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Köln: Rattenproblen in Wohnkomplex Kölnberg weiter außer Kontrolle


Nager-Problem weiter außer Kontrolle
"Sogar im Treppenhaus habe ich schon Ratten gesehen"

Von Tobias Christ

09.11.2021Lesedauer: 4 Min.
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Der Kölnberg, wie der Hochhauskomplex im äußeren Kölner Stadtteil Meschenich umgangssprachlich genannt wird, mit Kinderspielplatz: Die Ratten leben auch auf dem Spielplatz.Vergrößern des Bildes
Der Kölnberg, wie der Hochhauskomplex im äußeren Kölner Stadtteil Meschenich umgangssprachlich genannt wird, mit Kinderspielplatz: Die Ratten leben auch auf dem Spielplatz. (Quelle: Banneyer/t-online)

Noch immer gibt es in der Hochhaussiedlung in Köln-Meschenich ein akutes Rattenproblem. Seit dem großen Aufschrei im Sommer hat sich nur wenig getan am Kölnberg. Ab dem Nachmittag kommen die Nagetiere aus ihren Löchern, während nur wenige Meter weiter Kinder spielen.

Am Vormittag sind noch keine Ratten zu sehen. Nur die zahllosen Tunnelbauten im Erdreich und die winzigen Schleichwege auf den Wiesen lassen darauf schließen, dass eine Menge Getier unterwegs ist im Meschenicher Hochhauskomplex, der allgemein nur Kölnberg genannt wird. Am Nachmittag dann sind die Nagetiere nicht mehr zu übersehen.

Überall laufen sie in den Beeten und Grünflächen auf dem Grundstück zwischen den Straßen An der Fuhr, Am Rondorfer Pfad und Alte Brühler Straße herum, oft in der Nähe von Spielplätzen. Von den aufgestellten Fallen sind die Schädlinge kaum beeindruckt.

In Kölner Wohnsiedlung: "Wenn die Nacht kommt, kommen die Ratten"

Obwohl die Rattenplage im Sommer dieses Jahres für einen öffentlichen Aufschrei sorgte, scheinen sich die Tiere im "sozialen Brennpunkt" im Süden der Stadt noch immer pudelwohl zu fühlen. "Mit den Ratten ist es furchtbar, man ekelt sich", sagt Robert Grünwald, der seit 40 Jahren in der Hochhaussiedlung lebt: "Wenn Sie nachmittags gegen 16, 17 Uhr kommen, dann laufen die Ratten hier hin und her."

Die Kinder hätten Angst, die Ratten jedoch nicht. Sogar im Treppenhaus habe er welche gesehen: "Es ist ganz schlimm im Moment", sagt der 47-Jährige. "Es ist besser geworden", meint dagegen ein anderer Anwohner. Täglich seien Schädlingsbekämpfer im Einsatz.

Der 21-jährige Hector sagt jedoch, er habe noch in der Nacht zuvor von seiner Wohnung aus beobachtet, wie sich auf dem Plateau hinter dem riesigen Hochhausblock An der Fuhr 4 und 5 etwa 40 bis 50 Ratten auf einem Fleck tummelten. "Wenn die Nacht kommt, kommen die Ratten", so der junge Mann, der hier seit fünf Jahren wohnt.

Arbeitsgruppen gegen Kölner Rattenplage

Konkret hat sich seit dem Sommer wenig getan. Die SHV Immobilien-Verwaltungs-GmbH ist für die gemeinschaftlich genutzten Bereiche aller Objekte zuständig. "Wir sind in der ständigen Bekämpfung und haben die Reinigungszyklen erhöht", sagt SHV-Prokurist Andreas Rabsch. Mittlerweile werde die Außenanlage zwei Mal täglich gereinigt anstatt wie früher nur einmal. Die Grünanlagen seien zurückgeschnitten worden, um die Rattenbauten besser bekämpfen zu können.

Auf eine Anfrage der SPD-Ratsfraktion teilte die Stadtverwaltung kürzlich mit, die Stadtentwässerungsbetriebe hätten die öffentlichen Kanäle am Kölnberg mit Ködern versehen. Die Abfallwirtschaftsbetriebe beseitigten außerdem im öffentlichen Raum regelmäßig wilde Müllablagerungen. Gesundheits- und Ordnungsamt haben zusammen mit den Wohnungseigentümern eine "Arbeitsgruppe Kölnberg" gegründet.

Druck auf Eigentümer zu niedrig

Für Gerrit Krupp, ordnungspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion, ist das zu wenig. Die Stadt müsse mehr Druck ausüben und notfalls die Ratten auf Kosten der Eigentümer selbst bekämpfen. Was bisher geschehen sei, "klingt alles noch sehr kooperativ".

"Der große Wurf ist bisher noch nicht gelungen", sagt auch Tim Westerholt, Leiter der Migrationsarbeit der Caritas. "Wir haben immer noch massive Klagen der Menschen, die sich in der Beratung wegen der Rattensituation an uns wenden."

Müll fliegt aus Fenstern

Als Hauptursache der Rattenplage gilt allgemein der Umgang mancher Bewohner mit dem Hausmüll. Die Plage werde "durch das Fehlverhalten der Mieter und Mieterinnen verursacht", so die Stadtverwaltung: "Nicht durch Fehler der Eigentümer."

Robert Grünwald bestätigt, dass nach wie vor Mitbewohner ihren Müll aus Fenstern oder Balkonen werfen und so die Ratten mit Nahrung versorgten. Tatsächlich fliegt auch an diesem Tag immer wieder Unrat aus Wohnungen.

Konsequenzen für Müllverursachende

Die SHV Immobilien-Verwaltungs-GmbH möchte nun Kameras auf die Hausfassaden richten, um herauszufinden, aus welcher Wohnung Müll geworfen wurde. Doch es handele sich um ein äußerst sensibles Thema, deshalb warte man derzeit auf eine Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen, so Andreas Rabsch.

Darüber hinaus durchsuche schon seit längerer Zeit ein Dienstleister abgeworfenen Müll nach Hinweisen auf den Verursacher. Einem Mieter, der erwischt worden sei, sei zuletzt direkt das Mietverhältnis gekündigt worden, so Rabsch. Weil er der Kündigung widersprochen habe, werde nun vor Gericht geklärt, ob zuvor eine Abmahnung nötig gewesen wäre. Gebe das Gericht der direkten Kündigung statt, "haben wir einen großen Wurf geschafft, um die Mieter wirklich unter Druck zu setzen".

Behörde untersagt Einsatz von Kontaktgift

Um den Bewohnern die mitunter langen Wege zu den Müllsammelplätzen zu erleichtern, wurde auch darüber diskutiert, die 2003 unter anderem aus Brandschutzgründen stillgelegten Müllschächte zu reaktivieren. Doch daraus wird wohl nichts. "Nach aktueller Rechtslage dürfen vorhandene Abfallschächte nicht betrieben werden", so die Kölner Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme. Auch eine Sondergenehmigung für den Kölnberg sei vom NRW-Bauministerium "eindeutig verneint" worden.

Die Bekämpfung der Ratten mit drastischeren Mitteln ist ebenfalls von den Behörden untersagt worden. Durch Gas oder Kontaktgift dürften die Tiere nicht bekämpft werden, so Prokurist Andreas Rabsch, der sich enttäuscht gibt: "Bezüglich der Stadt muss man sagen, dass sich leider auf Normierung und Verwaltungsrecht zurückgezogen wird."

Prämien für "Mülldienst"

Die Caritas möchte deshalb das Problem der Müllbeseitigung mit anderen Mitteln angehen. Natürlich gebe es Menschen, die aus Faulheit ihren Abfall aus dem Fenster werfen, so Tim Westerholt. Viele Mieter bräuchten jedoch schlicht Hilfe. Zwar gebe es Aufzüge, die seien jedoch oft kaputt und kein einziges Haus sei vollständig barrierefrei. Mobilitätseingeschränkte Menschen bräuchten mitunter 20 bis 30 Minuten bis zur Mülltonne und wieder zurück.

Zusammen mit der Stadt erarbeite die Caritas deshalb das Konzept "Stockwerkskümmerer": Ausgewählte Bewohner der Siedlung sollen kleinere Dienste übernehmen und zum Beispiel den Müll aus oberen Etagen herunterbringen, unter Umständen gegen eine geringe Aufwandsentschädigung. "Wir versuchen, die Selbstheilungskräfte des Kölnbergs zu stärken", sagt Tim Westerholt.

Maßnahmen zeigen Wirkung

Karl Wolters, Vorsitzender der FDP-Fraktion in der Bezirksvertretung Rodenkirchen, hält indessen vom Konzept der Stockwerkskümmerer wenig. Es setze falsche Anreize. Die Verantwortung der Bewohner werde an Menschen weitergegeben, "die für kleines Geld den Dienstboten spielen". Vorerst bleibt es also bei winzigen Fortschritten.

Wenn sie morgens gegen 5.30 Uhr die Wohnung verlassen habe, um zur Arbeit zu gehen, seien ihr früher auf dem Weg zur Tiefgarage die Ratten über die Füße gelaufen, sagt Petra Killian, die zwischen den riesigen Wohnblöcken des Kölnbergs in einem gepflegteren Gebäude mit vielen Eigentumswohnungen lebt. Das sei mittlerweile nicht mehr der Fall.

Verwendete Quellen
  • Gespräche vor Ort
  • Antwort der Verwaltung auf eine SPD-Anfrage
  • Anfrage bei der SHV Immobilien-Verwaltungs GmbH
  • Anfrage bei der Caritas
  • Anfrage bei Gerrit Krupp (SPD)
  • Anfrage bei Karl Wolters (FDP)
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