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Wie Ganztagsbetreuung das Familienleben verändert


Wie Ganztagsbetreuung das Familienleben verändert

t-online, Sabine Caron

01.06.2010Lesedauer: 4 Min.
Betreuerin blättert mit zwei Kleinkindern in einem Kinderbuch.Vergrößern des BildesGanztagsbetreuung hilft für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. (Bild: imago)
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Immer mehr Kinder werden ganztags, also sieben Stunden pro Tag oder mehr, fremdbetreut. Bund und Länder haben sich zum Ziel gesetzt, die Möglichkeiten der ganztägigen außerhäuslichen Betreuung auszubauen. Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist das erklärte Ziel. Und auch für die Kinder biete die Ganztagsbetreuung mehr Chancengleichheit. Aber was bedeutet die Ganztagsbetreuung für die Familie, insbesondere die Mutter-Kind-Beziehung? Leidet das Verhältnis durch die fehlende Zeit oder profitiert die Beziehung, etwa aufgrund höherer Zufriedenheit der Mutter?

Politisch geförderte Ganztagsbetreuung

Ganztagsbetreuung ist politisch gewollt und wird auf Bund- und Länderebene gefördert - sowohl bei den unter Dreijährigen, als auch bei Kindergarten- und Schulkindern. Am 7. November 2008 wurde das „Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege“ (KiföG) vom Bundestag verabschiedet. Ziel ist es , im Jahr 2013 europäisches Niveau zu erreichen, indem für jedes dritte Kind unter drei Jahren ein Betreuungsplatz geschaffen wird. Im Mai 2003 startete das Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung", ein Gemeinschaftsprojekt von Bund und Ländern zum Auf- und Ausbau der Ganztagsschulen.

Warum Ganztagsbetreuung?

Politisch wird der Ausbau der Ganztagsbetreuung für Kleinkinder, Kindergarten- und Schulkinder mit einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf und mit einer verbesserten Chancengleichheit für alle Kinder von Anfang an begründet. Der Ganztagsbetrieb erlaube ein „Mehr“ durch individuelle Förderung und die Verknüpfung von Lern- und Freizeit. Kinder, die im Elternhaus nur unzureichend unterstützt oder deren Eltern mit der Erziehung aus verschiedensten Gründen überfordert sind, können so aufgefangen werden, sozial benachteiligte Kinder könnten systematisch und besser gefördert werden.

Gibt es langfristige Auswirkungen der Ganztagsbetreuung?

Die Frage der langfristigen Auswirkungen von Ganztagsbetreuung hängt ganz maßgeblich mit dem Alter der Kinder, also der Phase der Betreuung, und mit der Qualität der Betreuung zusammen. Besonders die Betreuung von Kindern unter zwei oder drei Jahren ist weiterhin umstritten. „Fremdbetreuung“ sei weiterhin „ein emotional ambivalent besetztes Thema“, so Martin Textor in seinem Online-Handbuch Kindergartenpädagogik“. Die Studie vom „National Institute of Child Health and Human Development“ (NICHD) aus dem Jahr 2007 gilt als die größte, umfassendste und am längsten angelegte Untersuchung zur Kinderbetreuung in den USA. Sie beschäftigt sich mit der Frage der langfristigen Auswirkungen früher und ganztägiger Fremdbetreuung auf die Entwicklung der Kinder und die Mutter-Kind-Beziehung.

Folgen früher Fremdbetreuung

Die Studie kommt zwar zu dem Ergebnis, dass die Kinder in den ersten Jahren einen kognitiven Vorsprung haben, dieser verliert sich aber mit dieser Zeit. Viel wichtiger aber: Kinder, die schon früh ganztags fremdbetreut wurden, weisen deutlich häufiger aggressives und auffälliges Verhalten auf. (Ganztagsschule in Deutschland: Heinz-Günter Holtappels u.a.). Je mehr Zeit die Kinder zuvor in Fremdbetreuung verbracht hatten, umso mehr Verhaltensauffälligkeiten und Konflikte mit Erwachsenen zeigten sie laut ihren Müttern, Betreuer/innen und/oder Lehrer/innen. Allerdings schienen die genannten Auswirkungen einer längeren Fremdbetreuung noch größer zu sein, wenn diese bereits in den ersten sechs Lebensmonaten des Kindes begonnen hatte (NICHD Early Child Care Research Network 2003a). Kinder, die von der Verwandtschaft betreut wurden, waren nicht betroffen. Obwohl es sich eher um graduelle, denn um klinische Befunde handelt, raten Experten wie der Pädagoge Burkhard Behnke die Befunde ernst zu nehmen: „Die Ergebnisse der neuen NICHD–Studie unterstreichen Erkenntnisse der Psychologie, insbesondere der Psychoanalyse, dass die emotionale Seite in den ersten Lebensjahren eines Menschen von erstrangiger Bedeutung ist und einer persönlichen, kontinuierlichen und umfassenden Zuwendung bedarf."

Ausschlaggebend: Die Qualität der Einrichtung

In vielen Studien wird die Bedeutung der Qualität betont, die unter anderem beeinflusst wird durch den Erzieherinnen-Schlüssel, die Stetigkeit der Betreuung und die Qualität der Eingewöhnungsphase. In deutschen Krippen ist der Schlüssel mit 1:6 oder schlechter deutlich niedriger als beispielsweise in Schweden, wo er bei 1:4 liegt. Das verringert die Möglichkeiten, individuell auf die Kinder zu reagieren. Das sei ebenso schädlich für das Bindungs- und Sozialverhalten wie häufig wechselnde Betreuerinnen. Im Hinblick auf die Eingewöhnungsphase verweisen Untersuchungen darauf, dass unter Einjährige abrupte negative Eintrittserfahrungen nicht auf die Mutter beziehen und deshalb auch die Mutter-Kind-Bindung nicht gestört wird. Bei Kindern über eineinhalb Jahren sähe das anders aus: Sie lasten ihre negativen Erfahrungen sehr wohl der Mutter an und reagieren bei einer überfordernden Eingewöhnungsphase „zutiefst enttäuscht“.

Verändern Ganztagsschulen das Familienleben?

Die Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (STEG) hinterfragt die individuellen Wirkungen des Besuchs einer Ganztagsschule. Im Rahmen dieser Befragung, an der sich 14 Bundesländer beteiligen, werden sowohl Eltern als auch Schülerinnen und Schüler befragt. Die Elternbefragung der STEG-Studie 2005 kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Beziehungen zur Mutter und zum Vater eher verbessern als verschlechtern. Nur jeweils vier Prozent der Befragten gaben an, die Beziehung zur Mutter beziehungsweise zum Vater habe sich verschlechtert, während elf beziehungsweise acht Prozent eine Verbesserung angaben. Kinder und Jugendliche wurden im Rahmen dieser Studie nach gemeinsamen Aktivitäten mit ihren Eltern gefragt. Das Ergebnis ergab, dass ganztags betreute Kinder etwas seltener gemeinsame Mahlzeiten mit ihren Eltern einnehmen und etwas seltener Gespräche mit ihnen führen. Bei Ausflügen oder gemeinsamen Aktivitäten beispielsweise ergaben sich keine Unterschiede zu halbtags betreuten Kindern.

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