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Hacke bei "Hart aber fair": "Donald Trump ist ernstzunehmender Kotzbrocken"


Trump-Talk bei Plasberg
"Wir stecken in einem Kulturkampf"

Von t-online
Aktualisiert am 15.11.2016Lesedauer: 4 Min.
Bei "hart aber fair" ging es um die Konsequenzen der US-Wahl.Vergrößern des BildesBei "hart aber fair" ging es um die Konsequenzen der US-Wahl. (Quelle: WDR/Dirk Borm)
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Von Marc L. Merten

Während US-Präsident Barack Obama in Washington seine erste Pressekonferenz seit dem Erfolg von Donald Trump hielt, knöpfte sich Frank Plasberg bei "hart aber fair" den "ernstzunehmenden Kotzbrocken" vor, der ab dem 20. Januar 2017 im Weißen Haus sitzen wird.

Die Gäste

  • Thomas Oppermann, SPD
  • Beatrix von Storch, AfD
  • Fritz Pleitgen, Journalist
  • Sandra Navidi, US-Finanzexpertin
  • Prof. Christian Hacke, Politikwissenschaftler

Das Thema

Die Diskussion in der ARD hatte gerade begonnen, da erklärte Barack Obama in Washington, dass Angela Merkel "seine engste internationale Partnerin der vergangenen acht Jahre gewesen sei". Er sagte auch, Trump werde sich an die Grundwerte der NATO halten. Trump habe Obama bestätigt, dass es "keine Schwächung des amerikanischen Bekenntnisses zu einem starken und robusten NATO-Bündnis geben wird". Diese Aussagen fanden leider keinen Eingang in die Diskussion. Live-Abweichungen vom Skript schienen nicht gewünscht. Es wäre spannend geworden – denn genau um diese beiden Themen ging es unter anderem.

Die Fronten

Schnell ging es an diesem Abend nicht mehr nur um Donald Trump und wie er "das politische Establishment im Alleingang aus den Angeln gehoben hat" (Pleitgen). Es ging einerseits um die Frage, ob Trump seinen "Affront gegen Europa" (Oppermann) fortsetzen werde oder ob er andererseits zu einer "welthistorischen Wende mit einer Botschaft des Friedens" (von Storch) geführt habe. Es ging um die Frage, ob "wir Amerika mehr brauchen als Amerika uns" (Hacke) und ob die Deutschen und Europäer sich in diesem Zuge eine "moralische Überheblichkeit"(Plasberg) erlauben dürfen.

Sandra Navidi fasste die Diskussion treffend zusammen: "Wir stecken in einem Kulturkampf. Viele Menschen fühlen sich abgehängt. Man hat ihnen nicht nur die wirtschaftliche Sicherheit genommen, sondern auch ihre Würde." Trump habe diesen Menschen eine Stimme verliehen.

Lacher des Abends

Für den großen Lacher des Abends sorgte – mit ernstem Hintergrund – Beatrix von Storch mit einem Versprecher. Es ging genau um diese abgehängten Menschen, die im kommenden Jahr bei den Wahlen in Österreich, den Niederlanden, Frankreich und auch Deutschland für einen erheblichen Rechtsruckin Europas Mitte sorgen könnten. Plasberg fragte die AfD-Politikerin, ob dieses Szenario das Europa ihrer Träume wäre. Ihre Antwort: "Das Europa meiner Freunde – äh, meiner Träume – sieht so aus, dass die Menschen entscheiden, was sie wollen."

Als die Zuschauer zu lachen begannen, fügte sie an: "Geert Wilders und Marine le Pen sind nicht meine Freunde, sie sind in anderen Ländern und gehören anderen Parteien an." Doch ihre Kernaussage blieb bestehen: "Die Sorgen ernst nehmen reicht nicht, wenn dann die gleiche Politik weitergemacht wird. Mittlerweile ist alles eins, das sind die Leute satt. Die Menschen wollen einen Wechsel." So wie in den USA mit Trump.

Kritischer Konsens des Abends

Aus der Trump-Wahl ergab sich an diesem Abend sogar ein großer Konsens: dass politische Überkorrektheit und Arroganz wichtiger Entscheidungsgruppen in der Gesellschaft zu großer Frustration bei den Bürgern geführt haben. Oppermann gestand, dass "viele Dinge nicht mehr offen diskutiert werden", auch und gerade in der Politik. Professor Hacke jubelte ob dieser Aussage ("Na endlich!") und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass dies nun auch endlich zu einem tatsächlichen Umdenken bei den Politikern führen müsste.

Ein Umdenken, dass Journalist Pleitgen auch von seiner Zunft verlangte, die in Zusammenarbeit mit den Meinungsforschungsinstituten immer häufiger daneben lägen. So wie in den USA, "weil sie gar keine Beziehung zu den Menschen hatten, die Trump gewählt haben". Navidi nannte dies die Folge einer neuen "IQ-Elite", in der Respekt und Status von höherer Bildung abhänge. "Früher war das noch anders, als auch Handwerker noch mehr Ansehen genossen."

Sie sprach damit indirekt ein Phänomen an, was der britische Soziologe Michael Dunlop Young schon vor über 50 Jahren vorhergesagt: "The Rise of the Meritocracy" - eine Welt, in der Lebenschancen von Intelligenz und erlangter Kompetenz abhänge und die "Abgehängten" nur eine Chance hätten sich zu wählen: über eine Protest-Demokratie.

Fakt des Abends

Unwissend, dass Präsident Obama parallel erklärte, dass sich Trump zur NATO bekennen würde, wurde der NATO-Vertrag zum Fakt des Abends. Demnach muss Deutschland eigentlich 65 Mrd. Euro jährlich in seine Verteidigung investieren. In der Realität begnügt sich die Bundesrepublik aber mit rund 34 Mrd. und verlässt sich darauf, dass die USA weiterhin den Beschützer der westlichen Welt spielt. Auf diesem Missverhältnis basiert eine der großen Forderungen Trumps – dass die Mitgliedsstaaten ihren Zahlungen und Pflichten nachkommen müssten.

Dem stimmte, eher zähneknirschend, auch Oppermann zu. "Wir können die Fakten nicht bestreiten. Wir geben relativ wenig für unsere Verteidigung aus. Das müssen wir diskutieren." Ob dies klingen muss wie bei Hacke, der eine Aufrüstungsspirale propagierte ("Diplomatie ist dann am stärksten, wenn sie militärischen Rückhalt hat"), sei dahin gestellt. Doch dass mit Trump nun ein Mann ins Oval Office einziehen wird, der ganz offensichtlich auf bestehenden Verträgen beharren wird, muss ja nichts Schlechtes sein.

Fehlende Frage des Abends

Schlecht hingegen war, dass Frank Plasberg an diesem Abend eine der wenigen bereits bekannten Personalien in der Administration Trump ignorierte: Schließlich wird mit Stephen Bannon ein offen antisemitischer und rassistischer Publizist künftig Chefstratege im Weißen Haus. Eine Entwicklung, der CNN am Montag eine Sondersendung widmete. Und weil Bannons ehemaliges Mediennetzwerk Breitbart plant, nach Deutschland zu expandieren, hätte es durchaus Relevanz gehabt. Plasberg hätte durchaus fragen können, was ein ultra-rechter Berater eines Präsidenten bedeuten könnte.

Was offen bleibt

Stattdessen fragte Plasberg abschließend, welche positive Eigenschaft den Diskutanten zu Trump einfiele. Oppermann lobte, um eine Antwort verlegen, "seine nette Familie". Pleitgen fiel auch nichts besseres ein, als dass Trump eigentlich aus Deutschland komme. Von Storch lobte Trumps direkte Art, Navidi gar dessen rhetorische Begabung. Und Hacke fasste den Abend zusammen mit den Worten: "Trump ist ein ernstzunehmender Kotzbrocken, der die Probleme angehen wird". In welcher Form, das wird aber noch einige Wochen oder Monate in einer Glaskugel verborgen bleiben.

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