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US-Kongress: Mark Zuckerberg drückt sich vor konkreten Antworten


Anhörung vor dem US-Kongress
Mark Zuckerberg drückt sich vor privaten Fragen

Von t-online, str

Aktualisiert am 11.04.2018Lesedauer: 7 Min.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg: Im US-Senat muss der Firmengründer Rede und Antwort stehen.Vergrößern des BildesFacebook-Chef Mark Zuckerberg: Im US-Senat muss der Firmengründer Rede und Antwort stehen. (Quelle: Andrew Harnik/ap-bilder)
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Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat am Dienstagabend erstmals vor dem US-amerikanischen Kongress ausgesagt. Die Abgeordneten hatten viele Fragen, konnten dem Facebook-Gründer aber nur wenige klare Aussagen entlocken.

Normalerweise genießt das Thema Daten- oder Verbraucherschutz in der US-Politik nicht gerade Priorität. Doch wenn es um eine möglicherweise wahlbeeinflussende Datenmaschinerie geht, verstehen Republikaner und Demokraten keinen Spaß mehr. Beide Parteien verlangen Antworten von Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Am Dienstagnachmittag (Ortszeit) wurde der 33-Jährige als Zeuge vor den Rechtsausschuss des Senats geladen.

Zu Beginn der Sitzung muss sich Zuckerberg noch einmal anhören, was die führenden Politiker des Landes an seiner Plattform nicht mögen. Der junge Unternehmer sieht ehrlich betroffen aus – nicht zum ersten Mal. Er hat sich bereits mehrfach entschuldigt – online, offline und sogar in ganzseitigen Zeitungsanzeigen. Als er schließlich zu Wort kommt, stehen aber die Errungenschaften seiner Plattform im Vordergrund. Facebook habe der MeToo-Bewegung eine Stimme verliehen und Menschen in schwierigen Situationen unterstützt, zum Beispiel während Hurrikan Harvey.

Idealismus als Stärke und Schwäche

"Wir sind eine optimistische und idealistische Firma", sagt Zuckerberg in seinem Eröffnungsstatement. Dies stellt er zugleich als Stärke und Schwäche dar: Der Idealismus habe dazu geführt, dass Missbrauch zu spät erkannt wurde. Das sei sein großer Fehler gewesen und seine persönliche Verantwortung.

Seine Erkenntnis aus den zahlreichen Skandalen, fasst er so zusammen: "Es ist nicht genug, Leute zu vernetzen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass es positive Verbindungen sind. Es ist nicht genug, Menschen eine Stimme zu geben. Wir müssen auch sicherstellen, dass diese Stimme nicht gebraucht wird, um anderen Menschen zu schaden."

Zur Bewältigung der Probleme bat der Facebook-Chef erneut um Geduld. "Wir müssen jetzt alles durchgehen", so Zuckerberg. Jede einzelne App soll überprüft werden, ob es weitere Fälle von Datenmissbrauch gab. Langfristig sei er aber optimistisch, dass Facebook zu einer "positiven Kraft in der Welt" werden könne.

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Facebook: eine wirtschaftliche und politische Supermacht?

Den Senatoren in Washington geht es auch darum, den richtigen Umgang mit dem Internetriesen zu finden. Facebooks Einfluss wird selbst den nicht gerade regulierungswütigen Republikanern unheimlich.

Mehrere Politiker äußern ihre Bedenken angesichts der Wirkung des sozialen Netzwerks auf die politische Meinungsbildung. Senator Ted Cruz etwa unterstellt Zuckerberg und seinen Mitarbeitern, parteiisch zu sein und konservative Meinungen gezielt zu unterdrücken. Damit befeuert der frühere Anwärter auf das Präsidentenamt eine unter Republikanern beliebte Verschwörungstheorie.

Zuckerberg zeigt Verständnis, leugnet aber, dass seine Plattform voreingenommen sei. Als "neutral" möchte er Facebook dann aber auch wieder nicht bezeichnen. Stattdessen bemüht er seinen alten Spruch von der "Plattform für Ideen". "Wir sind für die Inhalte verantwortlich. Aber die Nutzer stellen diese Inhalte her", sagt er und gesteht Facebook einmal mehr eine Mischrolle aus Tech-Konzern und Medium zu.

Debatten über Meinungsfreiheit und Hassrede weicht er aber immer wieder aus. Ganz klar: Er, Zuckerberg, will im Gespräch mit dem Gesetzgeber nicht derjenige sein, der definiert, was erlaubt sein soll und was nicht, welche Dinge gesagt werden dürfen, und welche nicht.

Politiker wollen, dass sich Facebook Regeln unterwirft

Lindsey Graham, konservativer Senator in South Carolina, versucht vergeblich, Zuckerberg in einem Frage-Antwort-Spiel das Geständnis zu entlocken, dass Facebook quasi Monopolstellung unter den sozialen Netzwerken genießt. Doch Zuckerberg sieht es anders. Viele Konkurrenten würden ähnliche Dienste anbieten, sagt er. Der durchschnittliche Amerikaner habe acht Apps auf seinem Handy. "Sie sind also kein Monpol?", fragt Graham nach."Fühlt sich für mich auf jeden Fall nicht so an", antwortet Zuckerberg.

Zuvor hatte sich der 33-Jährige bereits offen für eine strengere Regulierung seiner Plattform gezeigt. Ob er denn auch bereit wäre, Vorschläge zu unterbreiten, fragen ihn die Senatoren jetzt. "Sicher", sagt Zuckerberg. Sein Team arbeite bereits daran. Schreibt sich Facebook sein eigenes Gesetz? Die Senatoren hätten offenbar nichts dagegen.

Später äußert Zuckerberg jedoch die Sorge, dass Regulierungsbestrebungen kleineren Unternehmen zum Verhängnis werden könnten. Ein großer Konzern wie Facebook könne neue Vorgaben leicht umsetzen. Kleinere Unternehmen hätten dafür aber nicht die Ressourcen. Tatsächlich ist das eine Befürchtung, die auch die deutsche Digitalbranche angesichts der europäischen Datenschutzgrundverordnung teilt, die im Mai umgesetzt werden muss.

Alles super beim Datenschutz?

An mehreren Stellen preist Zuckerberg all die Schritte, die sein Unternehmen bereits vollzogen habe, um die Daten der Nutzer besser zu schützen. So belehrt er eine Senatorin, dass sich Nutzer ihren Datensatz bereits vollständig herunterladen könnten. Was er nicht dazu sagt: Die Funktion wurde erst eingeführt, nachdem der Jurist Max Schrems erfolgreich gegen Facebook geklagt hatte.

Zuckerberg stellt es so dar, dass sein Unternehmer eben auf die Bedürfnisse seiner Nutzer eingehe. "Facebook ist sicher", versichert er den Politikern. "Meine ganze Familie nutzt es. Ich nutze es." Was er nicht sagt: Der Facebook-Chef nimmt sich das Privileg heraus, seine Privatnachrichten nachträglich aus Chats zu löschen, eine Supermacht, die sonst keiner hat.

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Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold verfolgt das teilweise unterhaltsame Hin und Her zwischen dem 33-jährigen Nerd und den altgedienten Senatoren live im Sitzungssaal am Capitol Hill.

Der Saal 216 des Senate Hart Building ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Hinter Zuckerbergs Begleitung sitzen dicht an dicht knapp 100 Journalisten. Viele interessierte Bürger mussten draußen bleiben.

Private Fragen beantwortet er nicht

Zuckerberg wird nach den offensichtlichen Themen wie Datenschutz und Manipulationen gefragt – aber auch immer wieder nach Themen, die ihn überraschen. Als der demokratische Senator Dick Durbin Zuckerberg fragt, ob er verraten würde, in welchem Hotel er gestern Nacht geschlafen habe, bringt dieser nur ein langgezogenes „Ahhhh“ heraus – der ganze Saal lacht. „Vielleicht geht es bei unserem Thema ja genau darum“, sagt Durbin.

Zumindest die Anleger scheinen der Meinung zu sein, dass sich der Facebook-Chef gut schlägt: Während Zuckerberg verhört wird, zieht der Wert der Aktien seines Unternehmens deutlich an, wie die Wirtschaftsnachrichtenseite Axios hervorhebt.

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Facebook hat vielleicht Informationen für Robert Mueller

Facebook bestreitet nicht, auch mit Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten. Auf die Frage, ob das Unternehmen auch von dem Sonderermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre vorgeladen worden sei, antwortete Zuckerberg zunächst mit Ja. Dann betont er die Vertraulichkeit der Zusammenarbeit und rudert schließlich zurück. Er könne nicht sagen, ob es eine Vorladung gegeben habe. Auf jeden Fall kooperiere sein Unternehmen mit dem Ermittlerteam. Robert Mueller untersucht die Verbindungen des Trump-Teams nach Russland.

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Der Medienrummel zur ersten Anhörung ist gewaltig, und das nicht nur, weil Facebook mit zwei Milliarden Nutzern das größte und einflussreichste soziale Netzwerk der Welt ist. Auch das Interesse an der Person Zuckerberg ist groß. Der Facebook-Gründer spricht nicht gerne in der Öffentlichkeit, er gibt selten Interviews. Vor allem gegenüber der Kritik an Facebook, selbst aus den eigenen Reihen, hat er sich jahrelang verschlossen.

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Doch jetzt geht es um alles. Zuckerberg muss sich verlorenes Vertrauen zurück erkämpfen. Zur Vorbereitung ließ sich der junge Milliardär von Spezialisten schulen, berichteten US-Zeitungen.

Dem Kongress werden ein paar emotionale Worte nicht genügen. Der Skandal um gekaufte politische Kampagnen aus Russland haben Zuckerbergs Unternehmen schon im laufenden Präsidentschaftswahlkampf 2016 erschüttert. Spätestens seit den Enthüllungen des Whistleblowers Christopher Wylie, einem Ex-Mitarbeiter der Trump-nahen Wahlkampffirma "Cambridge Analytica", tobt die Debatte. Es geht um die Frage, wie groß der Einfluss sozialer Netzwerke auf öffentliche Debatten ist – und wer diesen Einfluss letztendlich ausübt.

Zur Erinnerung: "Cambridge Analytica", eine zwielichtige Datenanalysefirma aus England, soll unrechtmäßig erworbene Facebook-Daten gekauft haben, um eine Spezial-Software für Werbezwecke zu entwickeln. Anzeigen sollten dabei auf das jeweilige psychologische Profil des Nutzers abgestimmt werden. Indem die Kampagnenmacher gezielt an die Schwächen, Ängste oder Wünsche des Einzelnen appellierten, soll eine Wahlbeeinflussung möglich gewesen sein. Das zumindest behauptet der Entwickler der Software, Wylie.

Wie gut die manipulative Masche funktioniert ist völlig unklar. Facebook selbst will eine Expertenkommission einrichten, die solche Effekte untersuchen soll. Hier ist nicht allzu bald mit einer Antwort zu rechnen. Cambridge Analytica soll zu einem späteren Zeitpunkt vorgeladen werden.

Warum hat es so lange gedauert, bis Facebook reagierte?

Doch es gibt noch eine weitere Frage, die sich jetzt stellt: Warum blieb Facebook jahrelang untätig? Denn dass Daten illegal weitergegeben wurden, war dem Unternehmen seit 2015 bekannt. Facebook schrieb sogar einen mahnenden Brief an "Cambridge Analytica" und bat um Löschung. Doch kontrolliert wurde das nie. Auch die von dem "Datenklau" betroffenen Nutzer wurden nicht benachrichtigt. Das geschah erst in dieser Woche.

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In einer vorab veröffentlichten Stellungnahme gestand Zuckerberg, schwere Fehler gemacht zu haben. Und er verspricht Wiedergutmachung. Der Gewinn seines Unternehmens sei ihm nicht wichtiger als der Schutz der Nutzer, entgegnete er den Kritikern, die glauben, das Grundproblem liege im Geschäftsmodell der Plattform.

Europa macht mehr Druck

Innerhalb von Europa wurde das Netzwerk bereits wiederholt für seine Datenschutzverstöße abgemahnt oder zu Strafen verurteilt. Weitere Gerichtsverfahren laufen noch. Auch die europäische Datenschutzgrundverordnung, die am 25. Mai wirksam wird, soll die Nutzer mehr in Schutz nehmen. Danach drohen Facebook bei weiteren Verstößen Strafen von bis zu vier Prozent seines Umsatzes, was durchaus abschreckend wirken dürfte.

Zuckerberg hat angekündigt, die Vorgaben der neuen europäischen Datenschutzregelung weltweit umsetzen zu wollen. Ob damit US-Bürgern der gleiche Schutz privater Daten zugesichert wird wie EU-Bürgern, bleibt fraglich. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass Facebook lediglich kosmetische Änderungen vornimmt, wie etwa das neue Design der Privatsphäre-Einstellungen.

Bisher gebe es in den USA noch eine andere Mentalität im Bezug auf Datenschutz, sagte Zuckerberg in der Anhörung. Er sei jedoch der Meinung, es sollte eine Debatte zu dem Thema geben.

Daneben hat Facebook den Zugang für App-Entwickler stark eingeschränkt und weitere Schwachstellen gestopft, um das illegale Abgreifen von Nutzerdaten künftig zu verhindern. Für die kommenden Kongresswahlen plant das Netzwerk zudem eine Transparenz-Offensive für politische Anzeigen. Ein Desaster wie 2016, als sich ausländische Akteure in den Wahlkampf einmischten, soll sich nicht wiederholen können.

Am Mittwoch wird sich Zuckerberg den Fragen des Ausschusses für Energie und Handel im Abgeordnetenhaus stellen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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