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"Unser Kind kann..." Talente entdecken und ohne Druck fördern


Erziehung
"Unser Kind kann..." Talente entdecken und ohne Druck fördern

Von t-online
12.10.2011Lesedauer: 7 Min.
Die richtigen Interessen fördern - wer weiß, ob dahinter nicht ein kleiner "David Garrett" steckt.Vergrößern des BildesDie richtigen Interessen fördern - wer weiß, ob dahinter nicht ein kleiner "David Garrett" steckt. (Quelle: imago)
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Viele Eltern sind von Beginn an auf der Suche - auf der Suche nach dem Talent ihres Kindes. Zeigen Kinder nicht klar, wo ihre Interessen liegen, sind viele Eltern ratlos: Was soll denn jetzt gefördert werden? Eher der musische Bereich oder sollen wir mit unserem Kind lieber zur Ballschule oder doch in den Kindermalkurs? Für sie gibt es Orientierungspunkte bei der Talentsuche. Wir sagen Ihnen welche und wie Sie Ihr Kind fördern können.

Musik oder Fußball?

Papa sieht schon den neuen Schweinsteiger in seinem Sohn, so stramme Waden wie der hat. Und die Tochter wird bestimmt Pianistin, bei dem Interesse an Musik. Opa ist sich sicher, dass seine Enkelin eine große Ingenieurin wird, weil sie aus leeren Dosen wunderbare Autos bastelt. Doch wie viele und welche Talente ihr Kind wirklich mitbringt, können auch Eltern oder Großeltern schwer sagen. Deshalb ist es für Eltern entlastend, wenn ihr Kind ihnen den Weg weist und klar eine bestimmte Neigung zeigt. Ob das Kind wirklich Talent für diesen Bereich hat, ist erst einmal zweitrangig. Wichtig ist, dass es Spaß hat, Anerkennung bekommt und dadurch ein gutes Selbstbewusstsein entwickelt.

Was ist Talent?

Als Begabung bezeichnet man eine Veranlagung oder Fähigkeit für einen Bereich, die aus einer Mischung von genetischen Anlagen und Umwelteinflüssen entstehen. "Talent hat, wer richtig gut in bestimmten Bereichen ist, besser als das Gros seiner Mitmenschen", schreibt Cornelia Nitsch in ihrem Buch "Kleine Kinder, große Talente". Die Ratgeber-Autorin weist darauf hin, dass Begabungen oft im Doppel- oder Dreierpack daherkommen. Wer beispielsweise gut in Musik ist, hat nicht selten auch eine sprachliche oder mathematische Begabung, da die Bereiche eng zusammen hängen. Doch es kommt auch vor, dass Kinder "Inselbegabungen" haben und in ihrem Kopf nur Platz für eine Wissenschaft wie beispielsweise Mathematik ist.

Wie lässt sich ein Talent erkennen?

Eltern sind die besten Talentfinder, da sie ihr Kind sehr gut kennen. Schon im einfachen Zusammenleben fallen ihnen häufig Dinge auf, die ihr Kind besonders gut kann. Aber auch Lehrer in der Schule, Instrumentenlehrer oder Trainer haben einen guten Blick für eine besondere Begabung ihrer Schützlinge. Grundlage ist, dass Sie Ihr Kind beobachten. Sie können zum Beispiel ein Tagebuch führen, in das Sie besondere Leistungen oder Lieblingsbeschäftigungen Ihres Kindes festhalten. Dabei helfen Ihnen Fragen wie:

- Was tut mein Kind am liebsten? Womit beschäftigt es sich selbstständig und über einen längeren Zeitraum?

- Welche Beschäftigung sucht es sich ganz allein?

- Was kann mein Kind besonders gut, vielleicht besser als andere?

- In welchen Bereichen fällt ihm das Lernen leicht? Worin macht es schnell Fortschritte?

- In welchen Bereichen konnte sich mein Kind noch gar nicht ausprobieren, möchte es aber gerne?

Neben den Faktoren, die direkt mit Ihrem Kind zusammenhängen, sind auch die Voraussetzungen wichtig, die es in Ihrer Familie vorfindet. Ganz natürlich entdecken Kinder jene Bereiche zuerst, die ihre Umgebung ihnen unmittelbar bietet. Es liegt nahe, dass sich Ihr Kind mit Malen und Zeichnen beschäftigt, wenn Sie selbst Maler oder Hobbymaler sind. Sind Sie viel im Wald unterwegs, wird auch Ihr Kind als Naturliebhaber heranwachsen. Doch vielleicht hat Ihr Kind auch in neuen Bereichen Talente, die Sie selbst nicht haben und die gar nicht in Ihrem Wirkungskreis liegen. Dafür stellen Sie sich folgende Fragen:

- Welche besondere Begabungen gab es bisher in meiner Familie? Womit habe ich mich, meine Geschwister, Eltern und Großeltern beschäftigt?

- Leben wir diese Bereiche noch immer in der Familie aus oder sind sie verkümmert?

- Wie ist mein Kind bisher gefördert worden? Was hat es schon ausprobiert, war es darin erfolgreich und hat es ihm Spaß gemacht? Wie hat es reagiert, als das Lernen mühsamer wurde?

- Liegt ein bestimmtes Interesse für ein Fach oder eine Aktivität vielleicht auch an dem jeweiligen Lehrer? Oder am Interesse der Freundin oder des Freundes, gar nicht im Kind selbst?

- Haben wir unser Kind in eine Richtung gedrängt, weil es Familientradition ist? Gibt es vielleicht ein Hobby, das ihm (noch) mehr Spaß machen würde?

- Mache ich ihm mit Aussagen wie, "Malen ist was für Mädchen", "Mathe ist ganz schön schwer" oder "Fußball spielen nur Rabauken" eine Wunschbeschäftigung madig, ohne es zu merken?

Wichtig ist, dass Sie sich Zeit für die Beobachtungen nehmen und keinen Bereich aussparen, der Ihnen selbst vielleicht gar nicht wichtig erscheint. Das Problem ist die subjektive Wahrnehmung, die Eltern in diesem Fall ausblenden müssen. Die Einschätzung unterliegt häufig persönlichen Erfahrungen, Wünschen und Projektionen, ohne dass man es selbst merkt. So können auch schon Vater und Mutter eines Kindes unterschiedlicher Meinung sein, ob und für was ihr Kind besonders begabt ist. Sind keine eigenen Erfahrungen vorhanden, lässt sich ebenfalls schwer beurteilen, ob das Kind etwas besonders gut kann oder eben "nur" im normalen Rahmen. Haben Sie das Gefühl, Ihr Kind hat eine außergewöhnliche Begabung, ziehen Sie einen Experten hinzu.

Experten auf Talentsuche

Erschrecken Sie nicht: Einen Experten um Rat zu fragen, heißt nicht, dass Sie Ihr Kind direkt an die Hochbegabtenmaschinerie ausliefern. Ein Gespräch mit dem Fußballtrainer, dem Klavier- oder Mathelehrer bringt schon häufig Aufschluss, ob Ihr Gefühl stimmt oder nicht. Dann können Sie entscheiden, welchen Weg Sie und Ihr Kind einschlagen möchten. Oftmals kommen Pädagogen und Trainer von sich aus auf Eltern zu, wenn sie eine besondere Begabung bei einem Kind feststellen. Neben den eigenen Beobachtungen und denen der Pädagogen, Trainer oder Kursleiter, gibt es mittlerweile recht gute Testverfahren, die Talente aufdecken sollen. Mit einem festen Fragenkatalog, bei dem Sie Ihre Kenntnisse und Beobachtungen über Ihr Kind weitergeben und Ihr Kind befragt wird, entsteht ein Begabungsprofil mit ganz individuellen Ausprägungen. In den Tests wird nicht nur getestet, ob ein Kind kreativ ist oder stark logisch denkt, es werden viele Bereiche abgeklopft und beurteilt. Im Begabungstest der Autoren Thomas von Kraft und Doktor Edwin Semke in "Talente entdecken und fördern", werden beispielsweise zehn Bereiche getestet: Soziale Kompetenz (allgemein), Soziale Kompetenz (Verträglichkeit), Leistungsmotivation, räumliches Denken, logisches Denken, sprachliche Fähigkeiten, sportliche Fähigkeiten, praktisches Geschick, Musikalität, Kreativität.

Begabung fördern - ohne Druck

Voraussetzung für eine angemessen Förderung ist Ihr Kind. Es muss mitspielen und selbst Lust haben, sich anzustrengen und mit Spaß an die Aktivität heran gehen - zumindest die meiste Zeit. Es kann sehr anspruchsvoll sein, ein richtiges Talent zu fördern, vor allem, wenn die Eltern in diesem Bereich keine eigenen Erfahrungen haben. Doch ein dickes Erfolgserlebnis entschädigt Eltern und Kind für so manche Unannehmlichkeit. Das sollten Sie noch beachten:

- Dokumentieren Sie die Entwicklung Ihres Kindes in Form eines Tagebuches, Fotos und/oder Videoaufnahmen. Dadurch haben Sie und Ihr Kind einen Überblick über Fortschritte, Stagnation und Rückschritten. Außerdem macht es Spaß, den Prozess des Lernens beobachten zu können.

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- Beachten Sie die Bedürfnisse Ihres Kindes und gehen Sie auf Wünsche ein. Ist Ihr Kind überfordert, wird es Ihnen das mitteilen - Sie müssen nur richtig zuhören.

- Beachten Sie, dass Ihr Kind nicht nur Pflichten erfüllen kann, es braucht auch einen Ausgleich. Natürlich muss es die alltäglichen Dinge wie Hausaufgaben, Tischdecken und das Trainieren seines Talentes erledigen, doch es ist ebenso wichtig, dass es auch Freizeit hat. Manche Kinder müssen regelrecht gebremst werden, weil sie so in ihrer neuen Aufgabe aufgehen.

- Zeit zum Spielen, Lesen, Basteln, Träumen, Puzzeln sind begabungsfördernde Maßnahmen. Sehen Sie nicht nur den Kurs oder den Unterricht, der auf Ihr Kind zugeschnitten ist, als wichtig an!

- Wenn ein Kurs begonnen wird, wird er auch beendet. Das sollten Sie Ihrem Kind vermitteln und es vor die Wahl stellen, ob es ihn wahrnehmen möchte oder nicht. Hat es sich dafür entschieden, wird er durchgezogen, auch wenn er mal nicht so viel Spaß macht. Ausdauer und Durchhaltevermögen sind wichtige Lernprozesse.

- Unterschätzen Sie den Faktor Schule nicht. Schule kann großen Spaß machen und ist ein wichtiger Teil der Begabtenförderung. Sie fördern Ihr Kind vor allem, wenn Sie das Schulwissen Ihres Kindes in ihren Alltag mit einbauen, wie zum Beispiel Rechen- und Wortspiele auf einer längeren Autofahrt. Ein Besuch im Museum, wenn der Impressionismus durchgenommen wird und ein Besuch im Zoo, wenn es in der Grundschule um Wildtiere geht, zeigt Ihrem Kind, dass Sie ein ehrliches Interesse an ihm und seiner Schullaufbahn haben.

- Ist Ihrem Kind in der Schule langweilig und ist es unterfordert, suchen Sie sich extra Material, das Sie gemeinsam durchgehen. So kann es sich ausprobieren und verliert nicht die Lust an dem langweiligen Schulstoff.

- Helfen Sie Ihrem Kind nur, wenn es Sie darum bittet und schauen Sie ihm nicht ständig über die Schulter, wenn es etwas übt. Verzichten Sie auf Bewertungen, ständige Kritik aber auch auf gute Ratschläge und übermäßige Verbesserungsvorschläge.

- Bauen Sie keinen Druck auf - Ihr Kind wird ziemlich sicher irgendwann dagegen rebellieren und sich verweigern. Schrauben sie Ihre Erwartungen gegebenenfalls herunter. Es geht nur darum, dass es Ihrem Kind gut geht und es sich entwickeln kann, nicht darum, dass es ein neuer Einstein wird!

- Auch wenn Sie mit dem neuen Faible Ihres Kindes nichts anfangen können, unterstützen Sie es dabei und machen Sie sich nicht darüber lustig. Selbst, wenn Ihr Junge gerne zum Ballettunterricht möchte und Sie lieber einen Fußballer hätten.

Lassen Sie Ihr Kind Kind sein

"Die Pflanzen wachsen nicht schneller, wenn man an ihnen zieht", pflegt der Neurobiologe und Begabungsexperte Professor Gerald Hüther zu sagen, wenn es um die Förderung kindlicher Begabungen geht. Ziehen und zerren Sie deshalb nicht an Ihrem Kind, sondern sorgen Sie dafür, dass es seinen Aufgaben entsprechend wachsen kann. Dafür braucht es Ihre Wärme und Liebe, Ihre Fürsorge und Ihr Verständnis. Denn das Wichtigste für ein begabtes Kind ist die innere Ausgeglichenheit, ein behütendes Elternhaus und der Kontakt zu anderen Kindern. Genau wie für jedes andere Kind auch.

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