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Rätselhafter Patient: Hautblasen, Verlust der Fußnägel


Rätselhafter Patient
Hautblasen, Verlust der Fußnägel - was quält das Baby?

spiegel-online, Heike Le Ker

13.01.2014Lesedauer: 3 Min.
Die Zahl der Fälle von atypischer Hand-Fuß-Mund-Krankheit mehren sich in den letzten Jahren.Vergrößern des BildesDie Zahl der Fälle von atypischer Hand-Fuß-Mund-Krankheit mehren sich in den letzten Jahren. (Quelle: Symbolbild - Thinkstock by Getty-Images)
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Als der Arzt einen kleinen Jungen mit Fieber und roten Flecken an Mund, Händen und Füßen untersucht, reagiert er gelassen. Die Krankheit werde von allein verschwinden. Doch drei Tage später hat der Junge dicke rote Blasen, fünf Wochen später verliert er Zehennägel. Was quält ihn?

Der kleine Junge hat seit einem Tag Fieber und einen Ausschlag am Körper, der den Eltern Sorge bereitet. Rund um den Mund, aber auch an den Händen, den Füßen, am Rücken und am Po leuchten kleine, leicht verhärtete rote Flecken auf der Haut des neunmonatigen Kindes. Die Eltern bringen es zum Kinderarzt.

Der Pädiater erfährt schnell, dass der Junge, dessen Temperatur auf 39,4 Grad gestiegen ist, eine Woche zuvor mit Kindern gespielt hat, die ähnliche Symptome hatten. Für den Mediziner ergänzen diese Informationen das Bild der Hautveränderungen: Es muss sich um die sogenannte Hand-Fuß-Mund-Krankheit handeln, die in den meisten Fällen durch Coxsackie-A-Viren ausgelöst wird. Trotz der ähnlichen Namen hat die Hand-Fuß-Mund-Krankheit, die nur bei Menschen auftritt, nichts mit der Maul-und-Klauenseuche bei Tieren zu tun.

Die Krankheit verläuft normalerweise leicht, vier von fünf Infizierten bemerken sie gar nicht. Die anderen entwickeln zu Beginn Fieber, ein bis zwei Tage später treten die typischen Hautveränderungen vor allem im und um den Mund, an den Handflächen und Fußsohlen auf. Innerhalb von sieben bis zehn Tagen ist normalerweise alles wieder vorbei. Weil es keine ursächliche Therapie gibt, schickt der Kinderarzt die Familie wieder nach Hause. Gegen das Fieber verordnet er Paracetamol.

Herpes? Gürtelrose? Ärzte stehen vor Rätsel

Die Symptome des Kindes bilden sich jedoch nicht zurück, sie verschlimmern sich sogar. Zwar verschwindet das Fieber nach zwei Tagen wieder, doch der Ausschlag breitet sich über Arme, Beine und den Rumpf aus. Die kleinen roten Flecken wachsen zu Blasen heran, die teilweise platzen. Die Eltern suchen jetzt Rat in der Rettungsstelle einer Universitätsklinik, wie der Kinderarzt Henry M. Feder von der University of Connecticut und seine Kollegen im Fachjournal "The Lancet" berichten.

Bei der Untersuchung bemerken die Ärzte nicht nur einen im Vergleich zu den normalerweise auftretenden Hauterscheinungen deutlich stärkeren Ausschlag, sondern auch aufgeplatzte Bläschen im Mund und an der Zunge. An einigen Stellen ist die Haut verschorft. Die Mediziner können dem Kind deutlich ansehen, dass es sich nicht wohlfühlt, Fieber hat es aber nicht mehr.

Sie denken nun über andere Diagnosen nach. Könnte es sich möglicherweise um einen Herpes zoster, umgangssprachlich Gürtelrose, handeln? Dabei lösen die Erreger der Windpocken, die sogenannten Varizellen, eine schmerzhafte Bläschenbildung aus, die meist einem oder mehreren Nervensträngen folgt.

Es könnte auch sein, dass das großflächige Ekzem durch Herpesviren ausgelöst wurde. Oder aber die Bläschen gehören zum Krankheitsbild der Impetigo contagiosa, bei der eine Infektion mit Staphylokokken (kugelförmige Bakterien) und selten Streptokokken zu Bläschenbildung führt. Diese Krankheit ist unter Kleinkindern besonders ansteckend, heilt aber durch Antibiotikatherapie und lokale Antiseptika normalerweise folgenlos aus.

Atypischer Hand-Fuß-Mund-Krankheit: Kind verliert Fußnägel

Um die erste Verdachtsdiagnose einer Hand-Fuß-Mund-Krankheit zu überprüfen, schicken die Ärzte eine Stuhlprobe des Kindes ins Labor. Die Coxsackie-Viren vermehren sich in Körperflüssigkeiten ebenso wie im Darm. Die in den meisten Fällen ursächlichen Coxsackie-A16-Viren können die Mediziner allerdings nicht finden. Vielmehr wimmelt es von Coxsackie-A6-Viren, wie die Laborergebnisse am sechsten Tag nach Krankheitsbeginn zeigen.

Damit bestätigt sich die Verdachtsdiagnose nur bedingt: Der Junge leidet unter einer atypischen Form der Hand-Fuß-Mund-Krankheit, die zu viel heftigeren Beschwerden führt als die klassische Form. Als Folge verlieren die Betroffenen mitunter einen oder mehrere Finger- und Fußnägel. Sehr selten entwickeln sich Lähmungen oder eine Hirnhaut- oder Gehirnentzündung.

Der kleine Junge übersteht die akute Infektion innerhalb von zehn Tagen. Doch auch er verliert zwei seiner Fußnägel, wie die Ärzte bei einer Nachuntersuchung fünf Wochen später feststellen. Diese wachsen normalerweise von allein wieder nach.

Weil sich die Ausbrüche der atypischen Form in den letzten Jahren mehren, haben Ärzte weltweit begonnen, die Fälle aufzuzeichnen und das Erbgut der Viren zu analysieren. Wie Feder und seine Kollegen im "Lancet" berichten, ähneln sich die Erreger in den unterschiedlichen Ländern erstaunlich stark: In der sogenannten codierenden Region der Virus-RNA habe es nur acht Prozent Unterschiede gegeben. Von den Analysen erhoffen sich die Wissenschaftler eine bessere Kenntnis der Erreger und ihrer Verbreitung.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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