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Migration, Terror, Ukraine-Krieg: Der EU sind fünf wichtige Schritte gelungen


Tagesanbruch
Diese Beschlüsse helfen Millionen Menschen

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 21.12.2023Lesedauer: 5 Min.
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EU-Gebäude in Brüssel.Vergrößern des Bildes
EU-Gebäude in Brüssel. (Quelle: F. Harms)

Guten Morgen liebe Leserin, lieber Leser,

"hast du einen Opa, schick ihn nach Europa", unkte man früher im Politikbetrieb: Parteien pflegten altgediente Abgeordnete und Ex-Minister aufs Abstellgleis nach Brüssel zu schieben. Dort sollten sie im Europaparlament oder in der EU-Kommission ihre Pfründe vervespern, ohne die Kreise der nationalen Politik zu stören.

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Heute könnte der Spruch nicht falscher sein. Das Ansehen der europäischen Institutionen mag in vielen Mitgliedsländern zwischen mau und miserabel schwanken, und natürlich lässt sich berechtigte Kritik am Wasserkopf, am leichthändigen Umgang mit Steuergeld und an mancher drolligen Verordnung üben. Aufs Ganze gesehen schreiben die EU-Behörden und das EU-Parlament jedoch eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Sie garantieren den Zusammenhalt des Kontinents im Krisensturm aus Überschuldung, Pandemie, Krieg und Klimakrise, vereinen die konträren Interessen zwischen Bretagne und Baltikum, Nordsee und Mittelmeer.

Fünf aktuelle Entscheidungen zeigen, wie weitreichend Europapolitik die Geschicke der 450 Millionen EU-Bürger prägt:

ERSTENS: Nach jahrelangen Verhandlungen nehmen die Mitgliedstaaten Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine auf. Kanzler Olaf Scholz hat durch geschicktes Taktieren den Widerstand des Ungarn Viktor Orbán gebrochen; im entscheidenden Moment schickte der Kanzler den Autokraten vor die Tür. Die Bedeutung des Signals ist kaum zu überschätzen. Selbstverständlich wird die Ukraine dem Staatenbund nicht schnell beitreten, vorher muss sie ihren Rechtsstaat festigen, die Korruption eindämmen und Handelsregeln anpassen. Auch die EU sollte ihre Prozesse reformieren, und natürlich muss erst der Krieg enden. Aber der geschundenen Bevölkerung verleiht die Beitrittsperspektive Kraft, um das Kriegsgrauen weiter durchzustehen – während sie Putin und allen anderen Aggressoren ein Stoppschild setzt: Wer Völkerrecht bricht, macht Demokratien nur noch stärker.

ZWEITENS: Von der breiten Öffentlichkeit unbemerkt, haben EU-Parlamentarier mit der EU-Kommission ein wegweisendes Gesetz ausgehandelt: Der European Media Freedom Act schützt Journalisten in ganz Europa vor staatlicher und ökonomischer Einflussnahme und garantiert allen EU-Bürgern den Zugang zu unabhängigen und vielfältigen Medien. Zugleich setzt er Digitalkonzernen wie Meta/Facebook und TikTok engere Leitplanken; diese müssen ihre Algorithmen künftig transparenter gestalten. Nach den Morden an Journalisten in Malta und der Slowakei, nach Angriffen auf die Pressefreiheit in Ungarn und Polen, aber auch nach dem Bespitzeln von Journalisten in Frankreich und Deutschland stärkt das neue Gesetz die Medienfreiheit in ganz Europa – und stellt sicher, dass Millionen Menschen sich aus unabhängigen Quellen informieren können. Wer in Russland sieht, wie eine ganze Gesellschaft durch Staatspropaganda gehirngewaschen werden kann, wird die Bedeutung dieses Schritts nicht groß genug einschätzen.

DRITTENS: Auf Basis der "Terrorist Content Online-Verordnung" des Europaparlaments hat die Bundesregierung ein Gesetz gegen Hetze und Terrorpropaganda im Internet erlassen. Die Kollegen der "Süddeutschen Zeitung" widmeten ihm gestern eine ganze Seite und beschrieben, wie erfolgreich das Bundeskriminalamt dank dieser Vorschrift die Machenschaften der Hamas, des "Islamischen Staats" und anderer Terrorgruppen durchkreuzen kann: Reagieren Plattformen wie Telegram nicht schnell auf Aufforderungen zum Löschen von Propagandakanälen, verschickt das BKA eine "Entfernungsanordnung" – und schon spuren die Telegram-Chefs, weil sie andernfalls hohe Strafgelder fürchten müssen. So verhindern EU-Recht und die Polizei, dass Islamisten hierzulande noch mehr Gewalttäter aufstacheln.

VIERTENS: Zehn Jahre lang haben sich die EU-Staaten gegenseitig beim Streitthema Asyl und Migration blockiert. Unter dem Druck der illegalen Zuwanderung drohte die Union schier zu zerbrechen. Nach dem Brexit drohten Nationalisten in Frankreich und Italien mit Frexit und Italexit; hierzulande trommelt die AfD für den Dexit. Eine Verständigung schien zwischen der einwandererfeindlichen Politik osteuropäischer Staaten und den hohen humanen Standards Deutschlands unmöglich zu sein. Deshalb endete ein Gipfeltreffen nach dem anderen ergebnislos, während Rechtspopulisten allerorten erstarkten.

Doch nun hat die EU-Kommission einen Durchbruch erzielt: Der gestern vermittelte Asylkompromiss enthält weitreichende Beschlüsse, darunter verstärkte Außengrenzen, die Prüfung des Rechts auf Asyl noch vor Betreten europäischen Bodens und eine halbwegs faire Verteilung von Migranten auf die Mitgliedsstaaten. "Das ist ein historischer Augenblick", schreibt unser Politikchef Christoph Schwennicke. Rechten Parteien wie der AfD könnte der Kompromiss mittelfristig das Wasser abgraben.

FÜNFTENS: Nach monatelangem Feilschen haben sich die EU-Finanzminister gestern Abend auf eine Reform der europäischen Schuldenregeln verständigt. Klamme Staaten sollen ihre Haushaltsdefizite künftig konsequenter abbauen. Gleichzeitig erleichtert die Regelung große Investitionen – eine Steilvorlage, um die Reform der deutschen Schuldenbremse anzugehen.

Es sind fünf Richtungsentscheidungen, die ohne die EU unmöglich gewesen wären. Die das Leben von Millionen Menschen verbessern können. Das sollte man anerkennen – oder noch besser: weitererzählen. In einer Zeit der Dauerkrisen und des Dauermotzens braucht es mehr inspirierende Botschaften. Und der Europa-Opa? Gehört in die Mottenkiste.


Was steht an?

Eine hustet, der andere schnupft: In diesen Tagen kann man den Eindruck bekommen, das halbe Land liege flach. Ob es im jeweiligen Fall Corona, die Grippe oder eine Erkältung ist, lässt sich oft gar nicht so genau sagen. Aber natürlich will jeder pünktlich zum Fest wieder fit und bratenaufnahmefähig sein. Mir hilft seit Jahren das Hausmittel Zink: Spüre ich das erste Kratzen im Hals, werfe ich eine Tablette ein und setze diese Kur dann mehrere Tage lang fort. Das verschont mich verlässlich vor dem Ärgsten. Aber natürlich ist jeder Organismus anders gestrickt. Deshalb habe ich mit Interesse gelesen, was der Intensivmediziner Christian Karagiannidis über die geballte Virenlast erzählt.


Im Streit um eine europäische Super-Fußball-League trifft der Europäische Gerichtshof eine Grundsatzentscheidung. Spanische Klubs wie der FC Barcelona und Real Madrid wollen eine Konkurrenz zur Champions League aufbauen, um mehr Geld zu scheffeln. Der Uefa werfen sie vor, ihre beherrschende Stellung zu missbrauchen. Die deutschen Vereine hingegen finden die Superpläne doof.


Seit 1992 verschickte ein Erpresser 360 Postkarten im gesamten Bundesgebiet: Den Empfängern drohte er mit einer Briefbombe, wenn sie nicht sofort Geld bezahlten. Nun ist es der Kriminalpolizei in Kempten gelungen, einen Tatverdächtigen zu ermitteln. Heute informiert sie über Details.


Falls Sie noch Geschenke brauchen oder aus Jux draußen unterwegs sind, seien Sie vorsichtig: Der Deutsche Wetterdienst warnt im Norden vor Sturmböen, an der Küste auch vor Sturmflut. Sogar in Bayern werden Böen bis 100 km/h erwartet.


Ohrenschmaus

Wie kommen Sie heute sicher durch den Sturm? Mit Türen im Ohr!

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Ein US-Gericht hat Donald Trump verboten, an den republikanischen Vorwahlen für die Präsidentschaftswahl in Colorado teilzunehmen. Unser Außenpolitikredakteur Patrick Diekmann erklärt Ihnen, warum sich Demokratiefreunde trotzdem nicht zu früh freuen sollten.


Aus Frust über den Ampel-Sparplan wollen Bauern gemeinsam mit Handwerkern, Bäckern und Spediteuren Deutschland lahmlegen. Was ist dran an der Drohung? Mein Kollege Matti Hartmann hat nachgehorcht.


Sie überlegen noch, ob Sie an Weihnachten in die Kirche gehen? Es kann so unterhaltsam sein!


Zum Schluss

Jedes Jahr dasselbe …

Ich wünsche Ihnen einen liebevollen Tag.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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