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Ukraine-Krieg | Experte rechnet mit "verheerendem Gegenschlag" nach Explosion von Krim-Brücke


Ukrainische Sabotage vermutet
Krim-Brücke: Experte rechnet mit "verheerendem Gegenschlag"

Von t-online, cck, jro

Aktualisiert am 08.10.2022Lesedauer: 3 Min.
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Die Krim-Brücke steht in Flammen. (Quelle: t-online)
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Die Krim-Brücke ist schwer beschädigt. Experten gehen davon aus, dass die Ereignisse Teil einer größeren ukrainischen Strategie sind.

Für Russland ist es ein herber Schlag: Die Brücke zwischen der besetzten ukrainischen Halbinsel Krim und dem russischen Festland ist nach einer Explosion schwer beschädigt. Sie ist nicht nur ein Symbol für die 2014 erfolgte Annexion der Krim durch Russland, sondern hat zudem eine hohe strategische Bedeutung.

Uber diese Brücke versorgt Russland seine Truppen im Süden der Ukraine mit Nachschub. Nun scheinen Teile der Straße und Teile der Bahnschienen erheblich beschädigt zu sein. Mehr dazu lesen Sie hier.

Experte vermutet Kiew als Drahtzieher

Der Osteuropa-Experte Gerhard Mangott sieht Kiew als Urheber der Explosionen. "Die Ukraine hat das Interesse, diese sowohl symbolisch als auch militärisch-strategisch wichtige Verbindung zu beschädigen oder gar zu zerstören", sagt Mangott zu t-online. Belastbare Beweise gebe es dafür aber noch nicht

Auch der genaue Ablauf der Ereignisse ist bislang unklar. Nach russischen Angaben ist ein Lastwagen beim Überqueren der Brücke explodiert. Angesichts des Ausmaßes der Zerstörung gibt es unter Experten Zweifel an dieser Version. Auch Mangott hält eine andere Theorie für wahrscheinlicher: "Ich vermute, dass es sich hier um einen Sabotageakt handelt: einen Sprengsatz, der auf diesem Zug angebracht worden ist."

Gerhard Mangott ist Professor für Politikwissenschaft mit den Schwerpunkten Internationale Beziehungen und Sicherheit im postsowjetischen Raum an der Universität Innsbruck.

Dass die Explosionen auf den Einsatz von Langstreckenraketen westlicher Bauart zurückgehen, hält der Politikwissenschaftler dagegen für unwahrscheinlich. Die Militärführung in Kiew hatte in der Vergangenheit einen Beschuss der Brückenanlagen angekündigt, sobald es die vom Westen gelieferten Waffen dafür gebe. "Wenn 'Himars'-Artilleriesysteme aus US-amerikanischer Produktion eingesetzt worden wären, wäre das sicher nicht im Sinne der USA gewesen", so Mangott. Die Krim-Brücke sei zudem von russischer Seite durch Raketenabwehrsysteme sehr gut gesichert.

Grund für nuklearen Gegenschlag?

Russlands Präsidenten Wladimir Putin werden die Ereignisse innenpolitisch weiter unter Druck setzen, urteilt Mangott. "Die Kritik an der militärischen Führung ist ohnehin seit Wochen sehr, sehr laut. Das ist tatsächlich ein heftiger Propagandaschlag, der hier der ukrainischen Seite gelungen sein dürfte." Auch deshalb rechnet er mit einem "verheerenden Gegenschlag" der russischen Seite.

Könnte der Kreml einen Angriff auf die Krim-Brücke als Anlass zum Einsatz strategischer Nuklearwaffen sein? "Ich würde sagen: Klar nein", sagt Mangott. Hierfür bräuchte es eine militärische Niederlage katastrophalen Ausmaßes, so der Experte. Vielmehr sei nun mit Angriffen auf kritische Infrastruktur der Ukrainer mit konventionellen Waffen zu rechnen, erklärt der Osteuropa-Experte. Russland hatte zuvor eindringlich davor gewarnt, die Brücke unter Beschuss zu nehmen und für den Fall damit gedroht, Kommandozentralen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ins Visier zu nehmen.

Die russische Armee sei durch die gekappte Verbindungslinie deutlich geschwächt. Es werde nun "schwierig, die Versorgung der Krim und der südlichen Ukraine in dem gleichen Maß aufrechtzuerhalten", so Mangott. "Die Lieferungen können nur teilweise über Lieferungen durch die besetzten Gebiete im Donbass und Saporischschja ersetzt werden. Die Infrastruktur ist dort nicht für schnelle und umfangreiche Transporte ausgebaut."

Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, die russischen Soldaten in den Regionen Mykolajiw, Kryvyj Rih und Saporischschja im Süden der Ukraine würden nun mit dem Wichtigsten über den Land- und Seeweg versorgt.

"Macht Erhalt von Melitopol noch wichtiger"

Für den australischen Militärexperten Mick Ryan ergibt sich daraus die Frage, wie die Ukraine nun weiter bei der Rückeroberung von Gebieten vorgehen könnte. Auf Twitter schreibt er: "Dies wäre der Punkt in einer Vorlesung, an dem der Dozent fragen würde: 'Was glauben wir, was das nächste operative Ziel der Ukrainer sein könnte?'"

Ryan prognostiziert, dass die russischen Truppen nun im Süden umgruppiert werden könnten. Das könnte andere Schwächen Russlands und neue Möglichkeiten für die Ukraine offenlegen. "Dies ist ein massiver Gewinn an Einflussoperationen für die Ukraine." Zudem werde die Bedeutung von Melitopol in der Region Saporischschja für das russische Militär jetzt deutlich größer.

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"Alles Illegale muss zerstört werden"

Aus der russischen Politik kommen eindeutige Schuldzuweisungen: Der Präsident des von Russland auf der Krim eingesetzten Regionalparlaments, Wladimir Konstantinow, sprach von einem Schlag durch "ukrainische Vandalen". Auch der prominente russische Außenpolitiker Leonid Sluzki sieht Hinweise auf eine ukrainische Beteiligung. Mehr dazu lesen Sie hier.

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Aus dem Büro des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kommen zweideutige Signale. Der Präsidentenberater Mychajlo Podoljak schrieb auf Twitter, dies sei "der Anfang". Er reklamiert keine direkte Verantwortung der Ukraine für den Vorfall, schreibt aber auch: "Alles Illegale muss zerstört werden, alles Gestohlene muss an die Ukraine zurückgegeben werden, alles, was von Russland besetzt ist, muss vertrieben werden."

Später am Tag erklärte Podolojak dann, dass die Spur nach Ansicht der ukrainischen Präsidentschaft nach Russland führe. "Es ist erwähnenswert, dass der explodierte Lastwagen allen Anzeichen nach von der russischen Seite auf die Brücke fuhr", so Podoljak. "Das alles weist eindeutig auf eine Spur nach Russland hin."

Verwendete Quellen
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