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Autokennzeichen werden überwacht


Elektronik
Kommt der gläserne Autofahrer?

Christiane Brünglinghaus/Springer

07.11.2014Lesedauer: 3 Min.
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Zukünftig soll die massenhafte Erfassung der Kfz-Kennzeichen das Maut-System revolutionieren.Vergrößern des Bildes
Zukünftig soll die massenhafte Erfassung der Kfz-Kennzeichen das Maut-System revolutionieren. (Quelle: dpa-bilder)

Verkehrsminister

Das moderne Auto ist ein fahrender Computer, intelligent, mit Daten von zahlreichen Sensoren und GPS gespeist, vernetzt mit dem Internet. Das verspricht mehr Sicherheit und Komfort. Jedoch wachsen mit zunehmendem Datenverkehr auch die Chancen zur Überwachung des Autofahrers und Erfassung des Verkehrsgeschehens. Kommt dadurch die Privatsphäre im Straßenverkehr und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung "unter die Räder"?

Eine Frage, die sich jüngst durch die aufkommende Diskussion um die automatisierte Erfassung von Kfz-Kennzeichen - insbesondere im Zusammenhang mit der Pkw-Maut - wieder stellt.

Die Pkw-Maut ist seit Längerem umstritten. Viele Kritikern bezweifeln vor allem die Vereinbarkeit mit EU-Recht oder bemängeln die finanziellen Aspekte der Maut - zum Beispiel, dass sie keine Mehreinnahmen für die Infrastruktur bringen werde. Nun wirft die geplante Pkw-Maut auch Datenschutz-Bedenken auf. Datenschützer fürchten sich vor der "e-Vignette" - also der automatisierten elektronischen Erfassung und dem Abgleich der Nummernschilder im Rahmen der Pkw-Maut.

In den vergangenen Tagen wurde verstärkt über einen aktuellen Gesetzesentwurf zur geplanten Pkw-Maut berichtet, der beinhalten soll, dass zum Zweck der Überprüfung, ob ein Straßenbenutzer die sogenannte "Infrastrukturabgabe" gezahlt hat, eine elektronische Erfassung der Kfz-Kennzeichen genutzt werden soll - ähnlich der Lkw-Maut, die seit Jahren elektronisch erfasst wird.

Auch wenn der Gesetzesentwurf noch nicht veröffentlicht wurde, gibt es bereits zahlreiche kritische Stimmen. Das Pkw-Mautsystem könnte alle Verkehrsteilnehmer lückenlos erfassen und die gewonnen Daten einfach nicht gelöscht werden, so seine Warnung. Mit den Daten ließen sich Bewegungsprofile erstellen und zur Kontrolle an eine Behörde oder an private Dritte weitergeben werden.

"Je mehr Daten im System des Kraftfahrtbundesamtes gespeichert werden, desto größer werden auch die Begehrlichkeiten von staatlicher wie privater Seite sein", sagt zum Beispiel Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion Die Linke. Schon jetzt sehe der Gesetzentwurf die Beteiligung privater Dienstleister bei der Kontrolle vor.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) betont hingegen: "Die Mautdaten werden ausschließlich für die Mautentrichtung aufgenommen und unter keinen Umständen anderen Zwecken zur Verfügung gestellt, auch nicht dem Bundeskriminalamt oder anderen Sicherheitsbehörden", wie er der Süddeutschen Zeitung mitteilte.

Massenhafte Erfassung von Kfz-Kennzeichen

Jüngst machten auch Recherchen des Norddeutschen Rundfunks (NDR) und der SZ darauf aufmerksam, dass bundesweit in Hunderten Parkhäusern, auf Campingplätzen und Firmenparkplätzen automatisch alle Kennzeichen einfahrender Autos erfasst werden.

Mehrere Datenschutzbehörden sehen diese Praxis kritisch. Eine eindeutige rechtliche Handhabe gebe es derzeit allerdings nicht, wie der NDR mitteilt. Betroffene Autofahrer würden häufig nicht wissen, dass ihre Kennzeichen erfasst und ihre Daten gespeichert werden. Unklar sei zudem, wie lange die Daten gesichert bleiben und wer darauf Zugriff habe.

Für den Einsatz solcher Anlagen durch private Betreiber gebe es bislang keine gemeinsame Linie der zuständigen Landesbehörden. In vielen Ländern hätten die Datenschützer noch keine derartigen Fälle geprüft. Das Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein habe nach Angaben des NDR erklärt, dass die automatisierte Erfassung von Kfz-Kennzeichen in Parkhäusern und bei der Zufahrt zu Campingplätzen einer ersten Einschätzung nach datenschutzrechtlich nicht legitimiert sei. Die existierenden Ein- und Ausfahrtkontrollen würden eine Bezahlung und damit die berechtigten Unternehmensinteressen sicherstellen, so die schleswig-holsteinischen Datenschützer.

Andere Länder wie Niedersachsen, Berlin oder Bayern haben dagegen vereinzelt in den vergangenen Jahren Kennzeichen-Erfassungs-Systeme überprüft und unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig erachtet - beispielweise, um Manipulationen von Parkzeiten zu unterbinden.

Verkauf von Kennzeichen-Erfassungs-Systemen angestiegen

Das Bundesverfassungsgericht hat 2008 geurteilt, dass die massenhafte anlassunabhängige Erhebung von Kfz-Kennzeichen nicht verfassungsgemäß ist und der Polizei untersagt, zu Fahndungszwecken massenhaft Autokennzeichen zu erfassen und zu speichern. Doch der Verkauf von Kennzeichen-Erfassungs-Systemen ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen, gibt der NDR an. Dutzende Hersteller würden sie anbieten. Einer von ihnen hat nach eigenen Angaben mittlerweile 80 Campingplätze in Deutschland ausgestattet. Ein anderer Produzent teilte NDR und SZ mit, dass sie in diesem Jahr bereits etwa 200 Parkhäuser und Parkplätze mit Kennzeichen-Erfassungssystemen ausgerüstet hätten. Die Nachfrage sei extrem hoch.

In Nordrhein-Westfalen werde die Praxis nun erstmals untersucht, unter anderem am Parkplatz des Aachener Uniklinikums, so der NDR. Nils Schröder von der zuständigen Datenschutzbehörde warnt, mit einem Autokennzeichen lasse sich der Name des Halters leicht herausfinden. Deshalb sei ein Nummernschild besonders schutzwürdig, sagt Schröder.

Auch in Hamburg werde zurzeit das erste Parkhaus überprüft, am Flughafen. Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar sagt, dass seine Behörde den dortigen Einsatz der Erfassungs-Technik als problematisch erachte. Beispielsweise liege von den Dauerparkern keine Einwilligung zur Speicherung ihrer Daten vor. Der Flughafen wollte sich nicht äußern, solange das Verfahren noch läuft.

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