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Lambrecht-Rücktritt: Nachfolge erbt das Panzer-Problem


Zögerliche Panzerlieferung
Der Leopard ist kein Challenger

  • Gerhad Spörl
MeinungVon Gerhard Spörl

Aktualisiert am 16.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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Bundeswehr-Soldaten vor dem Kampfpanzer Leopard 2: Die Ukraine will den modernen Panzer aus Deutschland haben. (Quelle: IMAGO/Björn Trotzki)

Christine Lambrechts Nachfolger muss mit Neomilitaristen kämpfen. Überhaupt herrscht ein hitziger Maximalismus vor, der sich auch in Lützerath austobte.

Lützerath ist geräumt. Nur Pinky und Brain, zwei Öko-Aktivisten, harrten noch länger in ihrem Tunnel mit Tunnellinde aus. Christine Lambrecht ist zurückgetreten. Und die Leopards 2 aus deutscher Produktion dürften bald schon für die ukrainische Armee im Krieg gegen Russland rollen.

Drei Vorkommnisse der letzten Tage, die gemeinsam die Schlagzeilen beherrschen. Sie verbindet die Neigung zu Opportunismus und Maximalismus.

Lützerath stand in Tradition von Brokdorf und Gorleben

Lützerath war auch ein routiniertes Schauspiel, das nach dem bekannten Muster ablief, das in Brokdorf, Gorleben oder Mutlangen geformt worden war. Politik entlädt sich oft genug im Schauspiel, und so ist auch der Protest gegen die Politik ein Drama mit Prolog, Höhepunkt und Ende. Zu den Protagonisten zählte diesmal Greta Thunberg, die sich zu dem Satz verstieg, Deutschland sei "einer der größten Klimasünder weltweit".

Wirklich? Mir fallen da die USA, China oder Indien ein, die gemeinsam für weit mehr als die Hälfte der CO2-Emissionen sorgen. Deutschlands Anteil liegt bei 2,0 Prozent, nicht toll, aber bestimmt kein exzeptioneller Klimasünder. In Zusammenhang, der den Maximalismus relativiert, gehören retardierende Ereignisse wie die Pandemie und der Ukraine-Krieg.

Mir ist schon klar, dass man mit purer Sachlichkeit bei einer hitzigen Demonstration in der Nähe eines Dorfes, das dem Tagebau weichen soll, niemanden vom Hocker reißt. Aber der Opportunismus, der im Maximalismus steckt, verleitet eben zur Übertreibung.

Grünen-Abgeordnete als Beispiel für Opportunismus

Zu den Bildern der vergangenen Tage, die im Gedächtnis bleiben, gehört Luisa Neubauer, die telegen ein Buch von Hans Jonas in Händen hält. Jonas war Schüler von Martin Heidegger; er emigrierte 1933. Jonas hat sehr früh, schon 1979, über eine Ethik für das technologische Zeitalter nachgedacht. Sein Buch "Das Prinzip Verantwortung" taugt zur Bibel für jeden ernsthaften Menschen, der den Klimawandel gedanklich durchdringen will. Damit lässt sich aber auch mit einer kleinen Performance öffentlicher Eindruck schinden.

Ein besonders beredtes Beispiel für Opportunismus verkörpert Nike Slawik. Die junge Frau, sie ist 27, sitzt für die Grünen im Bundestag. Am 1. Dezember stimmte sie für den um 8 Jahre vorgezogenen Ausstieg aus der Braunkohle im Rheinischen Revier – 2030 anstatt 2038. Die Kröte, welche die Grünen schluckten, heißt Lützerath, das letzte Dorf, das weichen muss, damit die RWE Braunkohle aus der Erde holen kann. Ein eigentlich vorzüglicher Kompromiss sollte man meinen und meint auch Robert Habeck. In einem Interview mit dem "Spiegel" bezeichnete er Lützerath deshalb als das falsche Symbol für die Öko-Apo: "Lützerath ist gerade nicht das Symbol für ein 'Weiter so', es ist der Schlussstrich."

Nike Slawik ließ sich in Lützerath von der Stimmung mitreißen: "Ich habe mich entfremdet. Entfremdet davon, wie manche die Räumung in Lützerath und den Deal mit RWE verteidigen." Sie hat sich von sich selbst entfremdet. Der jeweilige Ort bestimmt ihr Bewusstsein. Berlin ja, Lützerath nein. Sie war dafür, bevor sie dagegen war.

Lambrechts Nachfolger muss mit Neomilitaristen kämpfen

Christine Lambrecht ist am Montag zurückgetreten. Von ihren Plänen wussten wir seit Freitag, weil irgendjemand in Berlin das Wasser nicht halten wollte oder sollte. Wer auch immer auf Lambrecht folgt oder genauer: folgen muss, wird es schwer haben. Er oder sie bekommt es zu tun mit Pazifisten von gestern, die heute Neomilitaristen sind. Ihnen kann es gar nicht schnell genug gehen mit der Lieferung von Leopards 2. Haben doch England und Frankreich ihre Panzer schon zugesagt.

Es ist aber ein Unterschied, ob England auf seiner schönen Insel Rüstungszusagen erteilt oder Deutschland mitten in Europa einen Quantensprung vollzieht. Denn darin liegt die Bedeutung der Leos. Deshalb empfiehlt sich Zurückhaltung und Vorsicht. Nachdenken ist von Vorteil, auch wenn fahrlässige Eile höher im Kurs steht. Insofern sind wir nach wie vor mit diesem Bundeskanzler gut bedient. Das Problem sind eher die Neomilitaristen, die in allen Parteien und vielen Redaktionen sitzen.

Lützerath ist Geschichte, Christine Lambrecht auch. Mit der Lieferung des Leopard 2 schreibt Deutschland Geschichte. Was daraus entsteht? Werden wir sehen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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