DFB-Pokal: Viertligist Teutonia Ottensen will gegen RB Leipzig mithalten

Das größte Spiel der Vereinsgeschichte findet in weiter Ferne statt: Wie ein Viertligist ein Stadion sucht und findet – und jetzt doch kein Heimrecht hat.

Wenn im DFB-Pokal ein Viertligist auf den Titelverteidiger trifft, ist eigentlich alles für ein großes Fußballfest angerichtet. Beim Fußball-Regionalligisten Teutonia Ottensen gab es zuletzt aber wenig Raum für Vorfreude: Erst fand der Hamburger Stadtteil-Klub kein Stadion im Norden, dann zerstörten Unbekannte auch noch den Rasen des Ausweichplatzes im 350 Kilometer entfernten Dessau. Teutonia musste das Heimrecht abgeben, um überhaupt antreten zu können. Am Dienstag spielen die Hamburger also in der Leipziger Red Bull Arena gegen Bundesligist RB Leipzig an (20.45 Uhr im t-online-Liveticker).

"Diese Leute, die das gemacht haben, haben in erster Linie Teutonia Ottensen geschadet", sagte Klubchef Liborio Mazzagatti bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. "Wir verurteilen das." Er dankte seinen Vereinsmitarbeitern, dem kommenden Gegner RB Leipzig und den Partnern in Dessau, die in der vergangenen Woche "große Arbeit" geleistet hätten. "Es tut mir leid, aber wir müssen das Beste draus machen", sagte Mazzagatti. Unbekannte hatten eine schädliche Substanz auf dem Spielfeld verteilt, der Platz war in der Kürze der Zeit nicht mehr zu reparieren.

Teutonia Ottensen: Spiel gegen RB Leipzig in Dessau abgesagt

In Dessau seien alle Vorbereitungen so gut wie abgeschlossen gewesen und müssten nun rückabgewickelt werden: 7.500 Tickets, Verträge mit Dienstleistern für Catering, Sicherheit und TV-Übertragung. "Die Mannschaft hat sich das in der letzten Saison verdient, das ist der größte sportliche Erfolg der Vereinsgeschichte", versuchte Mazzagatti den Blick auf das sportliche Duell zu lenken.

Teutonia Ottensen darf wegen der Pokalregeln nicht auf dem eigenen Platz antreten, weil dort kein Naturrasen liegt. Die Zweitligisten FC St. Pauli und Hamburger SV wollten ihre Stadien nicht zur Verfügung stellen. "Es ist einfach nur bitter, wie es nun gekommen ist. Es trifft immer die Falschen", sagte Mazzagatti. Er wiederholte seine Forderung, die Stadt Hamburg brauche ein drittes Stadion für größere Sportereignisse auf Naturrasen: "Die Politik muss jetzt handeln."

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Mittlerweile äußerte sich auch der FC St. Pauli öffentlich zur Absage an Teutonia: Man wolle RB Leipzig mit Großsponsor Red Bull keine Bühne bieten, zudem vertrage der Rasen am Millerntor keine weitere Belastung, heißt es in einer Pressemitteilung vom Mittwoch. "Wir sind der Überzeugung, dass das Stadion dafür [die Paarung Teutonia gegen Leipzig; Anm. d. Red.] denkbar ungeeignet ist – sowohl was die Kapazität als auch die Symbolik des Millerntors betrifft."

RB Leipzigs Kaderwert ist 275-mal so hoch wie der, der Hamburger

Sportlich können sich die Hamburger für den kommenden Dienstag wohl kaum Hoffnungen machen: Teutonia Ottensen hat keine Profi-Mannschaft, der Gesamtmarktwert des Kaders beträgt laut transfermarkt.de keine zwei Millionen Euro. Pokalsieger und Champions-League-Teilnehmer RB Leipzig verfügt über einen Kaderwert von mehr als 480 Millionen Euro – 275-mal so viel wie Teutonia. Cheftrainer David Bergner: "Wir sind so vorbereitet, wie das als Viertligist möglich ist." Man wolle möglichst lang mithalten, kein Gegentor kassieren – und den ein oder anderen Nadelstich setzen.

Bergner kennt Leipzig gut: Er trainierte vor zehn Jahren die Reservemannschaft von RB und spielte selbst für den FC Sachsen Leipzig. Mit RB-Trainer Domenico Tedesco machte er seinen Fußballlehrer-Schein. "Wir fahren nicht dorthin, um den Gegner bis zur Besinnungslosigkeit anzurennen. Wir fahren erstmal demütig dort hin", erklärte der Trainer. "Es geht darum, als Team zu funktionieren. Wir brauchen einen unglaublich genialen Tag."

Teutonia Ottensen: Kapitän Marcus Coffie fällt verletzt aus

Vorbild für Bergner ist Leipzigs letzter Gegner in der Bundesliga: Union Berlin. "Union hat Leipzig mit leidenschaftlichem Verteidigen den Zahn gezogen", so Bergner, der den 2:1-Sieg der Berliner live im Stadion verfolgt hatte. Im DFB-Pokal muss er auf seinen wichtigsten Spieler verzichten: Kapitän und Innenverteidiger Marcus Coffie fällt mit einem Bruch im Schienbein aus.

"Wir haben die Möglichkeit, in die nächste Runde einzuziehen, was eine Sensation wäre. Aber es ist ja nicht so, dass so eine Sensation noch nie passiert ist", bekräftigte Trainer Bergner den Glauben ans eigene Team. "Die sollen uns von mir aus alle unterschätzen, überhaupt kein Problem."

Vor dem Duell gegen RB Leipzig, das von Kritikern oft "Red Bull Leipzig" genannt wird, hatte der Viertligist aus Ottensen noch eine Überraschung parat: Die Hamburger präsentierten einen neuen Trikotsponsor, einen Energydrink-Hersteller. Es wird wohl die einzige Gemeinsamkeit der beiden Klubs rund um das Spiel im DFB-Pokal bleiben.