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Putin poltert bei seiner Rede zur Lage der Nation: Trifft zynische Aussage


Einordnung der Rede zur Lage der Nation
Kremlchef poltert – und trifft zynische Aussage


Aktualisiert am 21.02.2023Lesedauer: 6 Min.
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Putins Rede zur Lage der Nation: Der Präsident machte am Dienstag eine große Ankündigung. (Quelle: reuters)

Die Rede wurde mit Spannung erwartet: Am heutigen Dienstag ist Kremlchef Wladimir Putin nun vor die Föderale Versammlung getreten. Seine wichtigsten Aussagen im Check.

Kurz vor dem Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine hat Kremlchef Wladimir Putin eine Rede zur Lage der Nation gehalten. Die Föderale Versammlung trat dazu in Kremlnähe zusammen. Was hat der russische Präsident gesagt – und wie sind seine Aussagen einzuordnen? Ein Überblick:

  • 10.05 Uhr: Putin spricht von einer "Bedrohung" eines Neonazi-Regimes in der Ukraine. Russland sei dazu gezwungen worden, die Spezialoperation durchzuführen. Damit bedient Putin bereits mit den ersten Sätzen seiner Ansprache die in Russland übliche Kriegspropaganda, nach der sich Russland verteidige. Tatsächlich war Russland am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert.
  • 10.13 Uhr: "Man braucht eine ehrliche Partnerschaft", sagt Putin. Er meint, Russland sei bereit zu Gesprächen, auch mit dem Westen, doch auf Angebote seien Antworten ausgeblieben oder solche gefolgt, die "verlogen" seien. Putin stellt damit Russland in einer Opferrolle dar, hatte in der Vergangenheit aber immerzu Maximalforderungen gestellt, die beispielsweise für die Ukraine untragbar waren.
  • 10.20 Uhr: Der Westen ist Putin zufolge "heuchlerisch" geworden. Er holt zu einem großen Aufschlag aus, beginnt mit der Nato-Osterweiterung. "Sie haben den Krieg begonnen. Wir wenden Gewalt an, um ihn zu beenden!" Dafür erhält der Kremlchef Applaus.
  • 10.22 Uhr: Herde der Instabilität an den Grenzen bedrohten Russland, sagt Putin, die Aggression gegen den Osten zu entfachen sei das Ziel. "Wir führen keinen Krieg mit der Ukraine", sagt Putin. Er bleibt also dabei, dass es sich um eine "Spezialoperation" handelt, eine Zuspitzung seiner Rhetorik findet in dieser Hinsicht nicht statt.
  • 10.23 Uhr: Das ukrainische Regime bediene die Interessen der Drittländer, so der Kremlchef. Der Westen nutze die Ukraine aus. Und weiter: "Je weitreichender die Waffensysteme geliefert werden, desto mehr werden wir gezwungen sein, diese Bedrohung von unseren Grenzen fernzuhalten." Auch damit spielt Putin darauf an, dass Russland sich nur verteidige, statt selbst Aggressor zu sein.
  • 10.25 Uhr: "Die Geistlichen werden gezwungen, gleichgeschlechtliche Ehen gutzuheißen", sagt Putin nun und wiederholt seine Ablehnung gegenüber Homosexualität und Queerness im Allgemeinen. "Niemand möchte sich in das private Leben einmischen, aber schauen Sie sich doch die Heilige Schrift an, da steht doch alles geschrieben: Dass die Ehe eine Union zwischen Mann und Frau ist. Aber selbst diese Heiligen Schriften werden heute in Zweifel gezogen." Die englische Kirche plane die Idee eines genderneutralen Gottes. "Gott vergib uns, denn sie wissen nicht, was sie tun!", meint Putin, die englische Kirche werde in eine "geistige Katastrophe" geführt. Er spult damit die üblichen Phrasen herunter, die seine tiefe Verachtung gegenüber dem liberalen Westen zum Ausdruck bringen.
  • 10.27 Uhr: Putin dankt den "Helden Russlands", auch denen, die sich an der "Spezialoperation" beteiligen, die die Front versorgen, auch den Ehefrauen der Eingezogenen. In Russland ist die Zustimmung zur "Spezialoperation" nicht sehr hoch, allerdings gibt es einen großen Teil in der Bevölkerung, der sie hinnimmt. Mit dem Dank appelliert Putin daran, dass die Teilnahme daran auch als "patriotischer Akt" verstanden wird. Der Kremlchef erhält dafür viel Applaus.
  • 10.32 Uhr: Gedenkmoment für Verstorbene. Die Anwesenden stehen auf.
  • 10.34 Uhr: Putin bittet die Regierung um einen staatlichen Fonds. Damit wendet er den Blick zunächst in das Landesinnere. Der Fonds bezieht sich auf die Versorgung russischer Regionen. Putin spricht dann auch von den "neuen Gebieten", auch dort solle es soziale Hilfsprogramme geben. Gemeint sind die völkerrechtswidrig annektierten vier ukrainischen Regionen. Diese Gebiete hätten die Wahl getroffen, bei Russland zu sein, meint Putin. Dabei ignoriert der Kremlchef, dass die Abstimmungen unter massivem Druck und nach dem gewaltsamen Einmarsch russischer Truppen entstanden waren.
  • 10.40 Uhr: "Wir müssen aktiv die neuesten Technologien einführen", sagt Putin nun. Er fordert mehr heimische Produktion moderner Technologie, die sei "viel besser" als die des Auslands. Russland habe viele gut ausgebildete Menschen. Tatsächlich waren infolge der Mobilisierung Hunderttausende Expertinnen und Experten aus dem Land geflohen oder in den Militärdienst eingezogen worden. Während der Rede ist auffällig, dass Putin sich häufig räuspert.
  • 10.42 Uhr: Putin will ein Sonderprogramm für Wohnungskredite, um die Menschen zufriedenzustellen. Die soziale Not ist durch den Krieg in Russland größer geworden. Aufmerken lässt, dass er unter anderem sagt, dass dabei vor allem Städte mit Rüstungsindustrie und entsprechender Wissenschaft wichtig seien. Im Vorfeld der Rede war spekuliert worden, ob der russische Präsident eine Kriegswirtschaft ausrufen wird. Bisher ist dies ausgeblieben.
  • 10.44 Uhr: Nun widmet Putin sich den Sanktionen. Man habe Russland gesagt, dass die Wirtschaft zerbreche. Dabei sei der Rubel stärker geworden.
  • 10.50 Uhr: Die Arbeitslosigkeit sei auf einem historischen Tief, meint Putin. "3,7 Prozent, glaube ich", sagt Putin. Dann fragt er: "3,7? Ja, 3,7."
  • 10.55 Uhr: Putins spricht nun über die Gestaltung und Modernisierung der russischen Wirtschaft. Er fordert seine Regierung auf, den Weg für bestimmte Projekte freizumachen, unter anderem sollten im Steuersystem Hürden fallen. Mit Blick auf die Wirtschaft sagt Putin: "Russland muss kein Geld im Ausland leihen. Die russischen Banken arbeiten stabil und zuverlässig." Russland werde die "Gasifizierung" weitertreiben, sagt Putin. Damit ist gemeint, Haushalte an die Gasversorgung anzuschließen. Ein Vorhaben, das eigentlich bereits abgeschlossen sein sollte.
  • 11.05 Uhr: Putin kommt auf Oligarchen zu sprechen, meint, er habe kein Mitleid mit denen, die im Ausland Geld anlegen und jetzt alles verloren hätten. "Machen Sie neue Projekte, investieren Sie in Russland", sagt er. Viele Oligarchen waren infolge des russischen Einmarschs in die Ukraine mit Sanktionen belegt worden.
  • 11.08 Uhr: Putins Rede bringt bisher wenig Neues. Auch nach gut einer Stunde poltert er gegen den Westen, der Russland zugrunde richten wolle und isoliere. Dabei bedient er die Opferrolle seines Propaganda-Apparats immer wieder.
  • 11.14 Uhr: Putin spricht nun über das russische Volk. "Dies ist unsere Zivilisation und das ist das Wichtigste. Wir müssen das bewahren für unsere Nachkommen." Das russische Volk sei immer "großzügig" gewesen. "Wir werden nie jemandem in den Rücken fallen", sagt Putin. Das dürfte vor allem in der Ukraine als zynisch verstanden werden, weil Russland das Land vor gut einem Jahr mit Raketenangriffen und einmarschierenden Soldaten überfallen hatte. Doch Putin treibt sein Narrativ vom aufopferungswilligen Volk weiter: "Wir haben in der Pandemie Italien geholfen", sagt er. Auch helfe man jetzt in Syrien und der Türkei. "Aber wenn es eine Bedrohung gibt, werden wir keinen Schritt nach hinten tun."
  • 11.30 Uhr: Nach etwa eineinhalb Stunden spricht Putin über wirtschaftliche und soziale Themen. Das Publikum wirkt teilweise abwesend, ein Wirtschaftsberater Putins starrt auf den Boden. "Die Regierung hat eine klare Aufgabe", sagt der Kremlchef. Wir brauchen ein spürbares Wachstum der Gehälter in Russland." Man wolle weiter den Mindestlohn steigen lassen, trotz der Inflation. Ab 1. Januar 2024, so kündigt es Putin an, gebe es eine weitere Erhöhung der Gehälter.
  • 11.46 Uhr: Putin sagt, Russland werde die Zusammenarbeit beim Abrüstungsvertrag "New Start" anhalten. Es handele sich nicht um einen Ausstieg, sondern um eine Aussetzung des Vertrags. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • 11.48 Uhr: "Liebe Kollegen, liebe Bürger", sagt Putin, "heute sind wir in einer schwierigen Situation". Er appelliert an den Zusammenhalt des russischen Volkes und nähert sich dem Ende seiner Rede. "In den Gebieten kämpfen Menschen für ihre Heimat", sagt er. Damit will er offenbar die Moral hochhalten: Viele Menschen in Russland waren davon ausgegangen, dass die Kämpfe in der Ukraine nach wenigen Wochen oder Monaten zugunsten Russlands entschieden sein würden. Doch nun zieht sich der Krieg seit einem Jahr in die Länge.
  • 11.51 Uhr: Die Redet endet. Danach wird die Nationalhymne gespielt.

Nach fast zwei Stunden Rede wird deutlich: Putin hatte zur Rede der Lage der Nation nicht viel Neues mitgebracht. Das Narrativ, das sich wie ein roter Faden durch die Rede zog, war altbekannt: Alle arbeiten gegen Russland, Russland werde isoliert und die Regierung und das Volk hätten gar keine andere Wahl als zur reagieren. Insbesondere in der Ukraine wurde das bereits während der Rede als "weltfremd" aufgefasst.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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