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Bahnstreik der GDL: Die Macht von Claus Weselsky schwindet


Kolumne "Einspruch!"
Der geschrumpfte Herr Weselsky

MeinungVon Christoph Schwennicke

Aktualisiert am 18.01.2024Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Claus WeselskyVergrößern des Bildes
Die GDL-Mitglieder vertrauen auf sein Verhandlungsgeschick: Claus Weselsky. (Quelle: Christian Charisius/dpa/dpa-bilder)

Stell dir vor, es ist Bahnstreik – und alles funktioniert trotzdem. Die Allmachtsfantasien eines selbsttrunkenen Arbeiterführers verebbten vergangene Woche im Nichts. Gut so, findet unser Kolumnist.

Ende vergangener Woche hatte ich einen unvermeidlichen Termin in München. War vorher voller Sorge, ob das alles klappt. Flug statt Bahn (ich fliege sonst nie Inland). Wie dann aber vom Flughafen in die Innenstadt? Taxi vorbestellen, abholen lassen? Und überhaupt: Bekomme ich in Berlin rechtzeitig ein Taxi, um zum BER zu kommen? Fragen über Fragen vorher.

Die Antwort: Es lief alles glatt. Taxi zum BER pünktlich, Flug pünktlich, und sogar die S-Bahn fuhr in die Innenstadt der bayerischen Hauptstadt. Gutes Gespräch mit Markus Söder in der Staatskanzlei. Rückfahrt zum Airport. Abflug pünktlich. Alles easy. Alle Sorge unbegründet.

Christoph Schwennicke
(Quelle: Reinaldo Coddou H.)

Zur Person

Christoph Schwennicke ist Politikchef und Mitglied der Chefredaktion von t-online. Seit fast 30 Jahren begleitet, beobachtet und analysiert er das politische Geschehen in Berlin, zuvor in Bonn. Für die "Süddeutsche Zeitung", den "Spiegel" und das Politmagazin "Cicero", dessen Chefredakteur und Verleger er über viele Jahre war.

Zum wievielten Mal noch gleich hat in den vergangenen Monaten ein Herr namens Claus Weselsky Angst und Schrecken in der mobilen Gesellschaft verbreitet? Hat mit diesem eigentlich ganz charmanten, leichten Sächsisch und diesem von Machtlust verzerrten Gesicht verkündet, dass sein Bannstrahl ganz Deutschland lahmlegen würde, dass er seine Blitze auf die Gleise der Bahn niederfahren lassen werde wie Göttervater Zeus, dass die Bahnoberen schon noch sehen würden, wo sie hinkämen, wenn sie ihm, dem großen Vorsitzenden aller organisierten Lokführer, nicht all seine maßlosen Wünsche erfüllen?

Man gewöhnt sich an alles – sogar an Claus Weselsky

Aber man gewöhnt sich offenbar an alles, sogar an einen größenwahnsinnigen Arbeiterführer. Als kleiner Junge hat mich fasziniert, wenn mir mein Vater, ein Ingenieur der Metallhüttenkunde und also beschlagen in Sachen Bergbau, erzählte, dass sich Wasser immer einen Weg sucht und den auch findet. Und so haben wir das dann auch in einem kleinen Rinnsal im unteren Illertal ausprobiert, meine Freunde und ich. Haben Schikanen in den kleinen Bachlauf eingebaut, Dämme, Sperren. Das Wasser fand seinen Weg.

So ist das auch mit mobilen Menschen. Sie finden auch einen anderen Weg, wenn der gewohnte verstopft ist. Also war der Bahnstreik in seinen Auswirkungen lange nicht so fürchterlich wie vom Rächer der entrechteten Lokführer angekündigt. "Es gab ja sogar noch Sitzplätze" lautete hinterher eine Überschrift in der geschätzten "FAZ". In dem Artikel über die Auswirkungen des Lokführerstreiks bekundeten Bahnreisende große Gelassenheit. Zumal die Bahn offenbar nicht nur die Münchener Schlagader vom Flughafen in die Innenstadt vor der Verödung durch Herrn Weselsky rettete. Sondern mit Sonderzügen viele Reisende, die gebucht hatten, einigermaßen pünktlich ans Ziel brachte.

Besonnenheit der Kunden, ein intaktes Notfallprogramm der Bahn, und schon läuft der Furor eines manischen Mannes wie Weselsky einigermaßen ins Leere. Es gibt sie noch, die guten Nachrichten.

Weil er das wohl auch gesehen hat und die Bahn glücklicherweise seinen maßlosen Forderungen nicht zu 100 Prozent folgt, hat der Gott der Gleise schon wieder angedroht, demnächst abermals Blitze herabfahren zu lassen auf die Bahn und ihre Kunden.

Alle Räder stehen still?

Vorschlag: Lasst uns alle, wenn es so kommt – und es wird so kommen –, abermals diese professionelle Gelassenheit mobiler Menschen an den Tag legen, wie das Wasser für den Moment andere Wege finden. Und Herrn Weselsky somit eines lehren: Ja, der Streik-Schlachtruf der Gewerkschaften stimmt. Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will. Aber du bringst dieses Land und den Tatendrang seiner fleißigen Menschen nicht zum Erliegen.

Und vielleicht, lieber Gewerkschaftsgenosse Claus, reicht dein Intellekt in einem nachdenklichen Moment ohne Einfluss der vielen Hormone, die dich bei deinen machtlüsternen Auftritten durchströmen, ja sogar so weit, zu sehen, dass der Schaden, der einem Unternehmen mit diesen dauernden Streiks zugefügt wird, irgendwann auch dessen Bedienstete trifft.

Das nennt man übrigens Marktwirtschaft. Und ist etwas, das du dringend begreifen müsstest, wenn du wirklich, wie man lesen kann, Bahnchef werden möchtest.

Verwendete Quellen
  • Kindheitserinnerungen, FAZ: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/pendler-ertragen-blockaden-und-streiks-mit-galgenhumor-19444690.html
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