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Bauernproteste: Ist der Zorn der Landwirte gerechtfertigt?


Landwirte gehen auf die Straße
Ist der Zorn der Bauern gerechtfertigt?

Von dpa, bm

Aktualisiert am 08.01.2024Lesedauer: 3 Min.
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Bauernproteste auf den Straßen: Zahlreiche Traktoren sind unterwegs. (Quelle: reuters)
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Seit die Bundesregierung beschlossen hat, Subventionen für Landwirte zu kürzen, kommt es landesweit zu Protesten. Doch worum geht es eigentlich genau? Und was spricht für die Kritik der Bauern, was dagegen?

Der Bauernverband hat ab Montag in vielen Teilen Deutschlands zu Trecker-Demonstrationen aufgerufen, in deren Folge es zu Staus und Verkehrsbehinderungen kommen soll. Traktoren sollen etwa zahlreiche Autobahnauffahrten blockieren.

Doch worum geht es bei den Protesten eigentlich? Welche Argumente sprechen für ihr Anliegen, welche dagegen? Was sagen Experten? t-online gibt einen Überblick.

Video | Ein Landwirt reagiert
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Quelle: reuters

Ausgangspunkt: Kürzungen im Haushalt

Entzündet hatten sich die Proteste an einem Beschluss der Ampelregierung. Sie hatte infolge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts milliardenschwere Kürzungen und etwa die Streichung der Begünstigung von Landwirten bei der Kfz-Steuer sowie beim Agrardiesel beschlossen. Nach heftigen Protesten der Landwirte ruderte Berlin in der ersten Januarwoche zurück. Die Kfz-Steuerbegünstigung soll bleiben und die Dieselsubvention nicht sofort, sondern schrittweise bis 2026 abgeschafft werden.

Die Bauernproteste gehen jedoch weiter. Der Deutsche Bauernverband fordert das langfristige Festhalten an der Dieselsubvention und allgemein mehr Anerkennung für den Berufsstand. Er argumentiert unter anderem mit dem internationalen Wettbewerb, in dem sich die Landwirte behaupten müssen.

"Es geht um die Gefährdung unserer Existenz"

Die Debatte um die Kürzungen für die Landwirtschaft dürfe nicht auf den Agrardiesel reduziert werden, sagen zumindest die Obstbauern in Sachsen und Sachsen-Anhalt. "Das ist zu einseitig und eng gesehen. Es geht um die Gefährdung unserer Existenz durch ein reichhaltiges Maßnahmenpaket von Verboten und Einschränkungen der Agrarpolitik sowohl aus Brüssel, aber vor allem aus Berlin", erklärte Udo Jentzsch, Geschäftsführer des Landesverband Sächsisches Obst. In Deutschland werde auf Vorgaben der EU zu oft noch "eine Schippe draufgepackt".

Wettbewerbsnachteile nähmen zu, Billigimporte schwächten die Wirtschaftlichkeit. Die nachfolgende Generation habe kaum noch Lust auf Obstbau und Landwirtschaft. "Uns fehlen Betriebsnachfolger in jeder Region. Wir Bauern protestieren nicht für die 35-Stunden-Woche oder mehr Urlaub oder mehr Lohn – wir wollen einfach nur unseren Beruf ausüben und unsere eigene Versorgung mit Lebensmitteln sichern."

Wirtschaftsforscher: Bauern sind überraschend stark belastet

Der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München (Ifo-Institut), Clemens Fuest, sieht die Landwirte durch die von der Ampelkoalition geplanten Einschnitte bei Subventionen "weit überproportional" belastet. "Ich habe mich schon etwas gewundert, dass man einen so großen Anteil des Gesamtsparpakets einer so kleinen Gruppe zumutet. Das ist schon sehr überraschend", sagte der Wirtschaftsforscher am Sonntag bei der Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Seeon.

Man müsse fragen, wie dies zu rechtfertigen sei, sagte Fuest. "Und man muss sicherlich auch fragen: Kann man so etwas und sollte man so etwas machen von einem Tag auf den anderen? Oder muss man nicht einer solchen Branche zumindest Zeit einräumen, beispielsweise andere Kraftstoffe als Diesel zu entwickeln. Das ist eine Aufgabe für ein Jahrzehnt und nicht eine Sache, die man von heute auf morgen erledigen kann."

Agrarökonom: Kürzungen "nicht existenzgefährdend"

Sebastian Lakner, Agrarökonom an der Universität Rostock, bewertet den Sachverhalt im Gespräch mit dem "Spiegel" deutlich anders. Wenn die angekündigte Kürzung für einzelne Betriebe existenzgefährdend sei, dann sei mit diesen Unternehmen ohnehin etwas falsch. Das deute "auf bereits vorliegende ökonomische Schwierigkeiten hin". Mehr dazu schrieb er auf seinem Twitter-Account.

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Der Agrarökonom Alfons Balmann argumentiert im "Spiegel" ähnlich wie Lakner. Der Direktor des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien sagte, die Kürzungen der Subventionen entsprächen nur ungefähr fünf Prozent der Beihilfen und Zuschüsse, welche die Landwirte ohnehin erhielten, und nur etwa zwei bis drei Prozent der zuletzt erzielten Gewinne. Daher seien die nun noch geplanten Streichungen "weder für größere noch für kleinere Betriebe existenzgefährdend".

Berechnungen der "Tagesschau" zufolge würden die Landwirte durchschnittlich etwa 4.000 bis 5.000 Euro pro Jahr weniger erhalten, wenn die Subventionen für Agrardiesel und Autosteuer wegfielen. Ihnen blieben aber immer noch 40.000 Euro jährlich an staatlichen Unterstützungen.

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Haben Sie Verständnis für die Bauernproteste? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de. Bitte nutzen Sie den Betreff "Bauern" und begründen Sie.

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