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Leistungsdruck am Gymnasium


Schulkind & Jugendliche
Gymnasium - "Manche Eltern sind beratungsresistent"

Von spiegel-online
20.10.2011Lesedauer: 2 Min.
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Gymnasiallehrerin für Fremdsprachen, Baden-Württemberg

Überehrgeizige Eltern belasten das Schulklima. Die sollten sich viel mehr raushalten. Aber sie üben ständig Druck aus, auf ihre Kinder und auf uns Lehrer. Das beginnt in der Unterstufe und wird mit zunehmendem Alter schlimmer. Ich beobachte das schon bei Fünft- oder Sechstklässlern, die in mehreren Fächern Nachhilfe haben. Die sind für das Gymnasium nicht geeignet, aber die Eltern wollen unbedingt Abitur für ihr Kind.

Die Gesundheit bleibt auf der Strecke

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich finde es gut, wenn Eltern ihren Kindern helfen, wenn sie Hilfe möchten. Aber man kann es übertreiben. Ich hatte einen Schüler, der sehr gut war. Sein Vater hat mir mal schriftlich versichert, er kontrolliere die Vokabelkarten seines Sohnes jeden Tag. In den letzten zwei Wochen der Sommerferien wurde der Stoff des letzten Schuljahres wiederholt.

Und das ist noch harmlos. In der Mittel- und Oberstufe geht es ans Eingemachte. Eine Schülerin hatte schon einmal eine Klasse wiederholt. Zwei Tage vor der Zeugniskonferenz riefen ihre Eltern am Sonntagabend bei meiner Kollegin an, welche Note ihre Tochter bekomme. Man müsse auch ihren Gesundheitszustand berücksichtigen. Das Mädchen war in der Schule mehrmals umgekippt. Die haben überhaupt nicht gemerkt, dass die vermeintliche Ursache der schwachen Leistungen eigentlich Symptom ihres Riesendrucks ist. Die waren absolut beratungsresistent.

"Wird das benotet?"

Es gibt auch Fälle, in denen der Druck der Eltern so groß ist, dass Schüler psychisch krank werden. Ein Kind hatte wegen des ungeheuren Drucks von zu Hause sogar Selbstmordgedanken.

Besonders kritisch wird es, wenn ich merke, dass die Eltern mitgeholfen haben. Einer Schülerin habe ich mal für ein Referat eine schlechtere Note gegeben, als sie erwartet hatte. Am Elternsprechtag wollten beide Eltern die Note nach oben geändert haben. Ihre Tochter habe den Vortrag zu Hause geübt. Da dachte ich echt, ich falle vom Stuhl. Ich habe die Note so gelassen. Die Eltern waren für die restliche Schulzeit des Mädchens mit mir beleidigt.

Die Kinder haben das Leistungsprinzip total verinnerlicht. Letztlich geht es nur um Noten, besonders in der Oberstufe. Die Schüler feilschen um jeden Punkt, vergleichen sich ständig. Da gibt es innerhalb von Klassen Rivalitäten wie im Kindergarten. Und immer kommt die Frage: "Wird das benotet?" Das nervt.

Ein Schüler blieb mal wegen seiner Englischnote sitzen. Da haben die Eltern einen Anwalt eingeschaltet. Meine Kollegin musste ganz genau darlegen, warum der Schüler diese Note bekommen hatte. Solchen Ärger will keiner haben, ich auch nicht. In so einem Fall gibt man dem Schüler vielleicht im Zweifel eine halbe Note besser, um den ganzen Stress zu vermeiden und sich nicht angreifbar zu machen. Dass dadurch gute Noten inflationär werden, merken viele Eltern nicht. Ich sage so oft: "Wissen Sie, man muss nicht in jedem Fach eine eins haben."

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