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Reparationen: Griechenland müsste vor Gericht ziehen


Reparationen für Nazi-Verbrechen
Griechenland müsste vor Gericht ziehen

Von t-online, afp, dpa
Aktualisiert am 09.02.2015Lesedauer: 3 Min.
Alexis Tsipras kündigt Reparationsforderungen an.Vergrößern des BildesAlexis Tsipras kündigt Reparationsforderungen an. (Quelle: Reuters-bilder)
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In seiner Regierungserklärung hat Alexis Tsipras noch einmal deutlich gemacht: Griechenland beharrt auf Reparationszahlungen für die Nazi-Verbrechen aus dem Zweiten Weltkrieg. Doch um die Forderungen in Höhe von kolportierten elf Milliarden Euro von Deutschland einzutreiben, müsste Griechenland vor Gericht ziehen.

Denn die Bundesregierung lehnt fast 70 Jahre nach Kriegsende jegliche Zahlung kategorisch ab und verweist auf das Zwei-plus-Vier-Abkommen von 1990, das Deutschland faktisch von jeglichen noch nicht geleisteten Reparationszahlungen befreit.

Deutschland noch nicht aus dem Schneider

Doch Deutschland könnte gleichwohl noch in der Pflicht sein: Es geht um einen Zwangskredit über 476 Millionen Reichsmark, den die Nazis 1942 von der griechischen Notenbank erhoben. Dessen Rückzahlung war zwar vertraglich vereinbart worden, doch die Gelder bekam Griechenland bis heute nicht. Reparationsforderungen für Verschleppung, Zwangsarbeit, Enteignung und millionenfachem Hungertod spielen in diesem Zusammenhang zunächst keine Rolle.

Nach griechischer Sicht ist rechtlich ungeklärt, ob die Zwangsanleihe überhaupt unter das Kapitel Reparation fällt oder zivilrechtlich nicht vielmehr als Kredit betrachtet werden muss. Schließlich sei die Rückzahlung der Zwangsanleihe damals vertraglich zugesichert worden. Doch um das zu klären, müsste Athen wohl den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anrufen - und mit erbittertem Widerstand der Bundesregierung rechnen.

Es droht ein Präzedenzfall

Historikern zufolge hatte das Deutsche Reich gegenüber anderen europäischen Ländern Kredit-Schulden in Höhe von über 14 Milliarden Reichsmark. Ein Präzedenzfall könnte Deutschland deshalb teuer zu stehen kommen. Sollte Griechenland vor Gericht erfolgreich sein, würden wohl auch die anderen Staaten als Gläubiger auftreten.

Die Bank von Griechenland musste Deutschland 1942 einen Zwangskredit über damals 476 Millionen Reichsmark gewähren, nach Kriegsende sollte er zurückgezahlt werden. 1953 knüpfte das Londoner Schuldenabkommen die Regelung deutscher Reparationen an einen "förmlichen Friedensvertrag". Athen bekam aber im Rahmen eines Vertrages von 1960 mit der Bundesrepublik 115 Millionen D-Mark Reparationen.

Das Londoner Moratorium wurde 1990 durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag gegenstandslos. Berlin ist seitdem der Auffassung, dass die Reparationsfrage nach dem Willen der Vertragspartner nicht mehr geregelt werden sollte. Die damaligen KSZE-Staaten - darunter Griechenland - hätten dem in der Charta von Paris zugestimmt. In Athen wird argumentiert, die Entschädigungsfrage sei noch ungeklärt, die Unterzeichner hätten den Vertrag nur "zur Kenntnis" genommen.

In einer Stellungnahme des Finanzministeriums von 2003 heißt es zu dem Vertrag, die Bundesregierung habe ihn "in dem Verständnis abgeschlossen, dass damit auch die Reparationsfrage endgültig erledigt ist. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag sieht keine weiteren Reparationen vor".

Hinterbliebene scheitern vor Gericht

Auch Hinterbliebene aus Griechenland zogen gegen Deutschland vor Gericht. 2003 wies der Bundesgerichtshof (BGH) Forderungen wegen des Massakers in Distomo 1944 ab. Ansprüche der Hinterbliebenen ließen sich weder aus dem Völkerrecht noch aus deutschem Amtshaftungsrecht ableiten. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte diese Auffassung und nahm 2006 eine Klage von vier Griechen nicht zur Entscheidung an.

Ein griechisches Gericht hatte 1997 Nachkommen der Opfer knapp 29 Millionen Euro zugesprochen. Laut BGH verstößt das Urteil aber gegen den völkerrechtlichen Grundsatz der Staatenimmunität. Danach darf ein Staat nicht über einen anderen zu Gericht sitzen. Diesen Grundsatz hatte 2002 der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt. Damit habe das Urteil in Deutschland keine Rechtskraft, so der BGH.

Athen habe die "moralische Verantwortung unserem Volk gegenüber, gegenüber der Geschichte und allen Völkern Europas", die gegen die Nazis gekämpft hätten, das Geld einzufordern, sagte Tsipras in seiner Regierungserklärung. Die Milliarden könnte er gut zur Finanzierung einiger Wahlversprechen, wie etwa die Erhöhung der Renten, die Anhebung des Mindestlohns oder Sozialleistungen für Arme gebrauchen.

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