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Robert Habeck: Rede zum Nahostkonflikt begeistert – Kanzlerkandidat?


Videobotschaft zum Nahostkonflikt
"Habeck bringt sich als möglicher Kanzler ins Spiel"

InterviewVon Laura Mielke

Aktualisiert am 03.11.2023Lesedauer: 3 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Bundeskanzler Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Habeck (Grüne): Wie groß ist der Widerstand gegen Scholz' Machtwort in der Grünen-Fraktion?Vergrößern des Bildes
Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) hält eine Rede, die so von Regierungschef Scholz (SPD) erwartet werden könnte. Bereitet er sich damit auf seine Kanzlerschaft vor? (Quelle: Emmanuele Contini/imago images)

Vizekanzler Robert Habeck hält eine besondere Rede zu Antisemitismus in Deutschland. Laut einem Experten schafft er etwas, das Olaf Scholz nicht leisten kann.

In einem zehnminütigen Video, das Vizekanzler Robert Habeck am Mittwoch online stellte, äußert er sich zum Antisemitismus in Deutschland und der Debatte über den Nahostkonflikt. Der Grünen-Politiker spricht darin nicht nur Islamisten und Rechtsextreme an, sondern kritisiert auch linke Aktivistinnen und Aktivisten.

In sozialen Medien wird Habeck bereits als neuer Kanzler gehandelt. Von vielen Seiten, unter anderem der Opposition, erfährt der Wirtschaftsminister Lob für seine Videobotschaft. Zu Recht, sagt Kommunikationsexperte Martin Fuchs und erklärt im Interview mit t-online, warum Habeck mit dem Video so erfolgreich ist.

t-online: Herr Fuchs, Wirtschaftsminister Robert Habeck hält eine Rede zu Israel, die sogar die Opposition begeistert. Hätte so eine Rede nicht eigentlich eher vom Kanzler oder vom Bundespräsidenten kommen sollen?

Martin Fuchs: Definitiv. Das ist eigentlich die Aufgabe eines Regierungschefs. Olaf Scholz ist aber niemand, der solche Reden halten kann und Steinmeier ist in Tansania unterwegs. Habeck füllt in seiner Funktion als Vizekanzler diese Lücke.

Scholz hat in seinen Reden ähnliche Standpunkte vertreten. Aber was unterscheidet die beiden in ihrer Rhetorik?

Das Video ist sehr deutlich und klar in seiner Aussage, aber trotzdem empathisch und differenziert. Das ist etwas, was man von Social Media kaum kennt. Habeck schafft es, in dieser aufgeheizten Situation ein klares Statement abzugeben, das die deutschen Werte zusammenfasst. Das macht es so besonders. Es ist rhetorisch extrem gut gemacht und beleuchtet alle Seiten. Was ungewöhnlich ist: Es ist sehr lang für Social Media und trotzdem sehr erfolgreich.

Video | Habecks Rede: "Antisemitismus in keiner Gestalt tolerieren"
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Quelle: Social Media

Ist es das, was Habeck und Scholz unterscheidet? Die Klarheit und das Emotionale?

Das und auch die Differenziertheit. In Deutschland werden Debatten oft polarisierend geführt und Habeck schafft es, Graustufen sichtbar zu machen. Er schafft es, alle Positionen zu vereinen, darum bekommt er aus allen Reihen Zuspruch. Gerade in so einer Situation braucht es eine Person, die Orientierung und ein Leitbild vorgibt, ohne den Menschen vor den Kopf zu stoßen. Habeck hat diese rhetorische Fähigkeit, viele andere haben sie nicht.

Untergräbt Habecks Rede die Stellung des Kanzlers oder denken Sie, dass das abgestimmt ist?

Diese Debatte kocht jetzt hoch. Meine Einschätzung: Natürlich war das abgestimmt. Habeck hätte das nicht getan, ohne vorher mit dem Kanzler Rücksprache zu halten.

Außenministerin Annalena Baerbock äußert sich nicht ganz so deutlich, sagte im ZDF zum Beispiel, dass es keine hundertprozentigen Wahrheiten gibt. Woran liegt das?

Habeck und Baerbock haben zwei unterschiedliche Rollen. Baerbock muss Deutschland im Ausland vertreten und kann die Partner im Nahen Osten nicht verprellen. Habeck hat da eine andere Beinfreiheit. Und es ist eine Rede, die auf die innenpolitische Situation in Deutschland gerichtet ist.

An wen richtet sich Habecks Rede denn genau?

Das ist spannend, weil er verschiedene Zielgruppen hat. Er richtet sich zum einen klar an die islamischen und muslimischen Verbände, von denen er mehr Verantwortung einfordert. Er richtet sich aber auch kritisch an seine eigene Blase. Beispielsweise an linke Aktivisten und Aktivistinnen, da hat er vermutlich Fridays for Future International im Kopf. Das ist das Besondere, denn er macht sich damit nicht nur Freunde im eigenen Lager. Außerdem ist es der Versuch, Orientierung in eine verworrene Debatte zu bringen. Damit spricht er Bürger an, die unsicher sind – und das sind viele.

 
 
 
 
 
 
 

Habecks Rede ist also ein Rundumschlag. Ist das nicht auch riskant? Die Grünen haben sich in der Vergangenheit oft dem Vorwurf ausgesetzt gesehen, zu belehrend zu wirken.

Ich denke, dass diese Rede eher vereint und den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert.

Er war in Vergangenheit bereits als möglicher Kanzler im Gespräch. Zeigt er mit der Rede, dass er auch für diesen Posten geeignet wäre?

Ich will ihm nicht unterstellen, dass es das Ziel dieses Videos war. Aber Habeck bringt sich damit ganz klar als möglicher Kanzler ins Spiel. Diese Rede stärkt seine Rolle innerhalb der Grünen und gegenüber Annalena Baerbock.

Entsteht eine solche Rede spontan oder steckt dahinter viel Planung?

Der Krieg läuft jetzt seit fast vier Wochen. Hinter dieser Rede steckt viel Vorbereitung und ich denke, dass der Inhalt intensiv diskutiert wurde. An den Augenbewegungen sieht man, dass er abliest und auf jedes Wort genau achtet. Es werden zwar Redenschreiber involviert gewesen sein, aber es ist eine typische, authentische Habeck-Rede. Sie spiegelt seine Meinung wider, ist nicht vorrangig strategisch. Man merkt: Die Worte kommen aus seinem Herzen.

Herr Fuchs, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Martin Fuchs
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