t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



Menü Icon
t-online - Nachrichten für Deutschland
HomeGesundheitKrankheiten & Symptome

Paracetamol ist gefährlicher als gedacht


"Giftiger als bisher geglaubt"
Paracetamol: Neue Studienergebnisse zeigen schwerwiegende Nebenwirkungen

Ann-Kathrin Landzettel

27.10.2014Lesedauer: 3 Min.
Qualitativ geprüfter Inhalt
Qualitativ geprüfter Inhalt

Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Paracetamol wird zur Schmerzlinderung genommen, kann aber auch das Gegenteil bewirken.Vergrößern des Bildes
Paracetamol wird zur Schmerzlinderung genommen, kann aber auch das Gegenteil bewirken. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Ob bei Rückenbeschwerden, Kopfschmerzen oder Fieber: Der Wirkstoff Paracetamol steht auf der Hitliste der Schmerzmittel ganz weit oben. Da das Präparat rezeptfrei in der Apotheke erhältlich ist und zudem nicht viel kostet, ist es ein beliebter Helfer. Dass Nebenwirkungen wie Leberversagen oder Bluthochdruck drohen können, ist bekannt. Doch jetzt enthüllen neue Forschungsergebnisse weitere schwerwiegende Folgen des Wirkstoffes. Wir haben mit dem Studienautor Professor Kay Brune gesprochen.

Für seine Analyse zu dem Schmerzmittel-Wirkstoff Paracetamol hat Brune, Pharmakologe an der Universität Erlangen-Nürnberg, zahlreiche große aktuelle Studien ausgewertet, die sich mit dem schmerzlindernden und fiebersenkenden Stoff genauer befasst haben. Einsehbar ist der Fachartikel im "European Journal of Pain".

"Gefährlichstes Schmerzmittel auf dem Markt"

Brune sieht die Selbstverständlichkeit, mit der Paracetamol eingenommen wird, äußerst kritisch und macht sich bereits seit Jahren dafür stark, dass das Schmerzmittel rezeptpflichtig wird. "Paracetamol ist hochtoxisch und viel gefährlicher als bisher geglaubt", warnt der Experte. "Bereits vor vier Jahren habe ich einen Antrag auf Rezeptpflicht gestellt, der abgelehnt wurde." Seiner Meinung nach ist Paracetamol das gefährlichste Schmerzmittel auf dem Markt.

"Es ist nicht nur so, dass der Wirkstoff bei bestimmten Beschwerden wie Rückenschmerzen wirkungslos ist und gerade für diese Beschwerden besonders häufig eingenommen wird", gibt Brune zu bedenken. "Das Erschreckende ist, dass Paracetamol von schwangeren Frauen intensiv eingenommen wird." Eine Empfehlung mit schwerwiegenden Folgen, wie der Experte weiß.

Paracetamol während der Schwangerschaft hat schlimme Folgen

Brunes Auswertungen haben ergeben, dass Kinder ein erhöhtes Risiko haben, später unter Asthma, Hodenhochstand, psychischen und körperlichen Entwicklungsstörungen sowie ADHS zu leiden, wenn ihre Mutter in der Schwangerschaft Paracetamol eingenommen hat. "Die Gefahr für Kinder ist wesentlich höher als bisher gedacht", warnt der Experte.

"Eine Überdosierung kann Ihr Leben kosten"

Doch auch für Erwachsene kann Paracetamol gefährlich werden. "Die Höchstdosis von vier Gramm am Tag wird schnell überschritten. Mit über 100 Kombinationspräparaten auf dem deutschen Markt, verliert der Patient schnell den Überblick, worin der Wirkstoff enthalten ist und wie viel er seinem Körper schon zugeführt hat", erklärt Brune. Für den Pharmakologen ist es ein Skandal, dass das Schmerzmittel rezeptfrei und zudem sehr günstig erhältlich ist.

"Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn Sie Paracetamol überdosieren, sterben Sie", so seine klare Ansage. "Am ersten Tag wird es Ihnen noch recht gut gehen, abends werden Sie bereits mit Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Blässe und Bauchschmerzen zu kämpfen haben. Reagieren Sie auf die Warnsymptome nicht, zerfällt am dritten Tag Ihre Leber und am vierten Tag versagt sie komplett ihren Dienst. Ohne Lebertransplantation sind Sie tot."

Heute würde der Wirkstoff nicht mehr zugelassen werden

Zudem sei Paracetamol nie nach den Richtlinien des Arzneimittelgesetzes überprüft worden. "Die Substanz, streng genommen ein Chemieabfall, wurde rein zufällig entdeckt und zuerst gegen Fieber eingesetzt. Später wurde sie schon bald auch bei Schmerzen angewendet – und weitere Kontrolluntersuchungen, wie sie heute vorgeschrieben sind, blieben aus", erklärt Brune. "Nach heutigen Kriterien würde der Wirkstoff gar nicht zugelassen werden."

Neue Dosier-Empfehlungen statt Verbot

Da stellt sich die Frage, warum es dieses Mittel überhaupt noch auf dem Markt gibt. Die Antwort hat Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS): "Weil man sich bei Schmerzmitteln gegen aufwändige und kostspielige Untersuchungen und für neue Dosier-Empfehlungen entschieden hat." Doch das, so ist der Mediziner überzeugt, macht keinen Sinn: "Da Schmerzmittel frei verkäuflich sind, kann jeder selbst bestimmen, wie viel er einnimmt. Da kontrolliert kein Arzt die Einhaltung der Höchstdosis. Und der Patient macht sich in der Regel auch keine Sorgen. Für ihn steht die Schmerzlinderung im Fokus, nicht eventuelle Nebenwirkungen."

Schmerzmittel-Einnahme immer mit einem Arzt absprechen

Und so sterben in Deutschland Müller-Schwefe zufolge jedes Jahr etwa 3000 Menschen durch die Einnahme von Schmerzmitteln. Dabei ist es egal, für welchen Wirkstoff man sich entscheidet: Nebenwirkungen drohen immer. Die langen Packungsbeilagen sind der beste Beweis dafür. Wer Paracetamol beziehungsweise andere Schmerzmittel einnehmen möchte, sollte dies immer mit einem Arzt absprechen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Leber- oder Nierenfunktion beeinträchtigt ist oder man noch andere Medikamente einnehmen muss. Denn auch mögliche Wechselwirkungen sollten nicht unterschätzt werden.

So kurz wie möglich, so wenig wie nötig

"Nehmen Sie nie an mehr als zehn Tagen im Monat Schmerztabletten zu sich", betont Müller-Schwefe. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) mahnt ebenfalls zur Vorsicht und warnt vor irreführender Werbung: Auch wenn rezeptfreie Schmerzmittel intensiv beworben würden, heiße das nicht, dass sie harmlos seien. Man solle der Werbung grundsätzlich kritisch gegenüberstehen und vor jeder Einnahme einen Arzt oder Apotheker um Rat fragen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website