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Israel-Krieg: Iran schwört Rache – Mullahs in Teheran drohen mit Eskalation


Iran kündigt Präventivschläge an
Die Mullahs schwören schon Rache

Von Christoph Cöln

Aktualisiert am 17.10.2023Lesedauer: 5 Min.
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Ebrahim Raisi, Präsident des Iran (Archivbild): Er schickte eine Warnung an Israel.Vergrößern des Bildes
Ebrahim Raisi, Präsident des Iran, mit dem Bild eines palästinensischen Vaters, der seine Tochter verloren hat. (Quelle: Iranian Presidency/ZUMA Press Wire/dpa)

Im Nahen Osten könnte die Situation an mehreren Fronten eskalieren. Der Iran kündigt nun Maßnahmen an. Und aus den USA kommen heftige Drohungen.

Während US-Präsident Joe Biden und der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu am Mittwoch zusammentreffen werden, um unter anderem über die israelischen Kriegsziele im Gazastreifen und das Vorgehen gegen die Terrororganisation Hamas zu sprechen, schickt der Iran erneut eine deutliche Drohung in Richtung Israel. Das Mullah-Regime in Teheran droht mit Präventivschlägen und schließt eine Ausweitung des Konflikts nicht mehr aus.

"Die Führer des Widerstands werden nicht zulassen, dass das zionistische Regime irgendetwas unternimmt", sagte der iranische Außenminister Hossein Amirabdollahian im staatlichen Fernsehen. "Alle Optionen sind offen, und wir können den Kriegsverbrechen, die gegen die Menschen in Gaza begangen werden, nicht gleichgültig gegenüberstehen." Wie genau ein solches Eingreifen aussehen könnte, sagte er nicht, kündigte allerdings Präventivschläge durch bewaffnete Gruppen an.

"Die Widerstandsfront ist in der Lage, einen langen Krieg gegen den Feind [Israel] zu führen", sagte Irans Außenminister und machte zudem deutlich, dass es sich dabei um mehr als eine Drohung handeln könnte. "In den kommenden Stunden können wir mit einer Präventivaktion der Widerstandsfront rechnen." Als "Widerstandsfront" bezeichnet der Iran regionale Kräfte, die sich gegen Israel und die USA stellen. Experten sehen hier vor allem die im Libanon befindliche Hisbollah als eine potenzielle Gefahr.

Hisbollah: Lediglich "Warnschüsse" abgegeben

Die vom Iran unterstützte Miliz, die von Deutschland und anderen Ländern als Terrororganisation eingestuft wird, unterhält im Süden des Libanon etwa 130.000 Kämpfer. Ein direktes Einwirken auf die Hisbollah versuchte Irans Präsident Ebrahim Raisi zurückzuweisen. Die "Widerstandsfront" gegen Israel treffe ihre eigenen unabhängigen Entscheidungen, sagte er am Montag. Der iranische Außenminister betonte ebenfalls, man gebe der Hisbollah keine Befehle.

Dem widersprach ein Sprecher der israelischen Streitkräfte (IDF): Man gehe davon aus, dass der Iran der libanesischen Hisbollah direkte Befehle gegeben habe, um den Druck auf Israels Militär zu erhöhen und Angriffe auf den Norden des Landes auszuführen. Laut dem Armeesprecher hat die Hisbollah bereits den dritten Tag in Folge kleinere Angriffe auf israelische Grenzposten durchgeführt. Dabei seien vereinzelt auch Panzerabwehrraketen zum Einsatz gekommen. Verantwortlich dafür waren dem Institut für Kriegsstudien zufolge vor allem die Al-Kassam-Brigaden der Hamas.

Die Hisbollah selbst bestritt, in größere Auseinandersetzungen mit dem israelischen Militär verwickelt gewesen zu sein. Einer ihrer Sprecher, Rana Sahili, sagte in einer Mitteilung, es seien lediglich "Warnschüsse" abgegeben worden, man habe nicht die Absicht, in den Krieg mit Israel einzutreten. Eine der Attacken auf israelische Stellungen bezeichnete die Hisbollah als Vergeltung für einen Angriff auf einen Posten auf libanesischer Seite. Dabei waren zwei Zivilisten und ein Journalist der Nachrichtenagentur Reuters getötet worden.

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Die Chefredakteurin der Agentur, Alessandra Galloni, forderte in einer Stellungnahme bei X, vormals Twitter, indes eine "schnelle, gründliche und transparente Untersuchung" des Vorfalls durch israelische und libanesische Behörden. "Und mit transparent meine ich eine Untersuchung, die eindeutige Beweise liefert und das Vorgehen [der israelischen Streitkräfte] erklärt."

Netanjahu: "Preis wird diesmal viel schlimmer sein"

Die israelische Armee griff nichtsdestotrotz in der Nacht zu Dienstag erneut Stellungen der Hisbollah im Libanon an. So seien zahlreiche Posten der pro-iranischen Miliz attackiert worden, teilte das israelische Militär auf Telegram mit. Experten befürchten bereits seit dem Beginn der Terrorwelle der Hamas am 7. Oktober, dass Israel womöglich in einen Zweifrontenkrieg hineingezogen werden könnte.

Offenbar sieht auch Israel, das derzeit noch eine Bodenoffensive im Gazastreifen vorbereitet, das Szenario als eine realistische Option. "Stellt uns im Norden nicht auf die Probe", sagte Ministerpräsident Netanjahu am Montag im Parlament. "Wiederholt nicht euren früheren Fehler, weil der Preis diesmal viel schlimmer sein wird."

Israel plant eine groß angelegte Vergeltungsaktion für die Hamas-Überfälle auf das Land, bei denen mehrere Tausend Menschen starben und verletzt wurden. Außerdem wurden bis zu 200 Menschen als Geiseln verschleppt. Schon seit Anfang vergangener Woche bombardiert das israelische Militär Ziele im Gazastreifen, nach eigenen Angaben, um die Führung der Hamas auszuschalten. Einige hochrangige Hamas-Terroristen sollen bereits bei den Angriffen getötet worden sein.

Zugleich kommt es offenbar auch zu einer hohen Zahl von Opfern unter der Zivilbevölkerung. Nach Angaben der palästinensischen Behörden im Gazastreifen sind dort mehr als 2.800 Menschen getötet worden, etwa ein Viertel davon sollen Kinder sein. Mehr als 10.000 Verletzte liegen demnach in Krankenhäusern, die nicht ausreichend versorgt werden können.

"Wenn die zionistischen Verbrechen nicht sofort aufhören, werden neue Fronten für sie eröffnet werden", sagte Irans Außenminister Amirabdollahian angesichts der israelischen Operationen im Gazastreifen. "Stoppen Sie die Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, bevor es zu spät ist." Er warnte vor den Folgen einer größeren Eskalation in der Region und wandte sich dabei nicht nur an Israel, sondern auch an die USA. "Der Widerstand hat die Fähigkeit, langfristige Kriege mit dem Feind zu führen", so Amirabdollahian im iranischen TV.

US-Senator will Iran vom Ölgeschäft abschneiden

Unterdessen äußerten Experten auch die These, dass militante Gruppen aus Syrien Angriffe auf Israel starten könnten. "Wenn der Iran und seine Verbündeten sich zu einer Eskalation entschließen, wird diese meiner Meinung nach von der syrischen Front ausgehen", schrieb Hamidreza Azizi, Gastwissenschaftler an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin, am Montag auf X. "Ich glaube nicht, dass der Iran die Hisbollah für die Hamas opfern wird."

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Anders sieht das der republikanische US-Senator Lindsey Graham. Er fürchtet durchaus ein Eingreifen des Iran in den aktuellen Konflikt. "Wenn die Hisbollah, die nichts als ein Statthalter des Iran in der Region ist, eine massive Attacke gegen Israel durchführt, würde das eine existenzielle Bedrohung des Staates Israel bedeuten", so Graham in der Sendung "Meet the Press" des US-Senders NBC. Das wiederum hätte schwerwiegende Folgen, denn dann würden auch die USA möglicherweise tiefer in den Konflikt hineingezogen.

Laut "New York Times" fürchtet die Biden-Administration genau dies, weshalb der US-Präsident einen Besuch in Israel am Mittwoch angekündigt hat. Offenbar wollen die USA zunächst alle diplomatischen Mittel ausschöpfen, um einen Flächenbrand in der Region und ein direktes militärisches Engagement in dem Konflikt zu verhindern.

Eine Möglichkeit, die Senator Graham hingegen nicht ausschließen wollte. Er kündigte an, eine Resolution in den US-Kongress einzubringen, die den USA eine militärische Intervention in der Region erlauben würde, "mit dem Ziel, den Iran aus dem Ölgeschäft zu befördern", so der republikanische Politiker. Graham schickte gleich noch eine Drohung an die Mullahs hinterher: "Iran, wenn du diesen Krieg eskalierst, dann erledigen wir dich."

Verwendete Quellen
  • worldview.stratfor.com: "Iran Threatens to Join the Gaza War, Fueling Fears of an Expanded Conflict" (englisch)
  • cnn.com: "Journalists hit as Israel fired at Lebanon were clearly marked as press, CNN analysis shows" (englisch)
  • nytimes.com: "Fearing Escalation, Biden Seeks to Deter Iran and Hezbollah" (englisch)
  • naharnet.com: "Hezbollah says cross-border 'skirmishes' only a 'warning'" (englisch)
  • foreignpolicy.com: "Will Hezbollah Hold Back or Escalate?" (englisch, kostenpflichtig)
  • politico.com: "Graham to Iran: ‘If you escalate the war, we’re coming for you’" (englisch)
  • understandingwar.org: "IRAN UPDATE, OCTOBER 15, 2023" (englisch)
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa.
  • Eigene Recherche
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