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Tagesmutter: Notlösung oder Idealfall?


Tagesmutter
Notlösung oder Idealfall? Pro und Contra Tagesmutter

t-online, mmh

04.07.2011Lesedauer: 5 Min.
Junge Frau beobachtet ein Kleinkind beim Spielen mit bunten Bechern.Vergrößern des BildesTagesmütter bieten ein Stück Zuhause, während die Eltern arbeiten. (Bild: Imago)
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Es gibt nicht die ideale Betreuungsform. Oder doch? Zumindest gibt es Gestaltungsspielräume und Wahlmöglichkeiten und die variieren je nach Art der Institution. Eine der flexibelsten Formen der Kinderbetreuung bieten Tagesmütter. Denn sie können auf die individuellen Erfordernisse eingehen und direkte Absprachen treffen, ihre Öffnungszeiten sind nicht starr und die Räume bieten eine heimelige Atmosphäre. Sie sind keine Profis und schon gar keine Super-Nannys, aber oft verfügen sie über einen Erfahrungsschatz, der Kindern und Eltern nutzt.

Pro und Contra Tagesmutter

"Hallo Schwesterchen" - "Na, Bruder, wie geht es Dir?" Noch heute begrüßen sich die zehnjährige Elisabeth und der gleichaltrige Felix so. Als einjährige wurden sie "Geschwister auf Zeit" bei einer Tagesmutter, heute ist daraus eine Freundschaft geworden. Es passt nicht für jedes Kind, Tagesmütter-Betreuung hat Vor- und Nachteile. Aber oft ist die Betreuung durch Tagespflegepersonal - so die offizielle Bezeichnung, die auch Tagesväter mit einschließt - schlicht die einzig mögliche Betreuungsform. "Für uns kam dieses Modell gar nicht in Frage", erzählt die 44-jährige Denise, "wir haben das Experiment Tagesmutter rasch abgebrochen, das hat nicht geklappt. In der Krippe aber hat es Marc sofort gefallen, da war immer etwas los, da war es nicht so langweilig wie zuhause oder bei der Tagesmutter."

Was tun Tagesmütter?

Tagespflegepersonal heißt der korrekte Begriff, denn schließlich können auch Männer Tagesvater sein, deren Zahl ist allerdings verschwindend gering. Tagesmütter nehmen Kinder tage- oder stundenweise gegen Bezahlung bei sich zuhause auf und lassen sie am normalen Familienleben teilnehmen. Meist haben Tagesmütter selbst Kinder, die sie zuhause betreuen wollen. Viele nutzen diese selbständige Tätigkeit, um eine Pause in ihrem eigentlichen Beruf zu überbrücken und die eigenen Kinder betreuen zu können. Meistens sind die Kinder bis zum Start des Kindergartens bei einer Tagesmutter. Dies beginnt mit nur wenigen Wochen oder einem halben Jahr und endet meistens mit drei Jahren. Die Tätigkeit und der Begriff "Tagesmutter" sind noch relativ jung, werden aber immer stärker professionalisiert. Dagegen gibt es die "Kinderfrau" schon sehr lange, diese kommt zu den Familien nach Hause, um dort die Kinder zu betreuen. Tagesmütter werden von der Politik sehr geschätzt und gefördert, da diese Betreuungsform hilft, die geforderten Kinderbetreuungsplätze rasch und unkompliziert zu schaffen. Die Politik ist auch an der besseren Schulung der Tagesmütter interessiert.

Keine professionellen Erzieherinnen

Die größte Sorge der Eltern ist meist: Woran erkenne ich eine gute Tagesmutter. Schließlich vertraut man ihr sein Kind an, ohne sie wirklich zu kennen. Manche fordern ein Gütesiegel für Tagesmütter. Viele Tagesmütter sind in einem Verein organisiert oder werden über das Jugendamt vermittelt. Diese Stellen überprüfen die Tagesmütter, die sie empfehlen.

Genau unter die Lupe nehmen

Am Anfang der Beziehung sollte auf jeden Fall ein gegenseitiger Besuch stehen, der verrät viel über den jeweils anderen und lässt die Familien sicher werden, ob sie sich die Betreuung vorstellen können. Neben diesem Bauchgefühl, sollten Eltern sich die Räume und die Umgebung genau anschauen. In den Gesprächen sollten Eltern den Erziehungsstil kennen lernen und herausfinden, ob er zu ihren Vorstellungen passt. Fragen nach Kenntnissen in Erster Hilfe sind durchaus erlaubt. Tipp: Plaudern Sie über die "Super Nanny", über den letzten Urlaub, den letzten Kinderarzt-Besuch, über Kochen und Einkaufen und sie erfahren eine Menge über die Kenntnisse, den Erziehungsstil und das Verantwortungsbewusstsein der Kandidatin.

Soziales Lernen

Ein bedeutendes Plus der Tagesmutter-Betreuung ist das soziale Lernen. Kinder lernen Teilen, gemeinsames Spielen, Handgriffe im Haushalt, haben Zeit Dinge auszuprobieren, die sonst in Hektik passieren müssen, wie Schuhe anziehen oder Jacke zuknöpfen. Einzelkinder oder Kinder Alleinerziehender lernen eine andere Familienform als die eigene kennen.

Kosten sind begrenzt

Tagesmütter verdienen zwar nicht gut, aber für die Eltern, die ihre Dienste in Anspruch nehmen, summiert sich der Stundenlohn. Üblich sind je nach Region zwischen 5,50 Euro und zehn Euro, der Durchschnitt liegt bei acht Euro pro Kind und Stunde. Wochenende oder Abendstunden können anders gerechnet werden, dabei kann die Tagesmutter mehrere Kinder gleichzeitig betreuen. Oft kommt dazu noch Essensgeld oder Zusatzausstattung wie Kindersitz oder Buggy. Eltern können die Kosten allerdings von den Steuern absetzen, in machen Fällen übernimmt sogar der Arbeitgeber die Kosten oder zahlt einen Zuschuss, die Tagesmütter dagegen müssen die Einnahme noch versteuern. Oft werden Pauschalen verabredet oder ein Nachlass für Geschwisterkinder. Die Preise, Leistungen und Bedingungen sollten in einem Vertrag zwischen beiden Seiten festgehalten werden.

Flexible Öffnungszeiten aber keine Krankheitsvertretung

Der größte Vorteil der Tagesmütter sind die flexiblen Öffnungszeiten und andere Absprachen, die das Leben leichter machen. So bringt manche Tagesmutter die Kinder auch mal in die Musikschule oder zum Kinderturnen oder bringt sie - weil es gerade auf dem Weg liegt - nach Hause. Allerdings: Wird die Tagesmutter krank, ist sie nicht verpflichtet, für eine Vertretung zu sorgen.

Verträge und Versicherungen

Anders als bei einer Kinderkrippe, kann man sich bei einer Tagesmutter an keinen Elternvertreter oder einen Träger wenden, falls es mal Probleme gibt. Streitthemen können der Speiseplan oder der Erziehungsstil sein. Wichtig ist, Probleme anzusprechen und zu klären. "Vertragliche Regelungen sollten im Vorfeld ausgearbeitet, monatliche Gesprächstermine vereinbart und die ständige Kommunikation zwischen Eltern und Betreuer angeregt werden“, empfiehlt der Bundesverband für Kindertagespflege e.V. Wichtig ist abzuklären, ob ausreichender Versicherungsschutz vorliegt. Ein Betreuungsvertrag regelt wichtige Punkte wie die Übertragung der Aufsichtspflicht, Urlaubszeiten, Sozialabgaben, Versicherungsschutz oder Kaution für den Fall, dass die Eltern nicht zahlen können. Musterverträge gibt es beispielsweise bei den Jugendämtern.

Erziehungsstile harmonieren nicht immer

Bei Ihnen ist das "Sch..."-Wort verboten? Ihre Kinder dürfen nicht fernsehen und schon gar nicht alleine? Sehr lobenswert. Doch was tun sie, wenn ihr Kind nicht weg will von der Tagesmutter, weil im Fernsehen noch so etwas Tolles läuft und es ihren energischen Aufbruch mit genau dem verbotenen Wort kommentiert? Hier liegt der Zündstoff für Dauerkonflikte: Fernsehen, gesunde Ernährung, Spielen, Bewegung. Manchmal hilft dann nur der Wechsel zu einer anderen Familie oder einer anderen Betreuungsform. Andererseits gibt es oft genug Konstellationen, in denen man Pflegefamilien findet, die genau das vermitteln, was man sich selbst für das eigene Kind wünscht: Gemeinsames Spielen in der Natur mit anderen Kindern, ohne Berufsstress und beengtem Raum.

Enges Verhältnis

Das Verhältnis zu einer Tagesmutter ist anders als zu einer Erzieherin, im besten Fall ist es ein freundschaftliches. Man hilft sich auch mal unkompliziert. Viele Eltern berichten, dass die Kinder dort auch gerne einmal übernachten, mal aus Spaß und mal auch in Notfällen, beispielsweise bei Krankheit oder Dienstreisen. Man erhält gegenseitig Einblicke in das Privat-Leben, auch darauf muss man sich einstellen. Und man lernt voneinander. Felix Mutter erzählt: "Noch heute gibt es bei uns eine 'Silke-Suppe', die heißt so, weil die Tagesmutter so hieß und diese Suppe dort die Leibspeise der Kinder war. Silke hat mir ihr Rezept verraten, es sind Sternchen-Nudeln in Kraft-Brühe. Das gab es immer wenn sie hungrig vom Bauernhof-Spaziergang zurückkamen und das Essen schnell auf dem Tisch stehen musste." Sie hat von der Tagesmutter einiges gelernt, den Alltag mit Kindern zu managen, dabei gute Nerven zu behalten, trotzdem gut gelaunt sein und, dass schnelles Essen auch gesund und lecker sein kann. Ihr Sohn, da ist sie überzeugt, hat schon im Kleinkindalter soziale Kompetenzen erworben, die er sonst als Einzelkind schwer hätte erlernen können: Rücksicht nehmen, Kompromisse finden, teilen, gemeinsam spielen und zusammen helfen.

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