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Syrien-Konflikt: Verspielt Obama die Glaubwürdigkeit der USA?


Verschobener Syrien-Angriff
Verspielt Obama die Glaubwürdigkeit der USA?

dpa, Von Julie Pace, AP

Aktualisiert am 01.09.2013Lesedauer: 4 Min.
Obamas Rückzieher in der Syrien-Krise könnte für die USA zum Problem werdenVergrößern des BildesObamas Rückzieher in der Syrien-Krise könnte für die USA zum Problem werden (Quelle: Reuters-bilder)
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Ein militärischer Angriff auf Syrien steht kurz bevor. Daran hatte das Weiße Haus in der vergangenen Woche keinen Zweifel gelassen. Mit dem Giftgasangriff auf syrische Zivilisten sei die rote Linie überschritten, hieß es wiederholt. Doch dann änderte US-Präsident Barack Obama seine Meinung und will nun zunächst den Kongress um eine Stellungnahme bitten. Mit dieser Entscheidung droht Obama, seine Glaubwürdigkeit zu verlieren, und setzt die der USA aufs Spiel.

Natürlich könne er auch allein handeln, erklärte Obama am Samstag vor Journalisten im Rosengarten des Weißen Hauses. Das Land werde jedoch stärker sein und die Maßnahmen noch effektiver, wenn der Kongress seine Zustimmung gebe. Die Entscheidung, das Parlament einzubeziehen, lässt jedoch auch die Interpretation offen, dass der Präsident angesichts einer kriegsmüden Öffentlichkeit die Verantwortung für einen Militäreinsatz nicht allein tragen will.

Blamable Niederlage droht

Das Vorhaben ist gewagt. Wenn der Kongress gegen einen militärischen Einsatz stimmt, würde das für Obama eine blamable Niederlage bedeuten. Aber auch sein internationales Ansehen wäre beschädigt, zu einem Zeitpunkt, an dem das Ausmaß des amerikanischen Einflusses - besonders in der arabischen Welt - infrage gestellt wird.

Die USA zeigen, dass sie unabhängig vom Ergebnis der UN-Untersuchungen agieren. Die von den Chemiewaffenexperten nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus gesammelten Proben sollen derweil ab Montag analysiert werden. Das kann rund zwei Wochen in Anspruch nehmen.

Ban Ki Moon drängt auf Eile

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon drängte den nach zwölf Tagen in Syrien inzwischen nach Den Haag zurückgekehrten Leiter des Expertenteams, Åke Sellström, in einem Telefongespräch am Sonntagmorgen erneut zur Eile. Die beiden hätten darüber gesprochen, welche Möglichkeiten es zur Beschleunigung des Untersuchungsprozesses gebe, sagte ein UN-Sprecher.

Beim G-20-Gipfel im russischen Sankt Petersburg trifft Obama auf die anderen führenden Staatsoberhäupter. Es gab Spekulationen, wonach er vorher losschlagen wollte. Nun erkennt das Weiße Haus positive Auswirkungen einer Abstimmung im Kongress.

US-Bürger mehrheitlich gegen Eingreifen

Obama kommt damit seinen eigenen Forderungen aus seiner Zeit als Senator und Präsidentschaftskandidat nach. Damals verlangte er vom Weißen Haus, es müsse vor einem militärischen Einsatz den Kongress zurate ziehen. Und angesichts der ablehnenden Haltung vieler Amerikaner gegenüber einem Einsatz in Syrien würde Obama sich die Verantwortung für einen Angriff mit den Senatoren und Abgeordneten des Repräsentantenhauses teilen.

In einer Umfrage sprachen sich in der vergangenen Woche ungeachtet des Giftgaseinsatzes rund 50 Prozent der Befragten gegen einen militärischen Angriff auf Syrien aus. 42 Prozent stellten sich hinter einen Einsatz, aber nur zwölf Prozent erklärten, ein militärisches Eingreifen liege im Interesse der nationalen Sicherheit der USA.

Rückhalt bröckelt

Obamas Berater wollten sich nicht dazu äußern, wie der Präsident reagiert, wenn der Kongress einen Einsatz gegen Syrien ablehnt. Sollte er trotzdem einen Angriff autorisieren, würde er wahrscheinlich die Mitglieder des Kongress als Quertreiber darstellen, die einen Autokraten Zivilisten töten lassen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. "Hier ist meine Frage an jedes Mitglied des Kongresses und jedes Mitglied der globalen Gemeinschaft: Welche Botschaft senden wir, wenn ein Diktator in aller Öffentlichkeit Hunderte Kinder vergasen kann und keinen Preis dafür zahlt?", erklärte Obama am Samstag.

Bisher haben sich die USA aus dem syrischen Bürgerkrieg weitgehend herausgehalten. Obama hat jedoch bereits im vergangenen Jahr erklärt, mit dem Einsatz von Chemiewaffen wäre für ihn eine rote Linie überschritten, die USA wären dann zum Handeln gezwungen. In der vergangenen Woche schien kein Zweifel daran zu bestehen, dass Obama zu seinem Wort steht. Erste Zerstörer im Mittelmeer wurden in Bereitschaft versetzt, Verteidigungsminister Chuck Hagel erklärte, die Truppen seien einsatzbereit. Außenminister John Kerry plädierte vor einer zurückhaltenden Öffentlichkeit zwei Mal für eine robuste Reaktion.

Im Verlauf der Woche bröckelte jedoch der internationale Rückhalt für Obama. Dass Russland ein militärisches Eingreifen ablehnte, kam nicht überraschend. Dann erklärte die NATO, sie werde einen Angriff nicht unterstützen. Der schwerste Dämpfer für die US-Regierung kam jedoch aus London, wo das Parlament sich gegen eine Beteiligung an einem Militärschlag aussprach und damit Premierminister David Cameron blamierte.

Verschoben oder aufgehoben?

Trotz all dieser Rückschläge war Obama bereit, ohne Zustimmung der Vereinten Nationen und des Kongresses zu handeln. Dann aber änderte der Präsident am Freitag seine Meinung. Nach einem langen Spaziergang im Garten des Weißen Hauses mit seinem Stabschef rief Obama seine ranghöchsten Berater zusammen und teilte mit, er werde zunächst den Kongress um eine Einschätzung bitten.

Damit verzögert sich ein möglicher Angriff um mindestens eine Woche. Die US-Abgeordneten kehren erst am 9. September aus der Sommerpause zurück. Im Repräsentantenhaus und dem Senat wird damit erst in der übernächsten Woche über einen Beschluss zum Syrien-Einsatz beraten.

Noch vor dem Kongressvotum wird Obama mit den internationalen Begleiterscheinungen seiner Entscheidung konfrontiert. Er bricht in der kommenden Woche zu einer Auslandsreise auf, die ihn nach Schweden und zum G-20-Gipfel nach St. Petersburg führt. Dort trifft er auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin, einen von Assads engsten Verbündeten.

Putin hat Obama gebeten, die Folgen eines militärischen Einsatzes in Syrien genau abzuwägen. Er wende sich mit dieser Bitte nicht an einen Regierungschef, sondern an einen Friedensnobelpreisträger, erklärte der Kremlchef.

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