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Donald Trumps grenzenlose Wut: Droht ihm jetzt sogar Gefängnis?


Droht ihm jetzt sogar Gefängnis?
Trumps grenzenlose Wut

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 29.06.2022Lesedauer: 5 Min.
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Ketchup an der Wand: Eine ehemalige Mitarbeiterin von Donald Trump hat verheerende Aussagen getätigt. (Quelle: Glomex)

Schockierende Aussagen einer jungen Zeugin zum Sturm auf das Kapitol belasten Donald Trump schwer. Die Schlinge um ihn scheint sich jetzt endgültig zuzuziehen.

Ein ganz bestimmter Satz könnte Donald Trump nun tatsächlich doch noch zum Verhängnis werden. Zumindest, wenn es nach jenen geht, die ihn ohnehin längst im Gefängnis sehen wollen.

Gesagt haben soll Trump den folgenschweren Satz am 6. Januar 2021, bevor er seine Rede an der National Mall in Washington hielt. Kurz bevor der teils bewaffnete Mob von Tausenden Menschen das Kapitol stürmte, um die Machtübergabe an Joe Biden zu verhindern.

"Es kümmert mich einen Scheiß, ob sie Waffen haben", soll Trump gesagt haben. So bezeugte es am Dienstag die ehemalige Mitarbeiterin im Weißen Haus, Cassidy Hutchinson, eidesstattlich vor dem Untersuchungsausschuss zum 6. Januar. Die inzwischen 25-jährige Zeugin war einst die Assistentin von Mark Meadows, Trumps damaligem Stabschef.

"Sie sind nicht hier, um mich zu verletzen", soll Trump ihrer Aussage zufolge über die versammelte Menge gesagt und dann verlangt haben, die Sicherheitskontrollen vor der National Mall zu beseitigen. "Sie können von hier aus zum Kapitol marschieren. Nehmt die verdammten Metalldetektoren weg", das seien Trumps Worte gewesen.

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Im Wissen also, dass die Menge bewaffnet war, rief Trump in seiner Rede dann anschließend: "Also gehen wir los, wir gehen die Pennsylvania Avenue hinunter. Ich liebe die Pennsylvania Avenue. Und wir gehen zum Kapitol." Gemeinsam solle man versuchen, den Schwachen unter den Republikanern "den Stolz und die Kühnheit zu geben, die sie brauchen, um unser Land zurückzuerobern".

Im Kapitol leitete sein Vizepräsident Mike Pence zu diesem Zeitpunkt gerade die Auszählung der Stimmen der Wahlmänner und Wahlfrauen. Die Menge brüllte: "Hängt Mike Pence!"

Eine Anklage gegen Trump wird wahrscheinlicher

Die Aussagen von Cassidy Hutchinson schlugen in Washington am Dienstag buchstäblich ein wie eine Bombe. Sie könnten ein echter Gamechanger sein, weil sie eine Anklage gegen Donald Trump sehr viel wahrscheinlicher machen als bisher. Vielleicht wirkte der Ex-Präsident auch deshalb so nervös wie lange nicht. In seinem eigenen sozialen Netzwerk "Truth Social" setzte er fast minütlich wütende Nachrichten gegen die Zeugin Cassidy Hutchinson ab, die er "so gut wie nicht kenne".

Aber was ist nun anders? Tatsächlich gaben sich Donald Trump und die Helfer des Ex-Präsidenten bislang jede Mühe, ihn als vollkommen ahnungslos und teilnahmslos darzustellen. Von bewaffneten Menschen will Trump nichts gewusst haben. Im Gegenteil, Trump, so betonte er es immer wieder, habe vor allem sehr viel "Liebe" vor Ort gesehen. Die inhaftierten Aufrührer seien deshalb "politische Gefangene". Und die beim Aufstand getötete Ashli Babbitt bezeichnete Trump als unschuldig, und machte sie damit zu einer Märtyrerin.

Hutchinsons Aussagen sind nach der Meinung vieler Beobachter jetzt so etwas wie die "Smoking Gun", also der bislang fehlende und überzeugende Beleg, um den Ex-Präsidenten zu überführen. Trump könnte mit seinem jetzt bezeugten Wissen um die Waffen der Aufrührer mindestens der Anstiftung zum bewaffneten Aufruhr angeklagt werden.

Trump wollte mitmarschieren

Und noch weitere Schilderungen von Hutchinson könnten dem ehemaligen US-Präsidenten juristisch gefährlich werden. Die regelmäßigen Wutausbrüche von Trump sind zwar längst bekannt. Darum ist das neue Detail, er habe sein Mittagessen aus Wut an die Wand geworfen, nachdem sein Justizminister Bill Barr öffentlich gemacht hatte, dass er keinen Wahlbetrug finden könne, fast schon ein Witz.

Was aber am 6. Januar geschehen sein soll, zeigt Trumps geradezu einvernehmliches Verhältnis zu den Vorgängen beim Sturm auf das Kapitol. In einem gepanzerten Geländewagen soll Trump nämlich selbst unterwegs zum Kapitol gewesen sein. Der Menge hatte er tatsächlich ja auch noch gesagt: "Ich werde mit euch sein." Trump wollte offenbar wirklich selbst mitmachen. Es wäre ein Marsch geworden, wie ihn schon andere Autokraten vollführt haben.

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Unterwegs im Wagen zum Kapitol sollen ihm dann aber die begleitenden Secret-Service-Beamten die Weiterfahrt verwehrt haben. Außer sich vor Wut soll Trump dann gerufen haben: "Ich bin der verdammte Präsident, bringt mich zum Kapitol." Er habe daraufhin nach dem Lenkrad gegriffen, erzählte Hutchinson unter Berufung auf ein Gespräch mit Chef des Secret Service Tony Ornato. Gegen die Abwehrversuche des Beamten Bobby Engel soll sich Trump selbst körperlich zur Wehr gesetzt haben und ihm an den Hals gegriffen haben.

Alle wussten, was sie taten

Trumps Berater, Mitarbeiter und Parteifreunde – sie alle sollen laut Hutchinson gewusst haben, was es für ihn und für sie bedeutet hätte, wenn er wirklich selbst am Kapitol aufgetaucht wäre. Der Anwalt im Weißen Haus, Pat Cipollone, soll ihr noch am 6. Januar gesagt haben, man solle Trump auf keinen Fall zum Kapitol gehen lassen. Denn dann "werden wir wegen jedes erdenklichen Verbrechens angeklagt". Der Führer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, hatte Cassidy Hutchinson extra angerufen. "Kommt nicht hier hoch", soll er gesagt haben.

Das Bild von Trumps Plänen wird klarer

Bislang erschien es schwer, dem Ex-Präsidenten eine eigene Motivation zu den Vorgängen am 6. Januar nachweisen zu können. Sein nun bezeugter unbedingter Wille, sein Wüten und seine Widerborstigkeit, um jeden Preis dabei zu sein, könnten das Justizministerium und schließlich auch ein Gericht tatsächlich davon überzeugen, Ermittlungen gegen ihn aufzunehmen und Trump anzuklagen.

Ob und wie schnell es dazu kommen wird, ist dennoch unklar. Noch hat der Untersuchungsausschuss nicht alle möglichen Zeugen gehört. Zu heikel könnte es nach wie vor sein, ihn bei der aktuellen Beweislage anzuklagen und ein Verfahren anzustrengen, bei dem er am Ende doch wieder davonkommt. Was jetzt kommen müsste, wäre etwa eine Aussage des Secret-Service-Beamten Bobby Engel, der Hutchinsons Version von Trumps Wutausbruch stützen könnte. Denn sie selbst saß nicht mit im Wagen.

Doch die 25-Jährige wirkt nach Monaten der Ermittlungen, nach kaum zählbaren Details und Indizien erstmals wie der Klebstoff, der die Puzzleteile zumindest halbwegs zusammenhält: Alles, was geschehen ist, war geplant, zumindest klar einkalkuliert.

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Hutchinsons Chef Mark Meadows hatte ihr noch gesagt: "Es könnten wirklich schlimme Dinge geschehen am 6. Januar." Als sie ihn über den bewaffneten Mob unterrichtete, soll Meadows nicht mal von seinem Smartphone aufgesehen haben.

Das mafiöse System von Trump

Trump, der nach rund drei Stunden des Tobens auf dem Capitol Hill am 6. Januar endlich eine Videobotschaft versendet hatte, in der er die Menschen immerhin zaghaft zur Umkehr bat, musste selbst dazu noch getrieben werden. Freunde, Verwandte und Mitarbeiter flehten ihn an. Von sich aus hätte er das nicht getan.

Aber: Das Problem mit den Beweisen bleibt. So mutig die 25-jährige Cassidy Hutchinson jetzt auch gewesen sein mag, so schwer bleibt es wohl, auch andere dazu zu bringen. Sie hatte sich getraut, sich von jenem Anwalt zu trennen, der aus Trumps Universum kam. Erst seitdem sie ihren juristischen Beistand wechselte, wurde Hutchinson mitteilsamer. Vielleicht wird sie mit ihrer Aussage zu einem Vorbild für andere, sich endlich loszusagen.

Aber das System Trump wirkt nach wie einschüchternd – wie das eines Clanchefs. Liz Cheney, die abtrünnige Republikanerin im Untersuchungsausschuss, legte dazu noch eine anonyme Zeugenaussage vor, die nachweisen soll, wie auf Zeugen Druck ausgeübt wird, eine ebenfalls strafbare Handlung:

"Was sie mir gesagt haben, ist, solange ich weiterhin ein Teamplayer bin, wissen sie, dass ich im Team bin. Dass ich das Richtige tue, dass ich beschütze, wen ich beschützen muss. Dann bleibe ich in der Trump-Welt auch weiterhin in der Gunst."

Bröckelt der Rückhalt in der Partei?

Der angesehene amerikanische Historiker Michael Beschloss hat schon zu vielen US-Präsidenten wissenschaftlich geforscht. Er brachte die Geschehnisse dieses Tages in Washington anschließend auf den Punkt: "Noch nie in der Geschichte haben wir vor dem Kongress eine derart schockierende Zeugenaussage gegen einen Präsidenten der Vereinigten Staaten gehört", schrieb er auf Twitter.

Nicht nur für Trump, auch für die Republikaner wird es jetzt immer ungemütlicher. Große Teile der Grand Old Party (GOP) halten nach wie vor am Ex-Präsidenten fest. Doch nach diesem Auftritt dürften immer mehr hoffen, dass sie ihn womöglich auch loswerden können, ohne sich öffentlich distanzieren zu müssen.

Verwendete Quellen
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