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Bürgerkrieg in Syrien: Berichte über Giftgasangriff in Duma in Ost-Ghuta


Bürgerkrieg in Syrien
Berichte über Giftgasangriff in Ost-Ghuta

Von dpa, ap, reuters, afp, job

08.04.2018Lesedauer: 3 Min.
Rauch steigt nach dem Einschlag einer Rakete der syrischen Armee über Duma auf: Bei den Angriffen auf die Stadt in der Region Ost-Ghuta in Syrien sind Berichten zufolge viele Menschen getötet worden.Vergrößern des BildesRauch steigt nach dem Einschlag einer Rakete der syrischen Armee über Duma auf: Bei den Angriffen auf die Stadt in der Region Ost-Ghuta in Syrien sind Berichten zufolge viele Menschen getötet worden. (Quelle: Ammar Safarjalani/XinHua/dpa)
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In der letzten von Rebellen gehaltenen Stadt im syrischen Ost-Ghuta sollen Chemiewaffen eingesetzt worden sein, sagen Hilfsorganisationen. Die Vereinigten Staaten sind alarmiert.

Bei Angriffen der syrischen Armee auf die letzte verbliebene Rebellenhochburg in Ost-Ghuta sind Dutzende Menschen getötet worden. Hilfsorganisationen berichteten in der Nacht zum Sonntag von einem mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen in der Stadt Duma. Die Opferzahlen gingen auseinander, es war von 40 bis 80 und noch mehr Toten die Rede. Die Berichte konnten bislang nicht von unabhängiger Stelle verifiziert werden.

Syrische Staatsmedien wiesen die Anschuldigen zurück: Die Rebellen in der Stadt Duma stünden vor der Niederlage und verbreiteten Unwahrheiten. Auch die mit Syrien verbündeten russischen Streitkräfte sagten der Agentur Interfax zufolge, es handele sich um "fabrizierte Anschuldigungen".

"Eine der schlimmsten chemischen Attacken in der syrischen Geschichte"

Nach Angaben der Weißhelme, einer Gruppe freiwilliger syrischer Zivilschutzhelfer in den Oppositionsgebieten, hatte ein Hubschrauber am Samstagabend eine Fassbombe mit Chemikalien über der Stadt Duma abgeworfen. Dabei seien mindestens 150 Menschen getötet und mehr als 1.000 verletzt worden. Ganze Familien seien in ihren Schutzunterkünften erstickt. Die Zahl der Opfer steige beständig. Auf ihrem Twitter-Konto veröffentlichten die Helfer schockierende Fotos mutmaßlicher Opfer.

Auch UOSSM, ein internationaler Zusammenschluss humanitärer und medizinischer Hilfsorganisationen, geht von einem Giftgasangriff aus. Sie bezifferte die Zahl der Toten am Sonntag mit "weit über 70", befürchtet aber, dass sie auf über 100 steigen könnte. Retter hätten große Probleme, an die Opfer zu gelangen. Unter den Opfern sei eine beträchtliche Zahl von Kindern, sagte ein Sprecher.

Es sei über den Geruch von Chlor berichtet worden, Retter glaubten jedoch an die Verwendung von Sarin-Gas. "Das ist eine der schlimmsten chemischen Attacken in der syrischen Geschichte", sagte der UOSSM-Vorsitzende Ghanem Tayara. Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete 80 Tote, davon rund 40 durch Ersticken.

US-Regierung ist alarmiert

Die US-Regierung prüft Berichte über einen möglichen Giftgasangriff und sieht möglicherweise Handlungsbedarf. Man folge den beunruhigenden Nachrichten über einen weiteren mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien genau, teilte eine Sprecherin des US-Außenministeriums mit. Sollten sich die Berichte bestätigen, sei eine sofortige Antwort der internationalen Gemeinschaft gefordert. "Die Vereinigten Staaten bemühen sich weiterhin, mit allen verfügbaren Kräften diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die Chemiewaffen einsetzen – in Syrien oder anderswo", sagte die Sprecherin.

Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana bezeichnete die Berichte als unwahr. "Einige Medien, die für ihre Unterstützung der Terroristen bekannt sind, haben behauptet, dass die Armee chemische Waffen in der Stadt Duma benutzt habe", hieß es dort. Derartige Berichte dienten nur dazu, das Vorrücken der syrischen Armee zu hindern. Die syrische Armee war zuvor begleitet von schweren Luftangriffen auf Duma vorgerückt. Dabei waren zahlreiche Zivilisten getötet worden.

Vereinbarung mit Rebellen zum Abzug war gescheitert

Die syrischen Regierungstruppen hatten nach einer zehntägigen Feuerpause am Freitag ihre Offensive auf Duma in der Region Ost-Ghuta wieder aufgenommen, nachdem eine Vereinbarung gescheitert war, mit der Hunderten radikalislamischen Kämpfern und deren Familien freies Geleit aus Duma gegeben werden sollte.

Die staatliche syrische Nachrichtenagentur selbst berichtete, die syrische Armee habe die Frontlinien in Duma nach "präzisen Luftschlägen" stürmen können. Die Armee habe sich für Raketenangriffe von Dschaisch al-Islam gewehrt, die bewohnte Gebiete in Damaskus getroffen hätten. Bei den Raketenangriffe habe es sechs Tote und 37 Verletzte gegeben. Auch diese Berichte konnten nicht unabhängig bestätigt werden.

Zuvor hatten Regierungstruppen seit Februar fast das komplette Rebellengebiet in Ost-Ghuta zurückerobert. Nur in Duma halten sich seitdem noch Aufständische der Gruppe Dschaisch al-Islam verschanzt. Auch am Sonntag gingen die Luftangriffe auf Duma weiter.

Das Gebiet Ost-Ghuta, das an die Hauptstadt Damaskus angrenzt, war jahrelang belagert. Ein Großteil der Rebellen hatte sich im Zuge der Vereinbarung mit der syrischen Führung aus dem Gebiet zurückgezogen.

Ein Jahr nach Giftgasangriff von Chan Schaichun

Der mutmaßliche Giftgasangriff ereignete sich fast genau ein Jahr nach einer ähnlichen Attacke auf den Ort Chan Schaichun im Norden Syriens, bei dem ebenfalls Dutzende Menschen ums Leben gekommen waren. Als Reaktion darauf ordnete US-Präsident Donald Trump einen Angriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt an. Die Regierung in Damaskus und auch ihr Verbündeter Russland dementierten damals jegliche Beteiligung an dem Giftgasangriff vom 4. April 2017.

2013 war es in Ost-Ghuta, wo auch Duma liegt, zudem schon zum wohl opferreichsten Giftgasangriff im syrischen Bürgerkrieg gekommen. Hunderte kamen damals ums Leben. Der damalige US-Präsident Barack Obama drohte daraufhin mit einem militärischen Angriff, einigte sich aber dann mit Russland darauf, das syrische Chemiewaffenarsenal zu zerstören. Allerdings gab es danach Zweifel daran, ob Syrien auch wirklich alle seine chemischen Kampfstoffe deklariert und übergeben hatte.

Verwendete Quellen
  • dpa, AP, Reuters, AFP
  • Bericht der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana
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