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China, Saudi-Arabien und Iran: Drohung einer unheilvollen Allianz


Tagesanbruch
Eine unheilvolle Allianz

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 11.04.2023Lesedauer: 6 Min.
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urn:newsml:dpa.com:20090101:230406-99-230175Vergrößern des Bildes
Iran und Saudi-Arabien treffen sich mit dem chinesischen Außenminister in Peking. (Quelle: Uncredited)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

es ist eine Geschichte des Friedens, für die Pekinger Eliten sich gerne bald selbst feiern würden. Die stolze Nation könnte erreichen, dass die Welt einen Krieg weniger zu beklagen hat. Millionen Menschen haben einen Grund zur Hoffnung. Es geht um das hierzulande sonst wenig beachtete Jemen. Vordergründig zumindest.

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Die Nachricht des Wochenendes ist die: Vertreter der saudischen Regierung flogen am Samstag in den Jemen, um erstmals mit den verhassten Huthi-Rebellen über einen dauerhaften Frieden zu verhandeln. Geleitet wurde die saudische Verhandlungsdelegation von deren Botschafter im Jemen, Mohammed bin Said Al-Dschaber. Ihm gegenüber saß die Delegation um den Chef des obersten politischen Rats der Huthi, Mahdi al-Maschat. Beide zeigten sich anschließend äußerst zuversichtlich. Al-Maschad sprach gar von einem möglichen "gerechten und ehrenwerten Frieden".

Doch was hat das mit China zu tun?

Der Krieg im Jemen dauert bereits acht Jahre, in einigen Regionen schon länger. Nachdem die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Herbst 2014 die Hauptstadt Sanaa hatten einnehmen können, suchte Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi Hilfe im Ausland. Saudi-Arabien und andere sunnitische Staaten intervenierten militärisch, um Hadi wieder an die Macht zu bringen. Die Saudis wollten verhindern, dass ein weiteres Land an ihrer Südflanke unter iranischen Einfluss gerät. Es kam zum Stellvertreterkrieg. Die sunnitischen Alliierten auf der einen Seite, der schiitische Iran auf der anderen.

Die Vereinten Nationen sprechen von knapp einer halben Million Toten und 4,5 Millionen Binnenflüchtlingen. Die Hälfte der Jemeniten ist inzwischen arbeitslos, zwei Drittel der Bevölkerung sind auf humanitäre Unterstützung angewiesen. Der Jemen ist das Armenhaus der arabischen Welt.

Friedensbemühungen gab es in den vergangenen Jahren viele, mit wechselndem Erfolg. Im Jahr 2018 erreichte Schweden, dass über den Hafen Al-Hudaida wieder humanitäre Güter ins Land kommen können. In Bagdad gab es unter Vermittlung des Oman mehrere Verhandlungsrunden. Im Jahr 2022 einigen sich beide Seiten schließlich mithilfe der Vereinten Nationen auf einen Waffenstillstand, der allerdings im Oktober auslief.

Und dann erscheint China auf der diplomatischen Bühne. Und plötzlich scheint ein Frieden im Jemen in greifbarer Nähe.

Erst Mitte März haben sich Iran und Saudi-Arabien in Peking auf die Wiederaufnahme ihrer diplomatischen Beziehungen geeinigt. Anfang April reichten sich daraufhin der saudische und der iranische Außenminister in Peking formell die Hand. Und nun wird im Jemen offenbar ernsthaft über einen Frieden verhandelt.

Die Geschwindigkeit der diplomatischen Bemühungen ist enorm. Fast zu schön, um wahr zu sein. Nach acht Jahren Krieg.

Wenn Sie sich jetzt fragen, wie China das gelingt, ist die Antwort recht trivial. Iran sucht seit Längerem einen Weg aus der internationalen Isolation, in die es sich mit seinem Atomprogramm manövriert hat. Und Saudi-Arabien gibt zum einen pro Jahr einen mehrstelligen Milliardenbetrag im Jemen aus, zum anderen drängen die USA die Saudis zum Frieden (seit Donald Trump dort nicht mehr im Oval Office sitzt). Das Verhältnis Saudi-Arabiens zu den USA ist aus mehreren Gründen nicht mehr das Beste, Joe Biden hat offen mit dem Bruch gedroht. Da umgibt man sich in Riad gern mit neuen Partnern.

Ob es wirklich zu einem Frieden im Jemen kommt? Völlig unklar. Die Lage im Land ist komplex. Viel hängt nun davon ab, wie viel Einfluss China wirklich nehmen kann und will. Eine absurde Situation: China bekommt Einfluss auf zwei Staaten, in denen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit bekanntermaßen keine Rolle spielen. Da sitzen drei autokratische Regime an einem Tisch. Und für die Menschen im Jemen wird das zur Chance.

China kann jubeln. Vergrößert seinen Einfluss in der Welt, sichert sich Zugang zu Rohstoffen und Märkten am Golf.

Randnotiz: Russland und Saudi-Arabien sind die größten Rohöl-Lieferanten für das Reich der Mitte. Auch wenn Russland die Saudis nach dem Beginn des Ukraine-Krieges von Platz eins verdrängt hat, der neuen Freundschaft zwischen Peking und Riad tut das keinen Abbruch.

Chinas fragwürdige Allianzen werfen neue Fragen auf. Die Beziehung zum Iran ist nicht denkbar, ohne sich zu Irans Atomprogramm zu positionieren. Auf einmal kann Peking so die Sicherheit Israels entscheidend mitprägen. Andersherum wird interessant, wie sich die neuen Freunde Chinas in der Taiwan-Frage verhalten. Entspannter wird es auf der diplomatischen Weltbühne nicht, wenn Diktatoren und Autokraten gemeinsame Sache machen.


Was steht an?

Es wird ein historisches Datum werden: Am Samstag werden die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Für Befürworter wie Gegner der Atomkraft ein emotionales Ereignis. Ich selbst zähle mich zur zweiten Gruppe, seit ich als Zehnjähriger in Bayern im Jahr 1986 plötzlich keine Pilze und kein Wildfleisch mehr essen durfte. Der Regen aus Tschernobyl hatte die Böden auf Jahre hinaus verseucht.

Als Erwachsener habe ich gelernt, dass Atomkraft auch gute Seiten hat: Sie spart CO2, sie macht uns unabhängiger von russischem Gas. Was folgt daraus? Ich wünsche meinen Kindern eine Welt, in der wir nicht mehr auf eine solche Hochrisiko-Technologie mit ihrem Millionen Jahre strahlenden Müll angewiesen sind. Doch die Energiewende ist noch lange nicht geschafft, dessen müssen wir uns alle bewusst sein.

Nordirland empfängt heute hochrangigen Besuch. US-Präsident Joe Biden landet in Belfast, um das 25-jährige Bestehen des Karfreitagsabkommens mitzufeiern. Der Frieden zwischen protestantischen Anhängern einer Union mit Großbritannien und den katholischen Befürwortern einer Vereinigung mit Irland ist allerdings bis heute brüchig. Die Sicherheitskräfte vor Ort fürchten Ausschreitungen mit Anhängern der Splittergruppe "Neue IRA".

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Joe Biden wäre heute vermutlich lieber in Washington. Gesucht wird das größte Leck seit Wikileaks, mindestens. Mein Kollege Johannes Bebermeier hat dazu am Wochenende schon viel Wissenswertes aufgeschrieben. Die US-Regierung vermutet die undichte Stelle in den eigenen Reihen. Und solange der oder die Schuldige nicht gefunden ist, steht zu befürchten, dass noch mehr streng vertrauliche Staatsgeheimnisse ins Netz getragen werden.

In Washington beginnt zudem die Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Der deutsche Finanzminister Christian Lindner und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel nehmen ebenfalls teil. IWF-Chefin Kristalina Georgiewa hat bereits gesagt, dass aus Sicht des Instituts das Wachstum der Weltwirtschaft auf absehbare Zeit gering bleiben werde.

Und noch mal China: Brasiliens Präsident Lula da Silva beginnt einen fünftägigen Staatsbesuch in China. Er trifft auch Staats- und Parteichef Xi Jinping. Die Volksrepublik ist Brasiliens wichtigster Handelspartner.


Lesetipps

Ex-Fußballer Kevin Kuranyi gibt nicht viele Interviews. Mit unserer Finanzredakteurin Christine Holthoff hat er gesprochen: über das Loch, in das viele Ex-Profis fallen, über Geld und über das, was am Ende des Lebens wirklich zählt.

Mehr als 1.000 Extremisten besitzen in Deutschland eine Waffe. Und zwar legal. Die Grünen wollen das nun ändern, wie mein Kollege Johannes Bebermeier berichtet.

Der Mediendirektor des Fußballbundesligisten TSG Hoffenheim, Christian Frommert, kämpfte vor Jahren gegen Magersucht, schrieb darüber ein aufwühlendes Buch. Im Interview mit meinem Kollegen David Digili klagt der 56-Jährige nun an: "Die Verantwortlichen im Sport versagen in Bezug auf dieses komplexe Thema auf ganzer Linie." Warum, lesen Sie hier.

Und dann ist da noch eine Beobachtung meiner Kollegin Janna Halbroth. Sie schreibt über nackte Menschen. Genauer gesagt: Nackte Prominente im Internet und welche Reaktionen sie hervorrufen. Eine Kolumne zum Nachdenken.

Wenn Sie heute etwas Zeit zum Knobeln haben, empfehle ich das neue "Wortquiz", das unsere Kollegen in der Technik zum Leben erweckt haben. Ich selbst wäre schon fast an Worten wie "Fisch" und "Quarz" gescheitert. Aber tüfteln Sie doch bitte selbst. Es gibt jeden Tag eine neue Aufgabe.


Das Historische Bild

Kaum waren die Nationalsozialisten an der Macht, errichteten sie erste Konzentrationslager. Zur "Schule der Gewalt" sollte das KZ Dachau werden. Mehr lesen Sie hier.


Ohrenschmaus

Seit genau 62 Jahren macht dieser Mann erfolgreich Musik. Zweiundsechzig. Am 11. April 1962 trat er zum ersten Mal vor größerem Publikum auf, als Opener für John Lee Hooker – in einem Club im New Yorker Stadtteil Greenwich Village. Über Bob Dylan lässt sich unendlich viel schreiben, aber seine Musik sollte man vor allem hören. Großartig seine Liveauftritte mit Joan Baez, wie hier im Sommer 1982 beim kalifornischen "Rose Bowl Peace Sunday", einem Protestkonzert gegen die atomare Aufrüstung.


Zum Schluss

Und ja, diese drei werden uns auf jeden Fall weiter amüsieren.

Ich wünsche Ihnen eine frühlingshafte Woche. Morgen schreibt Florian Harms wieder an dieser Stelle.

Herzliche Grüße

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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