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US-Strategie, die einen Krieg befeuert? Chinas schlimmster Alptraum wird wahr


Riskante Strategie der USA
Plötzlich gerät China in Bedrängnis

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 19.08.2023Lesedauer: 5 Min.
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Wladimir Putin und Xi JinpingVergrößern des Bildes
Kremlchef Wladimir Putin und Chinas Präsident Xi Jinping während eines Treffens in Moskau im Juni 2019: Beide streben eine multipolare Weltordnung an. (Quelle: Alexander Zemlianichenko/AP POOL/dpa/dpa-bilder)

Mit seiner aggressiven Außenpolitik hat sich China in seiner Nachbarschaft zunehmend isoliert. Die USA nutzten das, um ihre Bündnisse in Xi Jinpings Hinterhof auszubauen. Befeuert diese US-Strategie einen großen Krieg?

Die Welt ist im Umbruch. Einerseits hat Wladimir Putin mit seinem Krieg in der Ukraine die globale Ordnung ins Chaos gestürzt, andererseits sorgt Chinas Präsident Xi Jinping mit seiner Unterstützung für Russland und einer aggressiven Außenpolitik für Unruhe, besonders im Indopazifik. China und Russland wollen Staatsgrenzen verschieben, auch mithilfe des Militärs – und das hat Folgen: Einstige Verbündete wenden sich von den beiden Großmächten ab.

Plötzlich sind Bündnisse zwischen Staaten möglich, die viele Jahrzehnte undenkbar waren. So sind am Freitag die einstigen Erzfeinde Südkorea und Japan zu Gesprächen mit den USA in Camp David zusammengekommen. Ziel des Treffens ist es, die militärische Zusammenarbeit auszubauen. Beide Länder sehen ihre territoriale Souveränität von China bedroht, denn die Volksrepublik rüstet militärisch immer weiter auf.

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Das hat Folgen: China löst vor allem im Indopazifik Ängste bei vielen seiner Nachbarstaaten aus. Davon profitieren vor allem die USA, die mit immer mehr Sicherheitsbündnissen in Xi Jinpings Hinterhof die Volksrepublik versuchen zu isolieren. Für die chinesische Führung ist das ein Problem, denn über viele Jahre hat Peking wirtschaftliche Abhängigkeiten aufgebaut, um seine Nachbarn an sich zu binden und kleinere Länder kontrollieren zu können.

Historisches Treffen

Peking hatte Anfang Juli an Japan und Südkorea appelliert, sich dem "Zwang zur Einschüchterung und Beherrschung" zu widersetzen, ohne ausdrücklich die USA zu nennen. Spitzendiplomat Wang Yi hatte erklärt, "bestimmte große Länder außerhalb der Region" versuchten Einheit durch Spaltung zu ersetzen. Er rief Japan und Südkorea zu "strategischer Autonomie" auf.

Doch es sind Worte, die verhallen. Xi Jinping machte in den vergangenen Jahren kein Geheimnis daraus, dass er die Inselrepublik Taiwan notfalls mit Gewalt wieder mit der Volksrepublik China vereinigen möchte. Hinzu kommt, dass China fast das gesamte Südchinesische Meer als eigene Hoheitszone beansprucht. Verdeckt lässt die chinesische Führung als Fischer getarnte Milizen Inseln besetzen. Zudem lässt die chinesische Armee neue Inseln entstehen, auf denen sie in dem Seegebiet Stützpunkte errichtet. Deswegen sehen viele Staaten in Südostasien China als Bedrohung und eben nicht die Hegemonie der USA.

Daher intensivieren Chinas Nachbarn ihre Beziehungen zum Westen – und das führt dieser Tage zu historischen Momenten. Geplant sind in den USA am Freitag mehrstündige Gespräche zwischen US-Präsident Joe Biden, dem südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol und dem japanischen Ministerpräsidenten Fumio Kishida, in denen ein abgestimmtes Vorgehen erörtert werden soll. Zum Abschluss werden mehrere Erklärungen erwartet, in denen es unter anderem um die Entwicklung von Spitzentechnik gehen soll.

Doch das Ergebnis des Treffens ist nur die eine Sache: Es handelt sich der US-Regierung zufolge um das erste "eigenständige Gipfeltreffen" zwischen den USA, Japan und Südkorea überhaupt. Als Erfolg gilt bereits jetzt, dass sich Japan und Südkorea zur Zusammenarbeit bereit zeigen.

Zwischen beiden Ländern bestehen nach wie vor große Meinungsverschiedenheiten über Geschehnisse zwischen 1910 und 1945, als ganz Korea japanische Kolonie war. "Was wir in den letzten Monaten gesehen haben, ist eine atemberaubende Art von Diplomatie, die von mutigen Anführern sowohl in Japan als auch in Südkorea geleitet wurde", lobte der US-Koordinator für indopazifische Angelegenheiten, Kurt Campbell.

Die USA möchten mit dem Treffen unterstreichen, dass die US-Regierung Ostasien fest im Blick hat. Es ist das erste Mal, dass Biden den Ort für einen Gipfel nutzt. "Dieser Ort ist nur für die wichtigsten und bedeutendsten Treffen dieser Art reserviert", sagte ein Vertreter des Weißen Hauses.

Isolation Chinas durch die USA

Offiziell geht es in den Dreiergesprächen darum, eine Art Notfalltelefon für Krisensituationen zwischen den Staaten einzurichten. Das begründen die USA auch mit den ständigen Raketentests von Nordkorea, die Volksrepublik wird dagegen nur am Rand erwähnt. "Es geht nicht darum, Maßnahmen zu ergreifen, die China isolieren sollen", betonte das Weiße Haus im Vorfeld des Treffens. Doch das stimmt nur teilweise.

Tatsächlich stärken die USA seit vielen Jahren die Nachbarstaaten von China, die sich von der Volksrepublik bedroht fühlen:

  • Mit Australien schlossen sich die Amerikaner in einem Sicherheitsbündnis zusammen. Das Land erhält Atom-U-Boote aus den USA.
  • Mit Papua-Neuguinea schlossen die Amerikaner im Mai einen Pakt für mehr Sicherheit gegen China, mit den Philippinen starteten sie im April eine Militärübung mit 17.000 Soldaten.
  • Ausgerechnet mit dem einstigen Feind, dem kommunistischen Vietnam, wollen die USA eine engere Partnerschaft anstreben. Das gab US-Außenminister Anthony Blinken bei einem Besuch in Hanoi bekannt.
  • Und nicht zuletzt setzt Indien, das mit China schon verfeindet ist, nun auch auf mehr westliche Rüstungsgüter, seither Russland durch seinen Ukraine-Krieg nicht mehr in der Lage ist, seine Lieferzusagen einzuhalten.
  • Südkorea gehört seit dem Korea-Krieg bis 1953 ohnehin schon zu den engsten sicherheitspolitischen US-Partnern in der Region. In jedem Jahr gibt es gemeinsame Manöver.

Es ist kein Geheimnis, dass die US-Regierung die Volksrepublik als größte sicherheitspolitische Herausforderung sieht. Nun scheint klar zu sein, dass Washington seine außenpolitischen Anstrengungen im Indopazifik vorantreibt. Die Strategie scheint zu sein, eine mögliche chinesische Aggression durch einen Pakt vieler Staaten zu verhindern.

Sinkt die Kriegsgefahr?

Die US-Bemühungen sind eine Antwort darauf, dass China seine Kriegsmarine im vergangenen Jahrzehnt massiv ausgebaut hat. Durch die geografische Entfernung der USA zum Südchinesischen Meer wäre die Volksrepublik in der Region perspektivisch im Vorteil. Deshalb nutzen die Amerikaner nun aus, dass Xi Jinping in seiner Nachbarschaft nur wenig gute Partnerschaften hat. Das ist Chinas große Schwäche.

Generalleutnant Steven Rudder, der voriges Jahr als Chef der US-Marinestreitkräfte im Pazifik in den Ruhestand ging, sagte der "Financial Times", dass diese US-Allianzen nun starke Auswirkungen haben könnten. "Die Interoperabilität mit Australien, Japan, den Philippinen, Singapur, Thailand und Indien schafft eine Einheit und ein eigenes Abschreckungsmodell."

Heißt: Die USA schaffen als Mediator zwischen Ländern im Indopazifik kooperative Schnittstellen, die in Krisenzeiten zu einer engeren Zusammenarbeit ertüchtigen. Zudem können die Amerikaner ihr Netz an Militärbasen ausweiten, was ihnen im Falle eines direkten Konflikts mit China Reaktionen erleichtern würde.

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Die US-Strategen im Pentagon wollen außerdem gemeinsame mit Verbündeten im Indopazifik Kriegspläne entwickeln, so wie es sie im Kalten Krieg in Europa gegen die Sowjetunion gab. Doch funktioniert das Instrument der Abschreckung auch bei China?

Das ist unklar, aber nicht unwahrscheinlich. Immerhin hat Xi Jinping während seiner Amtszeit schon gezeigt, dass er nicht so mit dem Kopf durch die Wand will wie sein Freund Wladimir Putin. China scheute bisher eine größere Eskalation, plant seinen Aufstieg eher langfristig. Trotzdem ist diese US-Strategie – die Isolation Chinas – nicht ohne Risiko.

In Peking wird sie natürlich als Provokation wahrgenommen, die das chinesische Narrativ füttert, die USA und ihre Partner wollten China eindämmen. Das könnte am Ende chinesische Vergeltungsmaßnahmen auslösen und dazu führen, dass Putin und Xi noch enger zusammenrücken. Denn viele Partner in der Region sind China nicht geblieben.

Verwendete Quellen
  • ft.com: How the US is deepening military alliances in China’s backyard (engl.)
  • deutschlandfunk.de: USA streben stärkeres Bündnis mit Vietnam an
  • edition.cnn.com: US and Japan strengthen military relationship with upgraded Marine unit in attempt to deter China (engl.)
  • nytimes.com: An Anxious Asia Arms for a War It Hopes to Prevent (engl.)
  • zdf.de: USA: Gipfeltreffen mit Japan und Südkorea
  • zeit.de: Joe Biden lädt zu "historischem Treffen" mit Japan und Südkorea
  • spiegel.de: Drei gegen China
  • handelsblatt.com: USA begründen U-Boot-Bündnis gegen China
  • tagesschau.de: Pakt für mehr Sicherheit und gegen Chinas Einfluss
  • nzz.ch: China isoliert sich zunehmend mit seinem aggressiven Verhalten im Südchinesischen Meer
  • tagesschau.de: USA und Philippinen starten große Militärübung
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und rtr
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