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Friedrich Merz über Schuldenbremse – "Die sind nicht bescheuert"


CDU-Chef Friedrich Merz
"Die sind nicht bescheuert. Die können rechnen"

InterviewVon Sara Sievert, Christoph Schwennicke

Aktualisiert am 18.11.2023Lesedauer: 11 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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CDU-Chef Friedrich Merz: "Christian Lindner trägt die Verantwortung für den Bundeshaushalt." (Quelle: Dominik Butzmann)

Platzt jetzt die Ampel, Herr Merz? Ein Gespräch mit dem Oppositionsführer über die Folgen des Schuldenbremse-Urteils aus Karlsruhe, steigende Asylzahlen und die eigene Selbstbeherrschung.

Friedrich Merz versinkt in seinem schwarzen Ledersessel. Er kräuselt die Stirn, überlegt einen Moment. Es geht um die Frage, wie nahbar Politiker sein müssen. Dann sagt er: "Wissen Sie, ich zeige Ihnen etwas." Er steht auf, geht ein paar Schritte zu seinem Schreibtisch und fängt an zu wühlen.

Vor ihm liegen sauber gestapelte Aktenberge in gleichmäßigen Abständen. Als hätte man die Zentimeter mit dem Lineal ausgemessen. Es ist ein so aufgeräumter Schreibtisch, wie man ihn selten sieht. Und Merz sagt: "Entschuldigen Sie das Chaos. Hier ist schon wieder alles durcheinander."

Der CDU-Chef und Oppositionsführer ist ein disziplinierter Mann. Und dann wieder nicht. Der eine Merz wartet 20 Jahre, um nochmal Parteivorsitzender zu werden, wählt Krawatten nach Anlässen aus und kommt lieber zu früh als zu spät. Und der andere? Erzählt gern von persönlichen Begegnungen, weicht vom Manuskript ab, redet sich schon einmal in Rage und sagt Dinge, die ihm und seiner Partei anschließend auf die Füße fallen. Immer wieder musste der Mann aus dem Sauerland sich deshalb anhören, er sei nicht der Richtige. Zu impulsiv. Gar polarisierend.

In diesen Tagen ist Merz dem Regieren so nah wie noch nie zuvor. Im Interview mit t-online spricht er über seinen Plan für die Migrationskrise, erklärt, was er mit dem Bürgergeld vorhat, und sagt, was er an Olaf Scholz schätzt – oder auch nicht.

t-online: Herr Merz, am Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Ampel keine Coronaschulden in den Klima- und Transformationsfonds schieben darf. Die Union hat die Regierung bereits ausgiebig kritisiert. Was folgt nun für Sie daraus?

Friedrich Merz: Karlsruhe hat die Selbstbedienungsmentalität der Ampel-Regierung gestoppt und die Schuldenbremse gestärkt. Ein wesentlicher Eckpfeiler der Haushalts- und Finanzplanung der Bundesregierung bricht damit in sich zusammen. Die Bundesregierung muss jetzt das erste Mal in ihrer Amtszeit etwas tun, was sie bis jetzt sorgfältig vermieden hat: Sie muss mit dem Geld auskommen, das im Bundeshaushalt der Bundesrepublik Deutschland vereinnahmt wird.

Olaf Scholz hat bereits angemahnt, dass auch die Finanzierung der Länder von Einsparmaßnahmen betroffen sein könnte. Haben Sie mit Ihren Ministerpräsidenten schon darüber gesprochen?

Wir sind dazu im Gespräch.

Wo würden Sie denn sparen?

Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, Sparvorschläge zu machen. Es ist die Aufgabe der Regierung, Prioritäten zu setzen. Wir erwarten, dass der Bundeskanzler nun einen verfassungskonformen Bundeshaushalt vorlegt. Das ist eine Frage der politischen Führungsverantwortung für unser Land. Es ist wichtig, dass wir unseren Kindern und Enkelkindern nicht noch mehr Schulden hinterlassen.

Wer trägt aus Ihrer Sicht die Verantwortung?

Der zuständige Bundesfinanzminister Christian Lindner trägt die Verantwortung für den Bundeshaushalt. Die politische Gesamtverantwortung für die Arbeit der Bundesregierung trägt der Bundeskanzler, der die Konstruktion mit der verfassungswidrigen Übertragung der Schulden aus dem Coronafonds ja auch erfunden hat.

Bleibt die Frage, wo jetzt das fehlende Geld herkommen soll. Wenn Christian Lindner keine Steuern erhöhen will. Und Robert Habeck nicht bereit ist, auf einen großen Teil der Klimaprojekte zu verzichten. Was dann?

Schon mit der vom Bundeskanzler ausgerufenen "Zeitenwende" hätte die Ampel den Koalitionsvertrag auf die Seite legen und die Prioritäten der Aufgaben neu ordnen müssen. Das ist nicht passiert, stattdessen haben SPD, Grüne und FDP die Illusion vermittelt, alles könne einfach weiterlaufen wie bisher. Die Regierung hat statt einer echten Krisenpolitik sogar die Ausgaben für den Konsum weiter erhöht, etwa beim sogenannten Bürgergeld. Und jetzt stößt die Koalition eben an die Grenzen der Finanzierbarkeit der eigenen Projekte.

Steht die Union zur Verfügung, wenn sie gebraucht wird?

Die Bundesregierung wird von uns jedenfalls keine Zustimmung bekommen, wenn sie ernsthaft vorschlagen sollte, die Schuldenbremse des Grundgesetzes zu lockern. Dafür gibt es keinerlei Rechtfertigung. Die Ampel muss mit dem Geld auskommen, das im Bundeshaushalt vereinnahmt wird. Steuereinnahmen von gut einer Billion Euro sind hoch genug. Das ist das Geld, das die Menschen in Deutschland jeden Tag hart erwirtschaften.

Bislang hat es mit der Zusammenarbeit nicht so funktioniert. Erst vergangene Woche haben Sie den Deutschlandpakt Migration für erledigt erklärt.

Die Ministerpräsidenten und der Bund haben sich auf ein Papier geeinigt, das der Kanzler als historisch bezeichnet hat. Aber vermutlich reichen die Beschlüsse nicht, um die irreguläre Migration nach Deutschland wirksam zu begrenzen. Die Zahlen des illegalen Zuzugs sind sogar noch deutlich höher als bislang angenommen, wie aus dem Brandbrief des Chefs des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vor einigen Tagen ersichtlich geworden ist. Wenn der Bundeskanzler daran gemeinsam mit uns etwas ändern will, sind wir weiterhin gesprächsbereit. Aber ich bleibe dabei: Der Ball liegt nun wirklich bei ihm, Maßnahmen zur wirksamen Reduzierung der irregulären Migration auch als Gesetze im Deutschen Bundestag zu beschließen. Unser Ziel ist und bleibt: Die Zahlen müssen runter.

Also hat sich der Deutschlandpakt doch nicht erledigt?

Das Thema illegale Migration hat sich nicht erledigt. Ein Deutschlandpakt ist nach wie vor innerhalb des Deutschen Bundestags möglich. Aber der Bundeskanzler hat das bislang ausdrücklich abgelehnt. Ich habe ihm vor vier Wochen ein 26 Maßnahmen umfassendes Papier übergeben. Auf meinen Vorschlag, im Rahmen einer Verhandlungsgruppe konkret darüber zu reden, ist er nicht eingegangen. Damit sehe ich im Augenblick keine Möglichkeit, das fortzusetzen, was der Bundeskanzler einmal selbst vorgeschlagen hat.

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Wenn Olaf Scholz Sie nochmal ins Kanzleramt einlädt, sagen Sie zu?

Es sollte in einer Demokratie selbstverständlich sein, dass der Kanzler und der Oppositionsführer miteinander sprechen. Das macht auf Dauer allerdings nur dann Sinn, wenn es hinterher auch konkrete Ergebnisse gibt.

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Das Maßnahmenpaket, das Bund und Länder vergangene Woche vorgestellt haben, bezeichnen Sie als "nicht ausreichend". Sie schlagen unter anderem noch vor, einen Teil der Länder zu sicheren Herkunftsstaaten zu machen. Nur die Maghreb-Staaten?

Nein, es muss insgesamt um Länder gehen, die extrem geringe Anerkennungsquoten, teilweise unter fünf Prozent, haben. Dazu gehört zum Beispiel auch Indien.


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Das sind keine Asylbewerber, sondern Kriegsflüchtlinge.


Friedrich Merz


Macht das am Ende den großen Unterschied? Die meisten kommen doch aus Syrien, Afghanistan, der Türkei.

Das ist so. Deshalb sollten wir anschließend auch nochmal über Ägypten, die Türkei und Afghanistan sprechen. Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass wir alle Menschen, die in wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen leben, aufnehmen können. Es wurde zu lange geglaubt, wir könnten die Fluchtgründe nach unseren Maßstäben beurteilen. Diese Illusion platzt gerade. Das ist bedauerlich und wir helfen denjenigen, die tatsächlich unsere Hilfe benötigen.

Ist nicht auch Teil der Wahrheit, dass Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, die seit Beginn des russischen Angriffskrieges kamen, zu den hohen Zahlen beitragen?

Das sind aber keine Asylbewerber, sondern Kriegsflüchtlinge. Die im Übrigen nur auf Zeit bleiben. Und die, wenn der Krieg in der Ukraine vorbei ist, auch wieder zurückgehen wollen.

Ist das wirklich so absehbar? Nachdem die Menschen über Jahre in Deutschland gelebt haben, ihre Kinder hier aufgewachsen sind, sie sich integriert haben?

Die Ukrainer haben einen zeitlich begrenzten Aufenthaltsstatus in Deutschland. Allerdings stimmt es, dass wir bis dahin über ein paar Themen reden müssten. Etwa, dass viel zu wenige von ihnen arbeiten. In Deutschland ist die Erwerbsquote der hier lebenden Ukrainer bei knapp 20 Prozent, in den Niederlanden sind es 70 Prozent. Das heißt, dass unsere Arbeitsmarktinstrumente offenbar nicht hinreichend funktionieren, um diese Menschen jetzt wenigstens auf Zeit in Beschäftigung zu bringen.

Ist es sinnvoll, den Ukrainerinnen und Ukrainern das Bürgergeld sofort auszuzahlen?

Nein.

Ein weiterer Hebel, den Sie vorschlagen, sind Asylzentren in Drittstaaten. Mit welchen Ländern ist das vorstellbar?

Interessant ist, dass die Koalition selbst vor zwei Jahren in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen hat, diese Frage zu prüfen und Länder zu suchen, die möglicherweise bereit dazu wären. Aber dieser Prüfauftrag ist bisher nicht umgesetzt worden. Das müsste jetzt passieren.

Hängt die Frage der Bereitschaft nicht daran, was man bereit ist, den Ländern zu zahlen?

Es ist eine Frage der vernünftigen Vereinbarung mit einem solchen Land. Und am Ende des Tages werden wir sicherlich eine ganze Menge Geld einsparen, wenn wir Asylverfahren in Drittstaaten durchführen lassen und Entwicklungszusammenarbeit und die Erteilung von Schengen-Visa davon abhängig gemacht werden, ob der betreffende Staat seine eigenen Staatsangehörigen auch wieder zurücknimmt.

Halten Sie das für aussichtsreich? Wenn sich viele Länder schon bei den Migrationsabkommen schwertun?

Dass solche Vereinbarungen funktionieren können, zeigt das EU-Türkei-Abkommen.

Da hat doch aber auch Geld die Probleme gelöst.

Das ist sicherlich richtig. Schauen Sie aber einmal in andere Länder. Der französische Staatspräsident ist zusammen mit der Kommissionspräsidentin in Tunesien gewesen. Mittlerweile war er sogar ein zweites Mal da. Warum ist der deutsche Bundeskanzler bisher nicht tätig geworden? Warum erklärt er den Abschluss solcher Abkommen nicht zur Chefsache? Das ist einfach die Passivität dieser Bundesregierung und offensichtlich auch der interne Streit um die Frage, ob man Zuwanderung überhaupt begrenzen soll oder nicht. Bei den Grünen ist es immer noch verpönt, das Wort Begrenzung in den Mund zu nehmen.


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Tut die Bundesregierung aktuell nicht genau das? Wenn der Bundeskanzler beispielsweise nach Nigeria reist oder die Innenministerin in Marokko verhandelt.

Ja, aber bisher leider ohne Ergebnis.

Was passiert, wenn Integration scheitert, können wir aktuell auf Deutschlands Straßen sehen. Ist es nicht eine leere Hülse zu sagen, "Wir dulden keinen Antisemitismus in Deutschland"?

Der Satz darf nicht zur leeren Hülse werden! Aber es stimmt, dass wir Gesetze brauchen, die härtere Konsequenzen aufzeigen. Deswegen haben wir in dieser Woche Gesetzentwürfe in den Deutschen Bundestag eingebracht. Einmal zur Verschärfung des Paragrafen zur Volksverhetzung. Und zum zweiten die Möglichkeit, dass der Aufenthaltsstatus infrage gestellt wird, wenn es sich um antisemitische Straftaten handelt. Die Regierung redet, wir bringen konkrete Vorschläge ein.

In Essen wurden bei einer Demonstration auch IS-Flaggen geschwenkt. Auf Plakaten stand dort: "Das Kalifat ist die Lösung". Erste Stimmen warnen vor organisierten Strukturen. Teilen Sie die Sorge?

Ja. Diese Sorge ist zum Teil dadurch begründet, dass wir keinen wirklichen Einblick haben in das, was in den Ditib-Moscheen passiert. Das muss jetzt wirklich unterbunden werden. Wir können nicht akzeptieren, dass in Deutschland von der türkischen Religionsbehörde bezahlte Imame hinter verschlossenen Türen Islamunterricht erteilen.

Wie wirksam war vor diesem Hintergrund das Abkommen zwischen den Islamverbänden und der nordrhein-westfälischen Landesregierung?

Ich kann das nicht abschließend beurteilen, weil mir da die Daten, Zahlen und Fakten fehlen. Aber wir sehen ja derzeit auf unseren Straßen, dass beim Thema Islam und Integration noch viel zu tun bleibt.

Arbeitsminister Hubertus Heil hat sich gerade drastisch gegen den Vorwurf gewandt, das Bürgergeld führe dazu, dass Arbeitnehmer kündigen, weil sich Arbeit nicht mehr lohne. Ist das Lohnabstandsgebot noch gegeben?

Die Bundesregierung hat die falschen Anreize in unseren Transfersystemen geschaffen. Und wenn Herr Heil Menschen, die aus den Beschäftigungsverhältnissen raus und in das sogenannte Bürgergeld reingehen, für "bescheuert" erklärt, dann kann ich nur sagen: Nein, die sind nicht bescheuert. Die können rechnen. Die rechnen sich ganz einfach aus: Lohnt sich das für mich noch, morgens um 7 aufzustehen und zu arbeiten? Oder beziehe ich nicht besser Bürgergeld und mache nebenbei ein bisschen Schwarzarbeit? Es wird jetzt zum 1. Januar sogar noch um 12 Prozent angehoben, damit wäre das sogenannte "Bürgergeld" in zwei Jahren um ein Viertel gestiegen. Welcher Arbeitnehmer bekommt solche Lohnsteigerungen? So macht die Bundesregierung mit diesem Sozialstaat einen großen Denkfehler: Am Ende nutzt der Mensch die Annehmlichkeiten, die der Staat ihm bietet.

Warum hat die Union dem Bürgergeld dann zugestimmt?

Wir haben noch Schlimmeres im Vermittlungsverfahren verhindern können, aber es war erkennbar zu wenig. Unter einer unionsgeführten Bundesregierung wird es einen Systemwechsel weg vom Bürgergeld und hin zu Anreizen zur Aufnahme von Arbeit geben.

Die CDU in Hessen hat sich gegen die Grünen, den bisherigen Koalitionspartner und für die SPD entschieden. Ein Signal für die Bundestagswahl?

Die Entscheidung der hessischen CDU ist zunächst eine landespolitische Entscheidung, wie in Sachsen-Anhalt und Berlin zuvor auch. Boris Rhein ist zu dem Ergebnis gekommen: Wir haben mit der SPD mehr Übereinstimmung in Schlüsselfragen wie vor allen Dingen in diesen schwierigen Fragen wie Asyl und Flüchtlinge und Arbeitsmarkt. Aber, was in Hessen passiert, bedeutet keine strategische Grundsatzentscheidung für die Bundespolitik. Es sendet eher ein klares Signal an die Grünen. Übertreibt es nicht! Nicht die Union muss anschlussfähig an die Grünen werden, sondern die Grünen müssen anschlussfähig an die Wirklichkeit bleiben.

Warum machen Sie die Tür nicht ganz zu Richtung Grün, so wie Markus Söder?

Weil ich mir über Koalitionen im Bund derzeit keine Gedanken mache. Mir geht es jetzt um CDU pur. Gemeinsam mit der CSU kämpfen wir bei der Bundestagswahl 2025 dafür, dass die Union stärkste Kraft wird und gegen uns nicht regiert werden kann. Wer nicht das Risiko eingehen möchte, dass seine präferierte Partei in der Opposition landet, der muss CDU/CSU wählen.

In der FDP gibt es Anstrengungen für eine Mitgliederbefragung zum Ausstieg aus der Ampel. Angenommen, es käme so: Was macht die Union dann?

Das zeigt den Zustand der FDP und der Koalition. In diesem Land wird eine links-grüne Politik gegen den Willen der Mehrheit in der Bevölkerung gemacht. Und das ist nur möglich, weil in dieser Koalition aus SPD und Grünen eine dritte Partei sitzt, die fast alles mitmacht und gleichzeitig dagegen ist. Aber irgendwann muss sich die FDP entscheiden – will sie regieren oder Opposition sein?

Wir wollen zum Ende mit Friedrich Merz auch über Friedrich Merz sprechen. Ist das in Ordnung?

Nur zu.

Für uns gibt es da einen Widerspruch. Sie haben große Disziplin und Ausdauer an den Tag gelegt, um dorthin zu kommen, wo sie jetzt sind. Und manchmal ist es mit dieser Disziplin wiederum nicht so weit her. Warum platzt es manchmal aus Ihnen heraus? Wie erklären Sie das?

Das ist kein Widerspruch. Auf der einen Seite versuche ich tatsächlich, diszipliniert zu leben und zu arbeiten, wenn Sie so wollen auch mit einer gewissen Hartnäckigkeit. Gleichzeitig setze ich mich mit Leidenschaft für unsere politischen Ziele ein, und ich schätze die freie Rede.


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Ich bin für einige das Feindbild "alter weißer Mann"


Friedrich Merz


Solche Äußerungen wie die kleinen Paschas oder die Zahnärzte: Sind das Ausrutscher, oder ist das Vorsatz?

Nehmen wir gerne diese beiden Beispiele. Ich würde heute behaupten: Ohne die Zahnarztdebatte hätte die Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bundeskanzler nicht 36 Monate Asylbewerberleistungsgesetz statt Übergang schon nach 18 Monaten in das Bürgergeld beschlossen. Dass wir darüber überhaupt diskutiert haben, ist dem Umstand zu verdanken, dass es eine solche Aufregung gegeben hat, als ich etwas zugespitzt auf diesen Missstand hingewiesen habe. Und zu den kleinen Paschas sagen mir selbst Journalisten, die mich vor einem halben Jahr noch massiv kritisiert haben: Das war wohl noch eine verniedlichende und beschönigende Beschreibung der Zustände, die wir an den Schulen hier sehen.

Glauben Sie, dass man mit Ihnen besonders streng ist?

Natürlich, ich bin für einige das Feindbild "alter weißer Mann", da treten Sachargumente in den Hintergrund. Das ist bedauerlich. Aber vielleicht können wir nach diesen schrecklichen Terroranschlägen und den Bildern, die wir auf deutschen Straßen sehen, die Debatte vom Kopf auf die Füße stellen und einmal ernsthaft darüber reden, welche Probleme wir in Deutschland wirklich haben. Es wäre dabei hilfreich, wenn unsere politischen Wettbewerber bei den Sozialdemokraten und bei den Grünen mit der Nazikeule und der Rassismuskeule ein bisschen sparsamer umgehen würden. Solche Vorwürfe gegen demokratische Mitbewerber nutzen sich schnell ab und verlieren an Glaubwürdigkeit, denn die Bürgerinnen und Bürger durchschauen das Spiel.

Letzte Frage: Was schätzen Sie an Olaf Scholz?

Ich habe noch nie jemanden in meinem politischen Leben getroffen, der auf ähnliche Art in der Lage ist, eine gestellte Frage komplett nicht zu beantworten. Dazu muss man über eine bestimmte Begabung verfügen, die ich nicht habe.

Herr Merz, vielen Dank für dieses Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Interview
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