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US-Geheimdokumente: Panik in Washington


Wer ist der Maulwurf?
In Washington herrscht Panik wegen der Geheimdokumente

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier

09.04.2023Lesedauer: 4 Min.
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Joe Biden bei einer Sitzung seines Sicherheitskabinetts (Archivbild): In der US-Hauptstadt herrscht Aufregung wegen geleakter Geheimdokumente. (Quelle: Cameron Smith/Avalon/dpa)

Öffentlich gewordene Geheimdokumente haben Washington aufgeschreckt. Noch ist der tatsächliche Schaden nicht abzusehen. Doch die Sorgen sind riesig.

Sind sie wirklich echt? Oder ist alles nur gefälscht? Als angebliche US-Geheimdokumente auf Internetplattformen wie Discord auftauchten, waren die Zweifel zunächst groß. Streut Russland hier "Fake News", um der Ukraine zu schaden?

Besonders die Ukraine selbst hatte diese Deutung vertreten. "Es ist ein gewöhnliches Geheimdienstspiel", schrieb Mychajlo Podoljak, Berater des Präsidentenbüros, zu neu aufgetauchten Dokumenten am Samstag auf Twitter. Die russischen Geheimdienste hätten die Dokumente selbst erstellt, mit dem Ziel, unter den Verbündeten der Ukraine Zweifel und Zwietracht zu säen und von den nächsten Etappen im Krieg abzulenken.

Es scheint unstrittig zu sein, dass auch verfälschte und gefälschte Dokumente kursieren. Experten warnen, auf einigen seien etwa die ukrainischen Verluste höher und die russischen niedriger angegeben worden. US-Regierungsmitarbeiter bestätigten laut Medienberichten, dass einige Unterlagen offensichtlich manipuliert worden seien.

Doch bei dem Leck handelt es sich mittlerweile um mehr als Hundert geheime Seiten. Und offenbar geht in Washington niemand davon aus, dass alle gefälscht sind. Im Gegenteil: Regierung, Geheimdienste und Analysten sind angesichts des riesigen Informationslecks höchst alarmiert.

"Massives Leck geheimer Informationen"

Viele der Dokumente sehen US-Regierungsmitarbeitern zufolge nicht nur authentisch aus, wie "Washington Post" und "New York Times" berichten. Sie enthalten demnach auch echte Information der US-Geheimdienste, wie sie die Führungsebenen im Weißen Haus, Pentagon und Außenministerium bekommen.

Das FBI hat demnach schon am Freitag Ermittlungen aufgenommen, um die Quelle des Lecks schnell zu identifizieren. Die Führung des Pentagons beschnitt den Informationsfluss in ungewöhnlich strikter Weise, wie ein Mitarbeiter der "Post" sagte, was auf ein "hohes Maß an Panik" hinweise.

Am Samstag wurde das US-Justizministerium ganz offiziell aktiv. "Wir haben uns mit dem Verteidigungsministerium in dieser Sache ausgetauscht und eine Untersuchung begonnen", teilte ein Sprecher mit.

US-Präsident Joe Biden sei "besorgt" über die Menge der Dokumente, die an die Öffentlichkeit gelangt sei, sagte ein hochrangiger Regierungsmitarbeiter "Politico". Es sei ein "massives Leck geheimer Informationen", berichtete ein weiterer der "New York Times".

Der Republikaner Mike Gallagher, Mitglied im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses, sagte der "New York Times": "Es scheint ein massives Problem der Spionageabwehr zu sein, dass diese Dokumente an die Öffentlichkeit gelangt sind. Wir sprechen hier über Dinge, die der nationalen Sicherheit und den Bemühungen der CIA in Europa und der ganzen Welt schaden könnten."

Informationen über China, Israel und Südkorea

In der Tat enthalten die Dokumente offensichtlich längst nicht nur Informationen über Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Analysen und Informationen etwa zu China, Israel und Südkorea sind US-Medien zufolge ebenfalls enthalten. Genau wie Hinweise darauf, dass die USA auch ihre Partner aushorchen.

Die Spionage unter Freunden dürfte Letztere zwar nicht ernsthaft überraschen, unangenehm ist es für die Amerikaner so schwarz auf weiß aber dennoch. Besonders weil es in Washington nun zusätzlich die Sorge gibt, dass befreundete Geheimdienste misstrauisch werden könnten, welche Informationen sie den USA noch anvertrauen können.

Sorge um Quellen in russischen Geheimdiensten

Die größten Auswirkungen befürchten die USA aber trotzdem für Russlands Krieg gegen die Ukraine – und die eigenen Fähigkeiten, die Pläne von Präsident Wladimir Putin zu durchkreuzen. Denn die Dokumente zeigen demnach auch, wie tief US-Spione in die russischen Sicherheits- und Geheimdienstbehörden eingedrungen sind.

Die "New York Times" bringt es auf die Formel, das Leck lege offen, dass die USA besser über die russischen Militäroperationen informiert seien als über die Planungen der Ukraine. Und selbst wenn das ein wenig übertrieben wäre, hat Russland nun womöglich die Chance, diejenigen Dienste und Behörden vom Informationsfluss abzukoppeln, aus denen die meisten Informationen in den USA landen. Oder sogar amerikanische Quellen zu enttarnen.

Es sei zwar zu früh, um den wirklichen Schaden abschätzen zu können. Doch Offizielle äußern in US-Medien durchaus die Sorge, dass der Informationsfluss aus Moskau leiden und sich das negativ auf den Ukraine-Krieg auswirken könnte.

Maulwurf steckte Dokumente in Hosentasche

Auch die Informationen über den Krieg selbst könnten Russland helfen. Zwar seien die Dokumente schon einige Wochen alt, sagte Dmitri Alperovitch, Vorstand der Denkfabrik "Silverado Policy Accelerator", der "Washington Post". Dennoch könnten sie Moskau wertvolle Informationen liefern.

Die Dokumente enthalten dem Experten zufolge zwar keine konkreten Schlachtpläne. Sie zeigten aber Art und Menge der westlichen Waffen, die auf den Schlachtfeldern der Ukraine angekommen seien, wie viele Soldaten sie bedienen könnten und wie sich die Ukraine gegen russische Angriffe verteidigen wolle.

Die Quelle des Lecks zu finden, könnte für die USA derweil kompliziert werden. Hunderte, vielleicht Tausende Regierungsmitarbeiter hätten Zugang zu den Dokumenten gehabt, sagte ein Offizieller der "New York Times". Mit einer entsprechenden Sicherheitsfreigabe bekommen Mitarbeiter solche Dokumente demnach schlicht in täglichen E-Mails.

Der Maulwurf scheint Ausdrucke der Dokumente zusammengefaltet, in die Hosentasche gesteckt und an einem sicheren Ort abfotografiert zu haben. Die Fotos zeigen die hochsensiblen Papiere demnach offenbar auf einer Jagdzeitschrift liegend.

Verwendete Quellen
  • washingtonpost.com: "Intelligence leak exposes U.S. spying on adversaries and allies" (englisch)
  • nytimes.com: "Leaked Documents Reveal Depth of U.S. Spy Efforts and Russia’s Military Struggles" (englisch)
  • nytimes.com: "Leaked Pentagon Documents Reveal Secrets About Friends and Foes" (englisch)
  • Mit Informationen der Nachrichtenagenturen dpa, AFP
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