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Sat.1 mit neuem Format: "Mission Familie"


Interview mit Alina Wilms
"Mission Familie": Diese Frau will unsere Nation erziehen

t-online, Maria M. Held

Aktualisiert am 26.03.2014Lesedauer: 5 Min.
Sie ist die neue TV-Nanny: Alina WilmsVergrößern des BildesSie ist die neue TV-Nanny: Alina Wilms (Quelle: Sat.1)
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Sie spüren Familiengeheimnisse auf: Archibald und Alina Wilms. Der Therapiehund und die 42-jährige Psychologin sind das Team der neuen Sat.1-Reihe"Mission Familie", die am 26. März startet. Wilms greift da ein, wo Eltern und Kinder keinen Ausweg mehr finden, verspricht der Sender vollmundig. Dabei erinnert uns das alles sehr an die "Super Nanny" von RTL: Echte Familien mit verschiedenen Problemen werden in ihrem Alltag beobachtet und psychologisch begleitet.

Doch im Vorfeld grenzen sich die Macher der Erziehungsshow entschieden von diesem Format ab. Was so besonders an "Mission Familie" ist, darüber sprach die Psychologin Alina Wilms mit Eltern-Redakteurin Maria M. Held für T-Online.de.

T-Online.de: Frau Wilms, in Ihrem Methodenkoffer stecken klassische Verhaltenstrainings, Lernstrategien und buddhistisch-meditative Erfahrungen. Was unterscheidet "Mission Familie" von anderen Sendungen wie der "Super-Nanny"?

Alina Wilms: Das Besondere an der Sendung ist der psychologische Coachingansatz. Auch einen Therapiehund mit eigenem Coachingformat hat das deutsche Fernsehen meines Wissens nach bisher noch nicht gesehen. Besonders ist auch, dass der Zuschauer am Bildschirm mitlernen kann. Dafür sind in jede Sendung Praxistipps eingewoben, die noch einmal konkret erklären, wie eine Methode funktioniert und was dabei zu beachten ist. Die Sendung soll "edu-tainen". Die Zuschauer sollen unterhalten werden und zugleich neue "Aha"-Erkenntnisse verinnerlichen. Dadurch wird auch der Gang zum Psychologen entstigmatisiert, die Bevölkerung wird kompetenter was Psychologie betrifft.

Wie bauen Sie zu den Familien eine Beziehung auf?

Weil Archi so niedlich ist und die meisten Kinder Hunde lieben, ist er ein genialer Eisbrecher. Der Abschied ist meist weitaus herausfordernder als das Kennenlernen. In der Regel bleibe ich etwa eine Woche bei einer Familie. Wo die Probleme vielschichtiger sind oder bei alleinerziehenden Eltern bleibe ich oft länger. Handelt es sich um ein einzelnes, gut eingrenzbares Problem, kann es sein, dass die Familie bereits nach intensiven zwei oder drei Tagen eine Neuausrichtung für die Zukunft verinnerlicht hat.

Sie arbeiten sonst in der eigenen Praxis - was ist jetzt anders?

Durch das Coaching in der Familie kann ich noch näher und intensiver begleiten als in der Praxis. Dadurch dass sich ein zusammenhängendes Zeitfenster von mehreren Tagen mit mehreren Stunden ergibt, sind die Möglichkeiten, etwas neu zu verankern ganz anders, als wenn eine Familie ein Jahr lang für 50 Minuten in der Woche in der Praxis vorstellig wird. Das Coaching ist unmittelbarer, weil ich am Ort des Geschehens bin, anstatt mir in der Praxis davon berichten zu lassen. Wesentlichster Unterschied ist, dass es sich hier eben nicht um Therapie im engeren Sinne handelt, sondern um ein psychologisches Coaching mit anderen Rahmenbedingungen, eine neue Herausforderung.

Das Wort "Harmonie" fällt sehr oft, ihre eigene Praxis heißt "Villa Harmonie", wie definieren Sie Harmonie?

Harmonie bedeutet für mich immer wieder einen mittigen Ausgleich herzustellen. Auch bereits vorhandene positive Ansätze sind mir wichtig. Das nennt man in der Fachsprache Ressourcenorientierung. Ich möchte den Familien zeigen, was sie bereits an Positivem mitbringt. Allein die Tatsache, dass sie noch eine Familie sind und die Motivation hatten, sich bei uns Unterstützung zu suchen, deutet auf vorhandene Ressourcen hin. Wichtig ist, danach genauer zu analysieren wodurch und wann Disharmonien entstehen und diese dann zu bewältigen. Disharmonie gehört zum Leben und ist ganz natürlich. Die Herausforderung besteht darin, sie bewusst und rechtzeitig wahrzunehmen und sie wieder mit einem harmonischen Klang aufzulösen.

ADHS - ein heißes Eisen als Thema der ersten Sendung: Welche Familien werden wir bei Ihnen treffen? Aus sozialen Brennpunkten, "bessere" Familien, Teenie-Mütter, prügelnde Väter, suchtkranke Mütter, depressive Kinder - um nur ein paar Klischees zu erwähnen.

Die Familien, die wir besuchen, repräsentieren das breite Spektrum von Familien in Deutschland. Damit sich möglichst viele Zuschauer identifizieren können, möchten wir bewusst Familien aus verschiedenen sozialen Schichten mit diversen Familienkonstellationen aus allen Regionen begleiten. Wir haben Familien von Nord- bis Süddeutschland begleitet, Kleinkinder und Jugendliche, Alleinerziehende, Patchworkfamilien, multikulturelle Familien und Mehrgenerationenfamilien, vermögende und sozial eingeschränkte Familien, vom Münchner Golflehrer bis zu einer Leipziger Großfamilie.

Was sollen die Zuschauer aus "Mission Familie" mitnehmen: Hoffentlich passiert mir das nicht? Fremdschämen? Schadenfreude oder Tipps für das eigene Erziehungsverhalten?

Es wäre schön, wenn unsere Zuschauer Empathie für die betroffenen Familien empfinden und sich mit ihnen freuen, wenn positive Veränderungen geschehen. Ich wünsche unseren Zuschauern, dass sie die "Aha"-Effekte, die aus dem aktiven Zuschauen entstehen, auf ihr eigenes Familienleben übertragen. Dadurch können viele Familien etwas verändern und wir können in 45 Minuten nicht nur eine Familie coachen, sondern rein theoretisch eine ganze Nation. Am Ende einer Folge soll der Zuschauer auch selbst zu einem "kleinen Laienpsychologen" geworden sein, Begriffe wie die "Paradoxe Intervention" am nächsten Tag vielleicht der besten Freundin erklären und den eigenen psychologischen Kompetenzbereich erweitern.

Was ist das Schlimmste, was Eltern ihren Kindern antun können. Was sind die unverzeihlichen Sünden in der Erziehung?

Jede Form von Gewalt, sei sie körperlicher, sexueller oder emotionaler Natur hinterlässt meist lebenslange psychische Spuren bei den Kindern. Merken Eltern, dass sie hierzu neigen ist es ihre Pflicht, sich professionelle Hilfe zu suchen und ihre Neigung zu bewältigen.

Was sind die Fehler, die wirklich fast alle Eltern immer wieder begehen?

Verunsichert durch -zig Erziehungsratgeber und schwankende gesellschaftliche Empfehlungen zur Kindererziehung tendieren viele Eltern dazu, ihren Erziehungsstil ständig zu verändern. Mal das eine, dann das andere auszuprobieren. Dadurch verliert das Kind seinen Halt und empfindet seine Welt als unberechenbar. Am hilfreichsten ist eine beständige, sogenannte autorative Erziehung, in der es sowohl klare Grenzen als auch Freiräume gibt, und in der Entscheidungen der Eltern für das Kind verständlich und nachvollziehbar sind. Das stellt auch wieder Harmonie her. Darüberhinaus würde mehr Achtsamkeit den meisten Familien gut tun, dass sie wirklich achtsam miteinander leben, anstatt gemeinsam den Alltag abzuarbeiten. Schließlich ist eine tragfähige Familienbindung der beste Puffer, um trotz unvorhersehbarer Schicksalsschläge psychisch gesund und stabil zu bleiben.

Gibt es Grenzen der Erziehung? An denen man sagen muss, das Kind ist nicht erziehbar? Oder diese Eltern können dieses Kind nicht mehr erziehen? Und dann?

Selbstverständlich sind die Herausforderungen bei manchen Kindern weitaus größer, aber ich habe noch nie ein Kind fort geschickt, weil ich es von vorne herein aufgegeben hätte. Wenn in einer Familie die Fronten zu verhärtet sind, mag es in Extremfällen sinnvoll sein, zunächst einmal örtliche Trennung zu schaffen, einzeln zu coachen und die Familie dann unter neuen Voraussetzungen wieder zusammen zu führen.

Der Schulmassenmord in Erfurt war für Sie und in Ihrer Arbeit ein wichtiges Thema. Wie hat Sie das geprägt?

Bisher war ich hauptsächlich als Traumatologin bekannt. In dieser Funktion habe ich Menschen nach traumatischen Ereignissen wie dem Schulmassenmord in Erfurt begleitet. Vielleicht kann die Sendung ein präventiver Baustein sein, um beispielsweise auch depressiv-aggressive Kinder und Jugendliche aufzufangen, die ansonsten später vielleicht psychisch krank, selbst gefährdet oder auch fremd gefährlich geworden wären.

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Sie sind selbst Mutter - blenden Sie ihr Privatleben völlig aus oder fließt das in die Sendung und Ihre Arbeit mit ein?

Als erfahrene Psychologin habe ich gelernt, gesunden professionellen Abstand zu wahren. Zugleich denke ich selbstverständlich auch immer wieder gern an meine Sendungsfamilien. Von einigen haben Archi und ich sogar liebevolle Erinnerungsgeschenke bekommen, die wir gut verwahren.

Ein wenig färbt die Sendung aber doch auch auf meine eigene Familie ab. Neulich hat mich mein achtjähriger Sohn gefragt, ob ich gerade eine paradoxe Intervention an ihm ausprobiere und ob Kinder das umgekehrt auch mit ihren Eltern machen können.

Frau Wilms, herzlichen Dank für das Gespräch!

Sendetermin: "Mission Familie", Folge 1, 26. März, 22:15, Sat.1

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