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BSG Chemie Leipzig: Kultklub statt Kommerz


BSG Chemie Leipzig: Kultklub statt Kommerz

Von t-online
05.07.2015Lesedauer: 3 Min.
Auf rund 1000 Zuschauer kann die Mannschaft der BSG Chemie Leipzig bei Heimspielen zählen.Vergrößern des BildesAuf rund 1000 Zuschauer kann die Mannschaft der BSG Chemie Leipzig bei Heimspielen zählen. (Quelle: K. Cerniauskaite/leer)
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Von Ann-Kathrin Ernst

Es ist der 20. Juni 2015. Die BSG Chemie Leipzig muss in ihrem Spiel gegen Stahl Riesa unbedingt gewinnen, um die Möglichkeit des Aufstiegs in die fünfte Liga zu bewahren. Über 3500 Fans feuern ihre Mannschaft im Alfred-Kunze-Sportpark in Leipzig-Leutzsch euphorisch an, doch Chemie verliert 2:3. Aufstieg verpasst. Bei einem anderen Verein hätte es jetzt wohl ein Pfeifkonzert gegeben, nicht aber hier. Die Fans feiern die Mannschaft als hätte diese gerade die Meisterschaft gewonnen. Und das Woche für Woche, obwohl der Klub in der sechsten Liga spielt.

Rund 700 Mitglieder, im Schnitt über 1000 Zuschauer. Grandiose Zahlen für einen Sechstligisten. Und das in einer Stadt, in der neben dem 1. FC Lokomotive Leipzig, dem Klub von Mario Basler, vor allem auch RB um Zuschauer wirbt. Mit der Rangnick-Truppe im Zentrum der Stadt beschäftigt man sich bei Chemie nur am Rande. "Das ist ein Business Modell. RB spielt in allen Belangen in einer anderen Liga", sagt Vorstandsmitglied Dirk Skoruppa und ist sich bewusst, bald einen Großen des deutschen Fußballs in der Stadt zu haben. "Klar werden die irgendwann Bundesliga und Champions League im ausverkauften Stadion spielen. Die Fans, die wir haben, werden uns deswegen aber nicht wegrennen."

Vereinsführung stolz auf Mitgliederentwicklung

Die BSG hat es in den vergangenen Jahren wieder geschafft auf sich aufmerksam zu machen. "Die Wahrnehmung unseres Vereins hat, unter anderem durch die zwischenzeitliche Tabellenführung, wieder zugenommen", erzählt Skoruppa. Innerhalb von eineinhalb Jahren hat sich die Mitgliederzahl verdoppelt, Tendenz weiter steigend. "Darauf können wir stolz sein", so der 50-Jährige.

Der Stolz auf das gemeinsame Projekt "BSG Chemie Leipzig" ist es auch, der Vorstand und Fans in ihrer täglichen Arbeit antreibt. "Alle arbeiten hier ehrenamtlich, ohne Lohn", betont Skoruppa, "in den Gremien des Vereins haben wir eine gute Mischung. Etwa die Hälfte ist aus einer jüngeren Generation und aus der Ultraszene hervorgegangen." Jeder hat einen persönlichen Bezug, entweder als ehemaliger Spieler oder Fan. Der Fanshop mit einem sechsstelligen Jahresumsatz wird ehrenamtlich aus Fanhand betrieben. "Unsere Anhänger versuchen dem Verein jeden unnötigen Cent zu ersparen", lobt Skoruppa. Und blickt man auf die Geschichte der BSG zurück, ist das heutige Ergebnis nicht selbstverständlich.

Von der Meisterschaft bis zum Neustart

1951 und 1964 gewann die Mannschaft aus Leipzig-Leutzsch die Meisterschaft der DDR-Oberliga. Vor allem der zweite Meistertitel war damals eine große Sensation und spielt noch heute eine große Rolle. Nach der Wende 1990 geriet Chemie in finanzielle Schieflage und fusionierte schließlich mit dem FSV Böhlen zum FC Sachsen Leipzig, der immer wieder mit Skandalen, Insolvenzen und Differenzen zwischen Fans und Vereinsführung zu kämpfen hatte. 2008 wurden diese Differenzen so groß, dass sich Teile der Fanszene entschieden, dem FC Sachsen den Rücken zuzukehren. 2011 kam es dann zum vorhergesagten, endgültigen Aus.

Bereits in den 1990er Jahren war die BSG Chemie Leipzig neu gegründet worden, um die Namensrechte zu erhalten und Nachwuchs zu fördern. 2008 wurde unter Führung und Initiative der ehemaligen Sachsen-Fans und der Ultras der Spielbetrieb wieder aufgenommen – als BSG Chemie Leipzig. So wie zu großen DDR-Zeiten, aber in der untersten Liga Sachsens. "Es musste etwas passieren, um die Tradition der BSG und die Jugendmannschaften zu retten", sagt Skoruppa, der bereits seit 1981 Fan ist und Höhen und Tiefen durchlebte.

Keine Söldner, sondern Identifikationsfiguren

Nach dem verpassten Aufstieg in der abgelaufenen Saison wollen die Leutzscher in der kommenden wieder angreifen. "Wir waren diese Saison sportlich noch nicht reif dafür", gibt Skoruppa zu, "aber in der kommenden Saison wollen wir um den Aufstieg spielen." Verstärkung kommt auch von RB Leipzig, wo einige ehemalige Jugendspieler der BSG zu alt für die U23 wurden und den Sprung in den Profi-Fußball nicht schafften. Doch das ist auch Teil der Vereinsphilosophie: "Wir wollen Identifikationsfiguren. Spieler, die auf dem Platz zehn Prozent mehr geben, weil sie für Chemie spielen", stellt Skoruppa klar.

Wenn Skoruppa träumen darf, messen sich diese Spieler der BSG irgendwann wieder mit 'alten Bekannten' aus DDR-Zeiten wie dem 1. FC Magdeburg oder Rot-Weiß Erfurt. Mit diesen Fans im Rücken, kann der Traum sicherlich Realität werden.

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