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Conchita Wurst wird in Russland zur Zielscheibe


"Das Ende Europas"
Russische Politiker kritisieren Conchita Wurst

afp, dpa, nho

Aktualisiert am 12.05.2014Lesedauer: 3 Min.
Eines ist sicher: Conchita Wurst polarisiert wie kein anderer ESC-Teilnehmer in diesem Jahr.Vergrößern des BildesEines ist sicher: Conchita Wurst polarisiert wie kein anderer ESC-Teilnehmer in diesem Jahr. (Quelle: dpa-bilder)
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Der Sieg des österreichischen Travestiekünstlers Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest veranlasst die russische Politik zu scharfen Verbalattacken auf den Westen des Kontinents. Das Ergebnis zeige "Anhängern einer europäischen Integration, was sie dabei erwartet - ein Mädchen mit Bart", schrieb Vizeregierungschef Dmitri Rogosin im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der nationalistische Abgeordnete Wladimir Schirinowski sagte Europa gar den Untergang voraus.

"Unsere Empörung ist grenzenlos, das ist das Ende Europas", sagte Schirinowski im russischen Fernsehen. "Da unten gibt es keine Frauen und Männer mehr, sondern stattdessen ein Es", ergänzte der Politiker und fügte hinzu: "Vor 50 Jahren hat die sowjetische Armee Österreich besetzt, es freizugeben war ein Fehler, wir hätten dort bleiben sollen." Er bezog sich auf die Besatzungszeit in Österreichs Osten nach dem Zweiten Weltkrieg.

Der Kirchenfunktionär Wladimir Legojda bezeichnete den Sieg als "noch einen Schritt bei der Abkehr von der christlichen Identität der europäischen Kultur". Solche kulturellen Auswüchse seien deshalb besonders gefährlich, weil sie oft Vorläufer der politischen und juristischen Regeln einer Gesellschaft seien.

Buh-Rufe für russischen Beitrag in der Kritik

Der als Initiator des international umstrittenen Anti-Homosexuellen-Gesetzes bekannte Kommunalpolitiker Witali Milonow in St. Petersburg kritisierte, dass Russlands Tolmatschewy-Zwillinge ausgebuht worden seien in Kopenhagen. "Die Dänen haben sich als Schweine erwiesen. Ein solches Pfeifen während unsere Künstler auftreten - ein Zeichen echter Degradierung. Euro-Homos schmort in der Hölle", twitterte der prominente Politiker.

Russlands Pop-Papst Filipp Kirkorow warf Milonow "Volksverhetzung" vor. Es sei unerhört, dass das Staatsfernsehen solche Parolen verbreite. Er rief dazu auf, Conchita Wursts Sieg zu achten. "Vielleicht sollten wir einmal darüber nachdenken, nicht auf so kategorische Weise auf einige sensible Dinge zu reagieren", sagte er der Boulevardzeitung "Moskowski Komsomolez". Es könne eine Herausforderung an Russland sein, sich mit anderen Werten und auch mit anderen sexuellen Orientierungen auseinanderzusetzen.

Russische Medien zwischen Häme und Humor

Mit einem geteilten Echo aus Häme und Humor reagierten russische Medien auf Österreichs Sieg. Der Auftritt sei eine "Komödie", aber auch eine "Ansage an die Feinde der Toleranz", meinte die kremltreue Boulevardzeitung "Komsomolskaja Prawda" am Montag.

Ein "Zirkus mit einer bärtigen Frau", schrieb das regierungsnahe Blatt "Iswestija". Die russischen Zuschauer hätten allerdings Conchita bei ihrer Abstimmung immerhin auf den dritten Platz gesetzt. "Sie haben also Humor, Toleranz und die Zuversicht geäußert, zur europäischen Zivilisation zu gehören", schrieb das Blatt.

"Beweis für Verfall des modernen Europa"

Auch aus Polen gab es inzwischen kritische Töne: "Das ist ein Beweis für den Verfall des modernen Europa", sagte der nationalkonservative Ex-Regierungschef und jetzige Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski am Montag dem TV-Sender TVN24.

"In Europa tun sich beunruhigende Dinge, die seine Dekadenz zeigen. Und diesen Trend sollten wir ablehnen", forderte Kaczynski. "Alle Formen von Propaganda, die den Unterschied zwischen Mann und Frau verwischen und ein Lebensmodell entwerfen, in dem nicht einmal mehr das Geschlecht eindeutig bleibt, führen auf eine Bahn der völligen Zerstörung", sagte er.

"Eine starke Tendenz für Gleichberechtigung"

Für den Westen Europas ist Conchita Wursts Sieg beim ESC indes ein eindeutiges Zeichen der Toleranz in Europa. "Es ist ein Signal, dass es in Europa eine starke Tendenz für Gleichberechtigung gegen Diskriminierung gibt", sagte beispielsweise der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck im Interview mit dem ZDF-"Morgenmagazin". Teilnehmer, die eine gute Leistung zeigten, hätten offenbar eine faire Chance in dem Wettbewerb.

Selbst in Ländern wie Russland, die eher als homophob gelten, sei die Dragqueen von den Zuschauern auf Platz drei gewählt worden. Erst die nach politischen Kriterien ausgesuchte Jury habe dafür gesorgt, dass dieses Votum nicht zum Tragen kam, sagte Beck.

Wurst glaubt an eine Zukunft ohne Ausgrenzung

Und auch Wurst selbst wertet ihren Sieg als ein Zeichen für fortschrittliches Denken: "Es war nicht nur ein Sieg für mich, sondern ein Sieg für die Menschen, die an eine Zukunft glauben, die ohne Ausgrenzung und Diskriminierung funktionieren kann", sagte die 25-jährige Dragqueen bei ihrem Empfang in Wien.

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