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Kommentar: Die heimlichen Könige


Tagesanbruch
Die heimlichen Könige

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

08.08.2022Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Menschen gehen in einer Fußgängerzone spazieren (Archivbild): Jeder von uns kann ein wenig König sein.Vergrößern des Bildes
Menschen gehen in einer Fußgängerzone spazieren (Archivbild): Jeder von uns kann ein wenig König sein. (Quelle: Alexander Pohl/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

"das alles, und noch viel mehr ... würd ich machen, wenn ich König von Deutschland wär." Kommt Ihnen die Liedzeile bekannt vor? Genau, sie stammt von Rio Reiser. Der wird Mitte des Monats in Berlin erstmals einen Platz erhalten. In Kreuzberg wird der Heinrichplatz für ihn umbenannt.

Im Lied singt Reiser: "Ich denk mir, was der Kohl da kann, das kann ich auch." Gilt doch bis heute! Ein paar Milliarden für die Bundeswehr, Laufzeit der Kohlekraftwerke verlängern, ein paar Wohltaten hier, ein paar Subventionen da. Ein Klacks, das können wir doch auch!

Und? Was würden Sie machen, wenn Sie Macht hätten?

Mir würden da schon ein paar Dinge einfallen. Wie wäre es zum Beispiel, nicht fair gehandelten Kaffee mit einem Warnhinweis zu versehen (wie auf Zigarettenschachteln): "Dieser Kaffee wurde unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt" könnte da stehen. Oder: Wer sich eine Solaranlage aufs Eigenheim montiert, bekommt für den produzierten Strom so viel vergütet, wie er beim Anbieter für Strom bezahlt. Ein Scherz? Mitnichten, in den Niederlanden läuft das genau so.

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Also, ich halte es mit Rio Reiser: Einmal König sein! Ich hätte so viele Ideen. Aber leider ist es so einfach nicht. Natürlich gehört zum Regieren deutlich mehr, als Kluges zum Besten zu geben. Auch die Mächtigen müssen hart für ihre Ideen kämpfen, Menschen überzeugen, Mehrheiten finden. Und am Ende müssen ihre Gesetze alle Interessen berücksichtigen, verhältnismäßig sein und obendrein natürlich verfassungsgemäß.

Und doch: Oft entsteht der Eindruck, wir könnten es eigentlich besser. Dass immer noch um eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket gerungen wird, dass immer noch nicht geklärt ist, ob die drei verbliebenen AKW weiterlaufen, dass im Herbst wieder ein Flickenteppich an Corona-Maßnahmen droht – das lässt die Regierenden reichlich konfus wirken. Wie gesagt: So einfach ist das eben nicht, an der Macht zu sein.

Was wir daraus lernen können? Wir sollten nicht nur das Tun anderer bewerten, kritisieren und hinterfragen. Wir sollten mehr machen. Wo immer es uns möglich ist. Ein Beispiel: Ich habe mich vor ein paar Tagen mit Leuten unterhalten, die durchsetzen wollen, dass die Rücklagen für die Beamtenpensionen vorrangig in Unternehmen investiert werden, die klimafreundlich agieren. Da geht es mal eben um etwa 50 Milliarden Euro. Vor solchen Menschen habe ich Respekt. Es geht im Großen wie auch im Kleinen: Wir können viel verändern, wenn wir nur wollen.

Ob Sie sich für die Tafeln engagieren, Flüchtlingen aus der Ukraine helfen, ob Sie neue Technologien erfinden, ob Sie Städte ökologisch neu planen. Egal was. Solange Sie etwas Sinnstiftendes tun. Im Privaten oder im Beruf.

Ich nenne Ihnen noch ein Beispiel: Vor einem Jahr habe ich über das Internet einen Afghanen kennengelernt, der seit vielen Jahren auf dem Land Schulen errichtet. Jetzt kämpft Matiullah Wesa dafür, dass die Mädchen weiter den Unterricht besuchen dürfen. Dafür riskieren er und seine Mitstreiter ihr Leben.

Hierzulande ist Engagement so viel einfacher. Und keinesfalls lebensgefährlich. Wer also König spielen möchte, kann das tun. Unsere Gesellschaft lebt vom Engagement jedes Einzelnen. Das fällt nur manchmal nicht auf.


Auf Frieden verzichtet

Es ist zynisch: Der Ablauf wirkt wie ein Ritual. Israel und die Palästinenser beschießen sich einige Tage mit Raketen, dann folgt relativ zügig ein Waffenstillstand. Und der Status quo im Nahen Osten bleibt unverändert. Am vergangenen Wochenende starben so mindestens 43 Menschen, mehr als 300 wurden verletzt.

Immerhin, am späten Sonntagabend trat eine Waffenruhe in Kraft, die bis jetzt hält. Für einen dauerhaften Frieden fehlt derzeit beiden Seiten Kraft und Motivation. Selbst die USA sehen derzeit keine Chance für eine langfristige Lösung des Konflikts.

Und so leiden vor allem die einfachen Menschen. Wegen Schließung der Grenzübergänge musste das einzige Kraftwerk in Gaza abgeschaltet werden, weil kein Diesel geliefert werden kann. Auch dem wichtigsten Krankenhaus in Gaza gehen Medikamente und Treibstoff aus. Hält die Waffenruhe, besteht zumindest die Hoffnung, dass die Grenze nach Israel bald wieder passierbar ist.


Verzichten können

In Kenia wird am morgigen Dienstag gewählt. Gewählt werden ein neues Parlament, ein neuer Präsident und auch Lokalparlamente und Gouverneure. Es ist eine Mega-Wahl, die auch wichtig ist, weil Kenia in Ostafrika eine Schlüsselrolle innehat. Eines ist bereits im Vorfeld der Wahl schon geglückt: Präsident Uhuru Kenyatta musste nach zwei Amtszeiten darauf verzichten, noch einmal anzutreten. Auf dem afrikanischen Kontinent leider keine Selbstverständlichkeit.

Die beiden möglichen Nachfolger: William Ruto (derzeit Vizepräsident) und Raila Odinga (Sohn eines prominenten Politikers). Beide entstammen der umstrittenen Elite, in Umfragen liegen sie nahezu gleichauf. Es wird deshalb entscheidend sein, was nach der Wahl passiert. Erkennt der Unterlegene die Wahl an? Es wäre dem Land zu wünschen, dass am Ende ein demokratisches Ergebnis steht.


Der Nichtverzichtende

Nein, verzichtet hat Gerhard Schröder nie gerne. Nicht auf das Amt (man erinnere sich an den Auftritt in der Elefantenrunde nach der verlorenen Wahl 2005), nicht auf die Einnahmen aus dem Gazprom-Konzern und natürlich auch nicht auf seine Mitgliedschaft in der SPD.

Deshalb wird die SPD Hannover heute entscheiden, ob sie auf ihr prominentestes Mitglied verzichten will. Heute soll die Entscheidung des Schiedsgerichts in Hannover bekannt gegeben werden. Ambivalent war das Verhältnis zwischen Altkanzler und Sozialdemokratie schon lange. Nun geht es aber um die Frage, ob der Altkanzler sich nachweislich parteischädigend verhalten hat. Die Antwort bekommen wir heute, zumindest in erster Instanz. Doch womöglich müssen sich noch zwei weitere Ebenen mit der Frage beschäftigen.


Was lesen

Im März warnte das Bundesamt für Informationssicherheit (BSI) plötzlich vor dem Gebrauch der Anti-Virensoftware Kaspersky. Nach Medienrecherchen schoss da wohl jemand übers Ziel hinaus. Der Kollege Alexander Roth-Grigori hat die Räuberpistole zusammengefasst.

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Nein, noch hat Donald Trump seine Kandidatur nicht verkündet. Doch mit Reden wie am Wochenende in Dallas legt er die Basis dafür. Wie nie zuvor verbreitet er American Angst. Unser USA-Korrespondent Bastian Brauns berichtet aus Texas.


Zum Schluss eine Frage: Kommen Sie aus dem Osten? Nein? Dann machen Sie sich jetzt mal locker. Empfiehlt unser Leipziger Kollege Andreas Raabe.


Was mich amüsiert

Ich hoffe, Sie kommen heute zum Energiesparen.

Morgen schreibt meine Kollegin Miriam Hollstein an dieser Stelle. Ich wünsche bis dahin einen stressfreien Wochenstart.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de

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