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Israel: So kann Deutschland im Gaza-Krieg helfen


Tagesanbruch
Auch Deutschland brauchte Hilfe von außen

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 30.10.2023Lesedauer: 5 Min.
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Nahostkonflikt - Gaza-StadtVergrößern des Bildes
Rauch und Flammen steigen über Gaza-Stadt auf, nachdem israelische Streitkräfte ein Hochhaus angegriffen haben. (Quelle: Bashar Taleb/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa/dpa)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

die "nächste Phase" des Krieges hat begonnen, sagt das israelische Militär. Was das konkret heißt? Daniel Hagari, Sprecher der israelischen Armee, sagte am Sonntag: "Der Umfang der Streitkräfte im Gazastreifen wird schrittweise ausgeweitet." Von einer Bodenoffensive wollte er nicht sprechen. Der Krieg ist also in vollem Gange, das Ziel klar: Die Hamas soll ein für alle Mal der Geschichte angehören.

Für die Zivilbevölkerung in Gaza bedeutet das: unendliches Leid. Tausende Menschen auf der Flucht. Es ist ein Horror.

Und doch gilt: Israel verteidigt sich. Zu Recht. Ein schwer auszuhaltender Gegensatz.

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Einigen fällt die Solidarität mit Israel nach dem Terrorangriff der Hamas schwer. Lediglich 58 Prozent der Menschen in Deutschland halten einer aktuellen Umfrage zufolge die israelische Reaktion für angemessen. Warum eigentlich?

1. Natürlich sind Teile der deutschen Gesellschaft geprägt vom "Nie wieder". Aufgrund unserer Geschichte sollten wir dreimal überlegen, was wir gutheißen. Kein Krieg ist ein guter Krieg, nicht in Afghanistan, nicht in der Ukraine, nicht in Gaza. Jeder Krieg muss so schnell wie möglich beendet werden. Doch das Recht zur Verteidigung muss manchmal im Vordergrund stehen. Jeder Frieden braucht eine Grundlage.

2. Die Übermacht des israelischen Staates. In Israel regiert eine rechtsgerichtete Regierung, die israelische Armee ist der Hamas militärisch absolut überlegen. Das ist richtig, jedoch muss sich der Staat nach dem brutalen Angriff der Hamas gegen sie zur Wehr setzen.

3. Die Geschichte des Nahostkonflikts. Seit der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 ist es kompliziert. Fehler wurden auf beiden Seiten gemacht. Ob überhaupt ein Frieden möglich gewesen wäre? Wer mag das mit Sicherheit sagen.

Um all diese Fragen geht es in diesen Tagen nicht. Vor allem nicht um den Blick zurück. Es geht darum, den Menschen in Israel beiseite zu stehen in diesen dunklen Stunden. Nach dem unglaublichen Terror, der ihnen am 7. Oktober widerfahren ist.

Am Freitag war es ausgerechnet Außenministerin Annalena Baerbock, die nicht vermochte, an der Seite Israels zu stehen. In der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York hatten Staaten wie Russland, Nordkorea, die Türkei und Saudi-Arabien eine Resolution eingebracht, in der beide Seiten zu einer sofortigen Waffenruhe aufgefordert wurden (hier das Original auf Englisch). Kanadas Versuch, darin auch "Terrorattacken der Hamas" zu erwähnen, fand nicht genügend Stimmen. Viele Staaten lehnten die Resolution daraufhin ab. Baerbock kritisierte zwar die "mangelnde Ausgewogenheit" des Textes, konnte sich aber gerade einmal zu einer Enthaltung durchringen.

Nun kann man das Diplomatie nennen. Deutschland wolle die Gesprächskanäle zu den arabischen Staaten nicht gefährden, hieß es anschließend. Doch Solidarität mit Israel wäre hier bitter nötig gewesen.

Wie kann eine sinnvolle Position Deutschlands im Nahostkonflikt aussehen? Im Krieg sind wohlfeile Ratschläge von außen per se schwierig. Israel wird jegliche Schwächung seiner Position immer als Affront werten.

Deutschland täte deshalb gut daran, Israel mit einem in die Zukunft gerichteten Blick beizustehen. Der Krieg ist bereits da. Die zentrale Frage ist, wie es danach weitergehen kann.

Ich sehe die Ruinen in Gaza und fühle mich unweigerlich an deutsche Städte am Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert. Wir selbst mussten nach 1945 aus Ruinen auferstehen. Die Situation ist zwar nicht vergleichbar mit der in Gaza. Trotzdem lassen sich aus unserer Geschichte Lehren ziehen.

In Westdeutschland wurden damals demokratische Verfassungen und Parlamente geschaffen, die am Boden liegende Wirtschaft wieder aufgebaut, gesellschaftliche Strukturen wie Presse, Polizei, Parteien neu geformt. Das funktionierte nur mit vielfältiger Unterstützung von außen. Nach 1990 wurde im Osten Ähnliches versucht. Aus dem, was hierzulande gelungen ist, aber auch aus dem, was falsch gelaufen ist, können wir viele Erfahrungen weitergeben.

Nach dem Krieg in Gaza muss dort eine neue, demokratische Gesellschaft aufgebaut werden. Diese wäre die Grundlage für einen nachhaltigen Frieden in Nahost. Dazu braucht es praktische Unterstützung für eine Zeit nach der Hamas. Und auch Hilfe im Sinne der Aufklärung, damit der Hass aus den Köpfen der Menschen weicht.

Deutschland könnte hier mit den Erfahrungen seiner eigenen Geschichte wertvolle Hilfestellung leisten. Dafür bedarf es aber zunächst einer klaren Haltung im Nahostkonflikt. Terror muss als solcher benannt und bekämpft werden. Ohne Wenn und Aber.


Jagd auf Juden

Sonntagabend in der russischen Teilrepublik Dagestan. Am Flughafen in Machatschkala trifft eine Maschine mit Flüchtlingen aus Tel Aviv ein. Eine wütende Menschenmenge sammelt sich vor dem Flughafen. Bilder in sozialen Medien zeigen, wie der aufgebrachte Mob einen eingeschüchterten Mann bedrängt und ihm den Pass abnimmt. Wenig später stürmt die Menge das Rollfeld, auf der Suche nach Juden.

Auf Telegram veröffentlichte Videos zeigen, wie Männer Zäune durchbrechen, Türen im Terminal eintreten und versuchen, Autos beim Verlassen des Flughafens zu kontrollieren. Ein Video zeigt auch einen Mann, der ein Schild mit der Aufschrift "Kindermörder haben keinen Platz in Dagestan" hochhält. Andere Menschen rufen "Allahu Akbar" (Gott ist groß). Schließlich musste der Flughafen gesperrt werden und Flugzeuge wurden umgeleitet.

Schockierende, unbegreifliche Bilder. Menschen machen Jagd auf Juden. Was geht nur in den Köpfen solcher Leute vor?

Dagestans Republikchef Sergej Melikow hat die Bevölkerung inzwischen aufgerufen, sich nicht von Extremisten aufstacheln zu lassen. Auch die islamische Geistlichkeit der Region stellte klar: "Der Antisemitismus hat keinen Platz im multiethnischen Nordkaukasus."


Was steht an?

Anfang des Jahres schrumpfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch, im zweiten Quartal stagnierte es bei 0,0 Prozent. Nun gibt um 10 Uhr das Statistische Bundesamt das BIP für das dritte Quartal bekannt. Nachdem Wirtschaftsminister Robert Habeck spätestens für das nächste Jahr wieder ein deutliches Wachstum erwartet, sind die neuen Zahlen zumindest ein Indikator, ob und wie schnell tatsächlich mit einem Aufschwung zu rechnen ist.

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Die deutschen Fußballfrauen sind auf Island angekommen. In Reykjavik findet das Abschlusstraining vor dem Spiel der Nations League am Dienstagabend statt. Das Spiel wird vom ZDF nur in einem Livestream im Internet gezeigt – weil zeitgleich das DFB-Pokalspiel Kaiserslautern gegen den 1. FC Köln läuft.


Es ist bereits die dritte größere Afrika-Reise von Olaf Scholz. Zum Vergleich: Seine Vorgängerin Angela Merkel brauchte fast zwei Jahre, um überhaupt nach Afrika aufzubrechen. Scholz hat sich vorgenommen, Kontinente wie Afrika und Lateinamerika stärker in den Blick zu nehmen. Er will sie nicht dem Einfluss von Ländern wie China und Russland überlassen. Mit Nigeria besucht er nun das bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Land des Kontinents. Am Abend reist er weiter ins westafrikanische Ghana.


Was lesen?

Bei dem Besuch des Kanzlers in Nigeria wird es auch um Migration gehen. Meine Kollegin Sara Sievert schreibt, wie es Olaf Scholz hier gelingen könnte, sein Versprechen einzulösen, abgelehnte Asylbewerber schneller abzuschieben.


Der stellvertretende ukrainische Energieminister Yaroslav Demchenkov reiste vergangene Woche nach Berlin. Bei einem Besuch im Newsroom von t-online erzählte er meinen Kollegen Frederike Holewik und Florian Schmidt, warum die Ukraine den Winter nicht nur militärisch fürchtet. "Russland setzt Energie als Waffe ein", berichtet er.


Ohrenschmaus

"Ein Refrain, der jeder Trennung seine Schwere nimmt", urteilte die Münchner Abendzeitung vor etwas mehr als zehn Jahren über den folgenden Song. "Die Stadt gehört wieder mir" empfehle ich allen, die sich in diesen Herbsttagen – aus welchen Gründen auch immer – von etwas verabschieden.


Zum Schluss

Allen unter Ihnen, die morgen einen Feiertag genießen dürfen, hat unser Karikaturist ein Bild gewidmet.

Hier im mehrheitlich unchristlichen Berlin sind wir sowohl am Reformationstag als auch an Allerheiligen zu Ihren Diensten. Ich wünsche Ihnen, dass Sie zumindest einen der beiden Feiertage genießen können. Morgen ist Florian Harms wieder zurück im Dienst und schreibt an dieser Stelle.

Herzliche Grüße

Ihr
Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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