Fünfkampf der kleinen Parteien Gute Rhetoriker und eine "Oberlehrerin"
"Keinen klaren Sieger" hat der Parteienexperte und Wahlforscher Oskar Niedermayer beim Fünfkampf der kleinen Parteien in der ARD erkennen können. Das Format mit seinem Parforce-Ritt durch unterschiedliche Themen habe es aber erschwert, politische Standpunkte der Parteien zu vergleichen. Lindner und Wagenknecht punkteten durch klare Rhetorik. Aber auch die übrige Runde habe durch Sachlichkeit überzeugt.
"Das war die große Stärke der Runde: Die Kandidaten wurden nicht aggressiv – auch der AfD gegenüber nicht. Die Diskussion hat die Sachebene nicht verlassen", sagte Niedermayer zu t-online.de im Anschluss an die Diskussionsrunde. Vor allem dem FDP-Spitzenkandidaten habe das genutzt: "Christian Lindner kann sehr sachlich gute Differenzierungen vornehmen, beispielsweise in der Asylpolitik." Aber auch Sarah Wagenknecht sei "für ihre Klientel sehr klar und sehr gut" gewesen.
Lindner forderte "robuste Verhandlungen"
Sie hatte sich gegen die Abschiebung von seit Jahren gut integrierten Menschen gewandt. "Solche Menschen abzuschieben ist wirklich unmenschlich", sagte Wagenknecht. Auch Abschiebungen nach Afghanistan erteilte sie eine Absage. Lindner hingegen forderte: "Wer kein Aufenthaltsrecht hat, der muss so schnell wie möglich zurück." Um dies durchzusetzen, solle es etwa mit Ländern wie Marokko "robuste Verhandlungen geben". Damit nahm er auch Alice Weidel viel Wind aus den Segeln, die direkt im Anschluss zu Wort kam. Ihr blieb nur, auf Obergrenze und Grenzschutz zu pochen.
Weidel habe "zuweilen ein bisschen oberlehrerhaft" gewirkt, auch wenn sie im Gegensatz zu ihren Parteikollegen "recht vorsichtig formuliert habe", sagte Niedermayer zu t-online.de. "Ihr fehlt da offenbar die Routine und sie hat Gedanken auch häufig nicht zu Ende geführt." Bei mehreren ihrer Antworten nutzte sie zudem falsche Zahlen und Angaben – beispielsweise gab sie die Zahl der aus Deutschland Ausreisepflichtigen um fast das Dreifache zu hoch an.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) machte deutlich, dass seine Partei es nicht für sinnvoll hält, Flüchtlingen mit subsidiärem oder behelfsmäßigen Schutz wieder den derzeit ausgesetzten Familiennachzug zu gestatten. Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir verwies hingegen auf die Position der Kirchen, dass "Familiennachzug auch die Integration leichter macht".
Sehen sich Lindner und Özdemir in einer Koalition wieder?
Vor allem Lindner und Özdemir wurden in den sozialen Medien für ihren sachlichen Diskussionsstil und für ihren Umgang miteinander gelobt. "Dass sich die Wahrnehmung auf die beiden konzentriert hat seinen Grund", sagt Niedermayer. "Beide könnten nach der Wahl mit der CDU koalieren, womöglich sogar in einer Jamaika-Koalition." Bei AfD und Linken sei nach derzeitigem Stand eine Regierungsbeteiligung eher unwahrscheinlich.
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"Es ist schwierig, mögliche Effekte für die Parteien vorherzusagen", sagt Niedermayer. Die Effekte könnten aber wesentlich entscheidender sein als die des TV-Duells am Abend zuvor. "Ob Schulz oder Merkel nun im TV-Duell besser abschneiden, das wird die Wahl nicht drehen. Ein oder zwei Prozentpunkte können für Grüne oder FDP aber sehr entscheidend sein."