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Real Madrid entzaubert Bayern München - Guardiola: "Habe mich vertan"


Real Madrid entzaubert Guardiolas falsche Taktik

Von t-online
Aktualisiert am 30.04.2014Lesedauer: 5 Min.
Bayern-Trainer Pep Guardiola kann im Rückspiel gegen Real Madrid nicht mehr hinschauen.Vergrößern des BildesBayern-Trainer Pep Guardiola kann im Rückspiel gegen Real Madrid nicht mehr hinschauen. (Quelle: ap-bilder)
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Aus München berichtet Mark Weidenfeller

Es lief bereits die Nachspielzeit, als Arjen Robben wütend in Richtung Schiedsrichter Pedro Proenca gestikulierte. Der Holländer forderte den Unparteiischen auf, dieser Höllenqual doch endlich ein Ende zu bereiten und die Partie gegen Real Madrid abzupfeifen. Der große FC Bayern lag zu diesem Zeitpunkt bereits mit 0:4 (0:3) zurück, der Traum vom erneuten Triple-Gewinn war jäh geplatzt.

"Das ist eine Riesen-Enttäuschung, so ein Spiel zu Hause. Das ist knallhart", diktierte ein sichtlich niedergeschlagener Robben wenige Minuten später den zahlreichen Journalisten in die Blöcke.

Lahm: "Müssen uns hinterfragen"

Der Referee hatte zwar trotz Robbens Flehen noch ein paar Minuten spielen lassen. Irgendwann hatte er dann aber doch ein Einsehen und beendete das Halbfinal-Rückspiel - und damit gleichzeitig die Champions-League-Saison des Titelverteidigers. Ruhe kehrte allerdings keine ein. Denn der Abpfiff war noch nicht ganz verhallt in der bereits halbleeren Allianz-Arena, da begann schon das Forschen nach den Ursachen für dieses Fiasko. Als einer der ersten ergriff Kapitän Philipp Lahm das Wort: "Wir haben es taktisch in der ersten Halbzeit nicht gut gemacht. Wir waren viel zu offen und müssen uns nun alle hinterfragen", sagte er und kritisierte damit – ob gewollt oder ungewollt - auch seinen Trainer Pep Guardiola.

Dieser hatte die Aufstellung im Gegensatz zur 0:1-Niederlage im Hinspiel leicht korrigiert. Für den Brasilianer Rafinha rückte Lahm von der Sechser-Position zurück auf die rechte Seite der Viererkette. Toni Kroos übernahm dafür die Rolle neben Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller durfte von Beginn hinter der einzigen Spitze Mario Mandzukic ran. Guardiola wollte durch die Installierung eines zusätzlichen Kreativen in der Zentrale für mehr Druck nach vorne sorgen. Doch der Schuss ging nach hinten los.

Real in die Karten gespielt

Denn ohne eine führende Hand – wie der von Lahm oder dem viel zu spät eingesetzten Javi Martinez - an seiner Seite schaffte es Schweinsteiger nicht, die Abwehr entscheidend zu entlasten. Die Folge: fehlende Stabilität, zu wenig Durchschlagskraft, eklatante Schwächen beim Umschaltspiel und keine Dominanz im Mittelfeld. "Es war das Gegenteil vom Hinspiel, weil wir da das Spiel kontrolliert haben. Da haben wir zwar auch Konter bekommen, aber heute ging das Spiel in der ersten Hälfte nur hin und her. Das ist nicht unsere Spielweise, sondern das ist das, was Real mag. Das hat ihnen absolut in die Karten gespielt", bestätigte Lahm.

Und diese Einladung nahmen die Königlichen dankend an. Sie griffen dieses Mal deutlich früher an und beteiligten sich rege am Spiel. Bei Abstößen der Bayern, die wieder knapp 70 Prozent Ballbesitz, aber so gut wie keine Torchance hatten, verhinderten Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Gareth Bale mit extremem Pressing sogar kurze Anspiele von Manuel Neuer auf Dante oder Jerome Boateng und zwangen die Hausherren so zu langen Bällen. Und obwohl die Bayern 90 Minuten lang Zeit gehabt hätten, um das Ergebnis aus dem Hinspiel mit einem einzigen Treffer zu egalisieren, hatte man den Eindruck, dass sie diesen einen Treffer unbedingt in den ersten fünfzehn Minuten erzielen wollten. Es entwickelte sich ein völlig unnötiger offener Schlagabtausch.

Ancelotti entzaubert Guardiola

Ironie des Schicksals war es dann, dass ausgerechnet zwei Standardsituationen für die zwischenzeitliche und richtungsweisende 2:0-Führung der Gäste sorgten. Real Madrid, das weiße Ballett, bediente sich diesem unästhetischen Mittel der fußballerischen Hausmannskost, um den Fußball-Philosophen und Taktikliebhaber Guardiola zu entzaubern. "Wir hatten uns so viel vorgenommen und dann steht es nach 20 Minuten nach zwei Standardsituationen 0:2. Das ist schon enorm bitter", sagte Lahm. Real-Trainer Carlo Ancelotti hatte wieder einmal alles richtig gemacht: "Wir waren vor dem Spiel schon etwas besorgt. Aber wir wollten mehr Druck als im Hinspiel ausüben und gut kontern, das ist uns perfekt gelungen."

Ramos zieht Bayern den Zahn

Entscheidend war nämlich vor allem die Entstehung der ruhenden Bälle, die zu den Toren führten. Dem ersten Treffer ging einer dieser überfallartigen Konter Reals voraus, der beinahe ohne jede Gegenwehr auf das Tor von Manuel Neuer zurollte und erst im letzten Moment von Dante zu einer Ecke geklärt werden konnte. Diese Ecke zirkelte der überragende Luka Modric auf den Kopf des völlig freistehenden Sergio Ramos. Dieser bedankte sich und nickte ein (15. Minute). Vor dem zweiten Treffer leistete sich Kroos ein komplett überflüssiges Foul an Bale. Den anschließenden Freistoß zog Angel di Maria scharf auf Pepe. Dieser verlängert den Ball auf Ramos, der zum zweiten Mal unbehindert einköpfen durfte und damit dem FC Bayern das Genick brach. "Nach dem schnellen 0:2 waren wir chancenlos", gab Sportvorstand Matthias Sammer zu.

Der FCB ließ sich ohne Absicherung in der Zentrale – Schweinsteiger nicht in Form, Kroos bewies wieder einmal eindrucksvoll, dass er in der Defensive nicht seine Stärken hat – auf ein direktes Duell mit der besten Offensivmannschaft der Welt ein. Ein folgenschwerer Fehler. Das 3:0, das Cristiano Ronaldo erzielte und das erneut das Ergebnis eines lupenreinen Konters nach Ballverlust des unterirdisch auftretenden Franck Ribéry war, passierte beinahe schon folgerichtig. Das 4:0, ein direkt verwandelter Freistoß von Ronaldo in der letzten Minute, bildete den Schlusspunkt eines fulminanten Auftritts der Madrilenen. "Wir haben unsere Grenzen aufgezeigt bekommen", konstatierte Karl-Heinz Rummenigge angefressen.

Guardiola gesteht Fehler ein

Und so musste dann auch Guardiola eingestehen, heute einen Fehler gemacht und sein Team ins offene Messer geschickt zu haben: "Wir haben heute schlecht gespielt. Das ist meine Verantwortung, da habe ich mich vertan", sagte er: "Wir sind auf dem höchsten Niveau in Europa, da werden solche Fehler bestraft."

Der FC Bayern, der erstmals überhaupt vor eigenem Publikum gegen Real Madrid verlor und dann gleich die höchste Europokal-Heimniederlage der Vereinsgeschichte einstecken musste, hat eine Saison der Superlative an die Wand gefahren.

Die Verantwortlichen bemühten sich zwar, den Blick auf das große Ganze zu lenken. "Wir sind heute an einer großen Mannschaft gescheitert", sagte Sammer: "Aber wir sind der früheste Deutsche Meister der Geschichte, waren unter den besten vier Mannschaften in Europa und haben im Pokalfinale immer noch die Chance aus einer guten Saison eine sehr gute zu machen."

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Müller: "Arsch hochkriegen"

Doch so leicht wollte es der wie immer ehrliche Thomas Müller sich und seinen Mitspielern dann doch nicht machen: "Natürlich ist der Anspruch extrem gestiegen. Wir können jetzt nicht sagen: Hurra, wir waren im Halbfinale. Schön, dass wir dabei waren", sagte er und fügte an: "Wir müssen jetzt einfach wieder den Arsch hochkriegen, nächste Woche haben wir noch dieses Finale in Berlin."

Das sah auch Arjen Robben so: "Wir gehen jetzt nach Hause, weinen ein bisschen und morgen nehmen wir uns wieder alle in den Arm. Das Leben geht ja weiter."

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