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Funkende Rauchmelder: Der Feind an meiner Decke


Der Feind an meiner Decke

spiegel-online, Fabian Reinbold

30.11.2015Lesedauer: 4 Min.
RauchmelderVergrößern des BildesRücksichtsvoll oder zu neugierig? Viele Mieter trauen intelligenten Rauchmeldern nicht. (Quelle: Symbolbild/dpa-bilder)
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In vielen Bundesländern werden Rauchmelder in Wohnungen Pflicht. Geräte, die nach draußen funken, sorgen für Misstrauen: Welche Daten sammeln sie, entstehen Bewegungsprofile? Der Streit beschäftigt nun das Verfassungsgericht.

Der intelligente "Rauchmelder Star" ist – je nachdem, wem man glaubt – so rücksichtsvoll, dass er sein Blinklicht für schlafende Bewohner herunterdimmt. Oder so aufdringlich, dass er wie ein "kleiner Big Brother an der Zimmerdecke hängt und die Wohnung ausspäht". Das mit der Rücksicht betont der Hersteller Brunata Metrona, der Satz mit dem Big Brother stammt vom Kölner Anwalt Reinhard Gerharz. Er hat dafür gesorgt, dass der Streit um das kleine Gerät nun beim Bundesverfassungsgericht gelandet ist.

Gerharz hat Verfassungsbeschwerde eingelegt. Er vertritt einen Kölner Mieter, der sich dagegen wehrt, dass ihm seine Wohnungsbaugenossenschaft den Funk-Rauchmelder einbauen will. Mieter H. wohnt in einer 60-Quadratmeter-Wohnung in Köln-Sülz. Er fürchtet, dass das aus der Ferne wartbare Gerät mit Ultraschall und Mikrofon sein Heim ausspionieren könnte.

Mieter H. ist Mitte 30 und weiß, dass er ein bisschen klingt, als ob er zur Aluhut-Fraktion gehört. "Ich will kein Querulant sein, mir geht es ums Prinzip", sagt er. Er wolle einer "größeren Entwicklung Einhalt gebieten".

Smarte, vernetzte Messgeräte sind tatsächlich auf dem Vormarsch. Und da zum Jahreswechsel in mehreren Bundesländern Rauchmelder in Wohnungen zur Pflicht werden, setzen Wohnungsbaufirmen auch dabei auf Geräte mit Funk-Anbindung.

"Der Samsung-Fernseher unter den Rauchmeldern"

Eigentlich sind die Geräte eine praktische Sache. Es muss niemand kommen, um sie zu warten – für viele Bewohner ein nerviger Termin, der dann nur wenige Sekunden dauert. Doch was funken diese Rauchmelder eigentlich genau – und an wen?

Der "Brunata Metrona Rauchmelder Star" verfügt über Ultraschallsensoren, Mikrofon und Infrarottechnologie. Laut Hersteller wird mit Ultraschall untersucht, dass dem Gerät nichts im Weg steht. Andere Sensoren testen, ob der Raucheinzug funktioniert und das Gerät nicht abmontiert wurde. Anwalt Gerharz nennt es unter Anspielung auf einen besonders neugierigen Smart-TV, den "Samsung-Fernseher unter den Rauchmeldern".

Mieter H. glaubt, dass das "Gerät technisch gedrosselt ist" und noch viel mehr kann. Er spricht von der NSA-Überwachung, von der Smarthome-Firma Nest, die von Google gekauft wurde. "Nest sagt, seine Geräte könnten erkennen, wenn ein Toast zu lange im Toaster steckt."

Er fürchtet: Dass der Ultraschallsensor eben nicht nur einen halben Meter misst, ob ihm etwas im Weg steht, sondern auch aufzeichnet, ob jemand im Zimmer ist oder nicht. Dass Bewegungsprofile erstellt werden. Dass das eingebaute Mikrofon benutzt werden könnte, um aufzuzeichnen. "Man lässt sich das Gerät in die Wohnung einbauen, hat aber null Kontrolle über das, was es tut."

Der Hersteller weist all das zurück. Da die Abstandsmessung mit Ultraschall "lediglich im Umkreis von 50 bis 60 cm funktioniert, kann der Rauchmelder Star definitiv keine Bewegungsprofile erstellen", heißt es auf Anfrage. Das Gerät könne auch nicht feststellen, ob sich in der Wohnung Personen aufhalten.

Beschwerden über smarte Stromzähler

Doch H. steht mit seinen Befürchtungen nicht allein. Quer durch Deutschland wenden sich besorgte Mieter an ihre Wohnungsfirmen und Datenschützer. Bei der Datenschutzbeauftragten in NRW etwa haben sich zuletzt mehrere Bürger mit der Sorge gemeldet, dass ein smarter Rauchmelder über die Funktionsprüfung hinaus Daten über die Wohnung sammelt. Und generell beschweren sich Bürger, weil sie fürchten, dass etwa smarte Stromzähler Nutzerprofile erstellen, also etwa darüber, wann jemand zu Hause ist. Und tatsächlich ist es so, dass viele Smart-Home-Geräte Unmengen von Daten mit fernen Servern austauschen, sogar wenn gar niemand zu Hause ist. Diese tun das allerdings in der Regel über das Internet, nicht über Funk.

Auch die Behörde in NRW hält es für "denkbar, dass für die Funktionsprüfung oder andere Zwecke Sensoren eingesetzt werden, die einen Einblick in die Lebensgewohnheiten ermöglichen. Solch ein Einblick wäre rechtlich bedenklich." Mieter sollten dies allerdings mit den Vermietern erörtern oder mit Herstellerfirmen. Die Datenschützer betrachten sich nicht als in erster Linie zuständig.

Mieter H. tat das, wurde aber von seiner Genossenschaft verklagt, weil er sich weigerte, den Funk-Rauchmelder einzubauen. Er wolle lieber ein herkömmliches Gerät einbauen und ist gern bereit, es zu warten und ablesen zu lassen. Sein Anwalt argumentierte, der Einbau des Funk-Rauchmelders verstoße unter anderem gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Auch anderswo wird wegen der fernbedienten Rauchmelder zwischen Vermietern und Mietern prozessiert.

In H.s Fall jedoch wiesen Amtsgericht und Landgericht die Klage ab. (Für die Verfassungsbeschwerde hat er jetzt ein Crowdfunding aufgesetzt.) H. müsse die Umbauten dulden, so die Urteile, auch weil er nicht habe nachweisen können, wie der Rauchmelder missbraucht werden könne.

H. entgegnet, dass man natürlich nie darlegen könne, dass das Gerät umprogrammiert worden sei. Aber er hält es für eine Möglichkeit, und das sei doch der entscheidende Punkt. Brunata Metrona weist das zurück: Das Gerät funke nur in eine Richtung, zum Datensammler im Hausflur. "Es kann also nicht von außen manipuliert werden."

Die Firma meint gar, das Gerät steigere den Schutz der Privatsphäre, "da die Wohnungen zur vorgeschriebenen jährlichen Funktionsüberprüfung nicht betreten werden müssen".

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