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Angriff auf Israel: Überlebende berichten von Gewalt durch Hamas


Überlebende von Hamas-Massaker
"Ich sah, wie Menschen neben mir explodierten"

dpa, von Christina Storz

Aktualisiert am 12.10.2023Lesedauer: 4 Min.
Israelische Streitkräfte bergen die Leichen in Kfar Aza: In dem israelischen Kibbuz haben die Hamas-Terroristen viele Menschen brutal ermordet.Vergrößern des BildesIsraelische Streitkräfte bergen die Leichen in Kfar Aza: In dem israelischen Kibbuz haben die Hamas-Terroristen viele Menschen brutal ermordet. (Quelle: Ilia Yefimovich/dpa)
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Am Samstagmorgen hat die Terrororganisation Hamas Israel angegriffen. Die Terroristen sind teils brutal mordend durch Ortschaften nahe der Grenze zu Gaza gezogen. Überlebende berichten.

Der 19-jährige Israeli Noam Cohen dachte, er sei nach einem Massaker der islamistischen Hamas in Sicherheit. Doch der enge Schutzbunker, in dem er sich mit rund zwei Dutzend Festival-Besuchern versteckte, wird zur Todesfalle. "Uns wurde klar, hier wollten die Terroristen uns haben, völlig ausgeliefert", sagt Cohen.

Mehrere Granaten seien in den randvollen Bunker geworfen worden. Er erinnere sich an Schüsse, Blut und Leichenteile. "Ich sah, wie Menschen neben mir explodierten, immer und immer wieder, Leichenteile überall." Dabei zeigt er kurze Videos, die den Schrecken dokumentieren.

Hunderte Angreifer der islamistischen Hamas hatten am Samstag das Feuer auf einer Rave-Party im Grenzgebiet zum Gazastreifen eröffnet und die jungen Feiernden in den Schutzraum nahe einer Bushaltestelle getrieben.

Er habe ganz hinten gestanden, das habe ihn gerettet. "Unter Leichen habe ich mich verstecken können, sie wurden zu einem menschlichen Schutzschild", sagt er. Nach rund zehn Stunden sei er gefunden und ins Krankenhaus gebracht worden. Von den mehr als 20 Festivalbesuchern im Bunker seien höchsten drei oder vier lebend rausgekommen. "Ich weiß nicht, wie ich überlebt habe."

150 Menschen in den Gazastreifen verschleppt

Insgesamt ermordete die Hamas an dem Tag mehr als 1.000 Zivilisten, davon laut Rettungssanitätern rund 260 allein auf dem Festival. Dutzende weitere wurden in den Gazastreifen entführt. Unter den Verschleppten ist wahrscheinlich auch die 38-jährige Schiran. "Lauf weiter", waren die letzten Worte, die ihr Mann Nathan ihr zurief, bevor er zusammenklappte. Die beiden waren gekommen, um auf dem Supernova Festival den Hauptact zum Sonnenaufgang zu sehen, erzählt er am Telefon aus dem Krankenhaus. "Dann kamen Hunderte Terroristen von allen Seiten und jagten uns."

Zunächst seien sie mit einem Auto geflüchtet, mussten jedoch zu Fuß weiter. "Die Straße war komplett dicht, überall Schüsse, wir konnten nur noch laufen", sagt der dreifache Familienvater mit leiser Stimme. Im Auto seien auch noch zwei weitere Frauen gewesen, er könne sich nicht erinnern, was mit ihnen passiert ist. Alles sei verschwommen. Zwei Terroristen feuerten von Drachenfliegern aus der Luft auf ihn und er sackte zusammen. Es war das letzte Mal, dass er sah, wie seine Frau in einer Menschenmenge verschwand.

Vier Stunden lang harrte er nach eigenen Angaben in der heißen Negev-Wüste auf dem Sandboden aus, stellte sich tot. Dabei habe er miterleben müssen, wie um ihn herum Menschen in Autos lebendig von den Angreifern verbrannt wurden. "In meinem Kopf sind Bilder von verbrannten Körpern", sagt Nathan. Wo seine Frau jetzt ist, wisse er nicht. Er gehe aber davon aus, dass sie mit rund 150 weiteren Menschen in den Gazastreifen verschleppt wurde.

Rettungshelfer: "Es waren Lkws voller Leichen"

Ein Freiwilliger des Rettungsdienstes Zaka spricht nach dem Massaker von einer kilometerweiten Verwüstung im Grenzgebiet. Neben dem Festival richteten die Angreifer in mehreren israelischen Ortschaften ein Blutbad an. "So eine Masse an Leichen, eine Leiche und noch eine Leiche und noch eine Leiche", sagt Avigdor Stern. Der 39-Jährige ist einer von Hunderten Freiwilligen des Rettungsdienstes, die seit Tagen helfen, die Toten vollständig zu bergen, um ihnen die letzte Ehre zu erweisen.

Es seien so viele gewesen, dass die Leichentüten nicht ausgereicht hätten. Sie mussten aus ganz Israel angefragt werden. "Es waren Lkws voller Leichen", beschreibt Stern die Szenen vor Ort.

Er und seine Kollegen hätten schon viel gesehen – Opfer von Tsunamis, Erdbeben, Unfällen, Anschlägen – aber diese Dimension war eine, mit der niemand gerechnet habe. "Frauen, Männer, Kinder, Babys, ich kann das gar nicht erklären", sagt der Helfer und zeigt ein Foto mit einem kleinen Leichensack. Darauf geschrieben steht "Baby".

Im jüdischen Glauben muss jeder Teil eines Körpers beerdigt werden, erklärt Stern. Damit werde dem Menschen die letzte Ehre erwiesen. Dies sei die Aufgabe von Zaka. "Wir wussten, wir können nicht aufhören, wir wussten, wir müssen das jetzt machen."

Er sei in der Synagoge gewesen, als er von dem schlimmsten Blutbad der israelischen Geschichte hörte. Eigentlich wollte er den jüdischen Feiertag Simchat Tora (Freude der Tora) feiern. "Aber wir konnten nicht tanzen, wir haben nur geweint", sagt er. Nach dem Feiertag seien er und seine Kollegen in die Dörfer im Grenzgebiet gefahren. "In diesem Moment hat sich unser Leben für immer verändert."

Ein Land in Schock – alle packen an

Das Entsetzen über die Gräueltaten trifft die Menschen in Israel bis ins Mark. Als Reaktion reagierte das Land mit Luftangriffen auf den dicht besiedelten Küstenstreifen. Rund 300.000 Reservisten des 10-Millionen-Einwohner-Lands wurden mobilisiert. Eine Bodenoffensive im Gazastreifen, die auch für das israelische Militär große Verluste bringen könnte, steht möglicherweise kurz bevor. "Mein Mann arbeitet gerade beim Militär 24/7", sagt Michal H..

Mit Freiwilligen versuche sie, die Soldaten so gut es ginge aus der Ferne zu unterstützen. In der Schule gebe es etwa eine Sammelaktion für Soldaten. "Jeder versucht, seinen Teil beizutragen, jeder versucht, zu helfen", sagt Michal. Sie könne sich nicht ausmalen, was die Menschen im Grenzgebiet durchstehen müssen. "Mütter vergewaltigt, Kinder ermordet, es sind furchtbare Kriegsverbrechen passiert." Ihre drei Kinder versuche sie, von dem Horror zu schützen. Soziale Netzwerke seien aktuell nicht erlaubt. Zu groß sei die Angst, dass die Hamas weitere verstörende Videos des Grauens und der Geiseln veröffentlichen könnte.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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