt ihr Herz, wenn Deutschland gegen Italien spielt?

Gemeine Frage. Ich sage mal ganz diplomatisch: Ich fühle mich beiden verbunden. Natürlich fiebere ich auch mit Italien mit.

Also war es ein herber Schlag, die WM zu verpassen?

Ja, da habe ich schon ein bisschen schlucken müssen. Ich wurde im Trainerteam auch schön veräppelt. Ein Kollege hat mir ein Bild von einem Ikea-Sofa geschickt, das „Blöb dahöm“ oder so ähnlich hieß…

Wäre es dann für Sie eher ein Ziel, irgendwann italienischer und nicht deutscher Nationaltrainer zu werden?

Mit solchen Fragen beschäftige ich mich überhaupt nicht.

Stehen Sie denn wie der 72-jährige Jupp Heynckes in 40 Jahren auch noch an der Seitenlinie?

Das lässt sich aus heutiger Sicht natürlich schwer beantworten. Ich genieße es gerade jeden Tag. Ich habe einen echten Traumjob. Sicher gehört auch Druck zum Arbeitsalltag in der Bundesliga, aber wir dürfen nicht vergessen, dass es ein Privileg ist.

Sie haben auf Schalke einiges umgekrempelt. Neben gemeinsamen Mahlzeiten gibt es jeden Morgen einen 15-minütigen Check. Wie läuft das ab?

Das sind Dinge wie Wiegen oder ein physiologischer Check, um zu sehen, ob die Spieler trainingsbereit sind. Manche Mannschaften nehmen Blut ab und analysieren die Werte. Wir machen zusammen mit den Physiotherapeuten und Reha-Trainern andere Tests: mal müssen die Spieler springen, mal die Adduktoren zusammenpressen, um zu sehen wie viel Kraft generiert wird. Und sie müssen ein paar Fragen beantworten.

Was für Fragen sind das zum Beispiel?

Ganz allgemeine Fragen: Wie hast du geschlafen? Wie war deine Schlafqualität? Wie fühlst du dich? Hast Du noch schwere Beine vom letzten Training? Wir schauen da nicht tagtäglich drauf, weil es da auch um ein Vertrauensverhältnis zwischen Spieler und Physio geht. Aber wenn es Auffälligkeiten gibt, teilen es uns die Physios mit – um Verletzungen vorzubeugen.

Wie haben Sie die Spieler wieder hinbekommen, die in der vergangenen Saison eine Leistungsdelle hatten? Konoplyanka, Stambouli oder Meyer blühen unter Ihnen auf.

In erster Linie sind die Spieler selbst dafür verantwortlich.

Aber Sie haben Stambouli aus dem defensiven Mittelfeld in die Dreierkette gezogen und Meyer zum „Sechser“ umfunktioniert.

Max Meyer stand am Anfang nicht in der Startelf und hat trotzdem unheimlich gut trainiert und immer wieder Ausrufezeichen gesetzt. Er hat Zusatzschichten geschoben. Er war einfach immer so fleißig und motiviert, dass wir im Trainerteam irgendwann gesagt haben, dass wir für ihn einen Platz kreieren müssen. Motto: Egal, ob es Rechtsverteidiger ist oder linker Stürmer – wir müssen den jetzt spielen lassen. Wenn einer keinen Ball verliert, die Zweikämpfe gewinnt und umschaltet wie verrückt, dann merken das die Mitspieler ja auch. Der erste Impuls ging ganz einfach vom Spieler aus.

Und Konoplyanka und Stambouli?

Genauso. „Kono“ hat eine super Vorbereitung gespielt. Und auch Benjamin Stambouli hat sich immer wieder reingehauen. Er hat sehr viel gemacht, sehr viel nach hinten gearbeitet. Und dann bist Du als Trainer gefragt: Du musst diejenigen belohnen, die Gas geben. Und der Prozess ist längst nicht zu Ende, das gilt ja für alle anderen auch. Diejenigen, die sich aufdrängen, für die musst du Plätze schaffen. Davon lebt eine Mannschaft und das merken die Spieler auch. Und das hält natürlich auch das Trainingsniveau hoch.

Max Meyer ist superfrüh in die erste Mannschaft gekommen, wurde schon gefeiert als zukünftiger deutscher Superstar. Jürgen Klopp sagte, Meyer wäre in jeder Mannschaft Kapitän. Dann stagnierte er in seiner Leistung. Wo führt sein Weg hin?

Max spielt es im Moment richtig gut. Er weist eine hohe Spielintelligenz auf, ist ballsicher und gewinnt Zweikämpfe. Ich habe das Gefühl, dass er von Woche zu Woche besser und stabiler wird.

Ist es also nur eine Frage der Zeit, bis er wieder in der deutschen Nationalmannschaft eine Rolle spielt?

Joachim Löw hat einen schwierigeren Job, weil er alle Spieler sieht und dann entscheiden muss. In Deutschland gibt es unfassbar viele Talente – vor allem auf den Positionen im Zentrum. Aber Nationalmannschaft sollte nicht der einzige Gradmesser für die Qualität eines Spielers sein. Max muss einfach so weitermachen.

Der Vertrag läuft aus. Glauben Sie, dass Max Meyer bei Schalke bleibt?

Er hat schon mehrmals betont, dass er sich hier wohlfühlt. Und wir fühlen uns mit ihm wohl. Er weiß, was er an Schalke hat und andersrum auch - eine Win-Win-Situation. Der Verein möchte verlängern und Max hat auch signalisiert, dass er sich das vorstellen kann.

Für Schalke wäre eine Mittelfeld-Achse Meyer/Goretzka in den nächsten vier, fünf Jahren natürlich top.

Von solchen Spielern profitiert jede Mannschaft. Aber trotzdem müssen wir alle weiter auf Schalke schauen. Schalke steht über allem. Über dem Trainer, über den Spielern. Wir haben eine super Jugendabteilung, eine tolle Knappenschmiede und haben mit Norbert Elgert Jemanden, der gemeinsam mit den anderen Jugendtrainern immer wieder Top-Jungs rausbringt. Und da warten vielleicht schon die nächsten Talente.

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In den vergangenen Jahren hat Schalke viele Spieler verloren: Sané, Draxler, Matip oder Kolasinac. Haben Sie die Hoffnung, dass Sie hier etwas aufbauen, das die Spieler wirklich zum Bleiben bewegt?

Ich glaube, dass sich die Jungs hier wohlfühlen. Sie wissen, was sie an Schalke haben und was hier entstehen kann. Schalke ist ein Verein mit unheimlich viel Potential. Wichtig ist, dass die Jungs eine gewisse Phantasie haben, wohin die Reise gehen kann. Leon Goretzka kann hier den nächsten Schritt machen, indem er ein ganz klarer Führungsspieler wird.

Sind Sie bei Leon Goretzka ähnlich optimistisch wie bei Max Meyer?

Ja! Ich bin grundsätzlich ein positiv denkender Mensch (lacht).

Definitiv dabei sind Meyer und Goretzka am Samstag gegen Köln. Vor dem Spiel gegen Dortmund betonten Sie, dass Sie keine Krise beim BVB sehen. Wie sehen Sie das bei Köln?

Ohne Zweifel haben sie wenig Punkte. Aber wir gucken da nicht auf die Punkteausbeute oder die Tabelle, sondern sehen die Spiele, die sie abliefern. Zum Beispiel haben sie gegen den VfB Stuttgart am 8. Spieltag 1:2 verloren, aber die erste halbe Stunde bei der Heimmacht Stuttgart absolut dominiert und hätten eigentlich 2:0 oder 3:0 gewinnen müssen. Das sagt schon alles.

Läuft man Gefahr, so einen angeschlagenen Gegner zu unterschätzen, der nichts mehr zu verlieren hat?

Wir unterschätzen sie definitiv nicht, weil es wieder ein anderes und neues Spiel ist. Auch ohne sie zu unterschätzen, ist es schon schwierig. Mit dem Rücken zur Wand zu stehen, ruft manchmal ungeahnte Kräfte hervor. Das wird ein ganz hartes Stück Arbeit.

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Kritik an vorschnellen Trainer-Entlassungen. Ist es positiv für die Trainergilde, dass der FC sich bisher den Mechanismen widersetzt?

Ich finde es grundsätzlich gut, wenn man an einen Trainer glaubt und ihm Zeit gibt. Ein Beispiel: Wenn du im Sommer sechs Wochen lang die Spieleröffnung trainierst, was natürlich kein Mensch machen würde, aber dann würdest du in den ersten fünf Spielen vielleicht 50 Prozent davon sehen – der Rest kommt peu à peu. Du lernst aus den Spielen und entwickelst dich nochmal weiter. So ist es mit vielem. Geduld ist immer ein guter Ratgeber.

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