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Skandal Schule - macht Lernen dumm?


Bildungsexperten
Skandal Schule - macht Lernen dumm?

t-online, dapd, cst

03.09.2012Lesedauer: 3 Min.
Macht Lernen dumm? Darüber diskutierten Richard David Precht und Gerald Hüther.Vergrößern des BildesMacht Lernen dumm? Darüber diskutierten Richard David Precht und Gerald Hüther. (Quelle: ZDF)
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Macht Schule dumm? Über diese provokante Frage diskutierten der Philosoph Richard David Precht und der Hirnforscher Gerald Hüther am Sonntag abend in der neuen ZDF Reihe "Precht". Beide stellten dem deutschen Schul- und Bildungssystem ein schlechtes Zeugnis aus. Fazit: "Dieses System muss nicht reformiert werden, es muss revolutioniert werden."

100.000 Stunden Schule

Wäre die Schule ein Wirtschaftsunternehmen, wäre sie längst pleite gegangen. Wäre die Schule ein Staatssystem, wäre sie längst kollabiert, beginnt Precht seine Sendung. Ein Schulkind gehe 100.000 Stunden in die Schule, stellt Precht fest und fügt hinzu: "Und wenn man als Erwachsener vor der Aufgabe stehen würde, in dem Stoff des achten Schuljahres geprüft zu werden, dann sähe das folgendermaßen aus: Sie würden merken, dass von all dem, was Sie in den 100.000 Stunden gelernt haben, unglaublich wenig übrig geblieben ist."

Zwei Schulkritiker - eine Meinung

Als Gast hat Precht den Hirnforscher Gerald Hüther eingeladen - wie er ein scharfer Kritiker des Schul- und Bildungssystems. Wer jedoch eine kontroverse Diskussion oder gar einen Schlagabtausch erwartet hat, wurde enttäuscht. Zu einig waren sich Hüther und Precht in ihrer Kritik am Schulsystem. Sie nickten einander zu und bestärkten sich gegenseitig in ihren Thesen. Neue Impulse, die sich aus einem Streitgespräch hätten entwickeln können, blieben so aus.

Zu viele Fächer, zu viele Tests

Dass Precht das System Schule für grundfalsch hält, wird gleich mehr als deutlich: "In unseren Schulen werden die Kinder von den falschen Leuten nach den falschen Methoden in den falschen Dingen unterrichtet." Es gebe zu viele Fächer, zu viele Tests, die Schüler lernen nach dem Prinzip des Bulimielernens - schnell Wissen in sich hineinstopfen und dann wieder auskotzen. Der größte Vorwurf: Individualität und Leidenschaft würden nicht entwickelt. Für die Schüler, die keinen Abschluss erreichen, gebe es dann "Hartz IV als eine Entschädigung für nicht gewährte Chancengleichheit."

Unsere Schule ein Auslaufmodell?

Der Neurobiologe Gerald Hüther sieht das ähnlich. "Ich bin ziemlich sicher, dass es in sechs Jahren Schulen, wie wir sie kennen, nicht mehr geben wird", prophezeit er. "Wir können es uns nicht leisten, das wichtigste Potenzial, das wir haben - das ist die Kreativität, die Entdeckerfreude, die Begeisterung, die Lust am Lernen von Kindern - länger zu vergeuden." Zu viele Schüler verließen ohne Abschluss unser Bildungssystem. Die Hirnforschung habe gezeigt, dass wir uns Dinge gut und dauerhaft einprägen, wenn sie mit Emotionen verknüpft sind. Das sei aber mit dem jetzigen Schulsystem nicht zu erreichen.

Mit Coaching zum Erfolg

Doch wie kann man es besser machen? Die Antwort bleiben Precht und Hüther nicht schuldig. Hüther empfiehlt ein System der Potenzialentfaltungscoache. Kinder müssten sich den Stoff gemeinsam in einer Gruppe erarbeiten, der Lehrer sollte dabei nur "coachen". Das wichtigste aber sei die Lust am Lernen. Die Kinder dürften ihre Begeisterung und ihre Neugier nicht verlieren.

Noten in der Kritik

Derzeit sei es aber so, dass "diejenigen, die sich am besten angepasst haben, die besten Noten bekommen." Es könne jedoch nicht Aufgabe der Schule sein, alle Kinder gleich zu machen. Die großen Firmen würden bereits darauf reagieren und fragen: "Und was hast du sonst noch gemacht?" Eine Methode, die Fähigkeiten von sehr guten Absolventen zu testen, sei beispielsweise "Teach first". Diese Programm gibt es seit Kurzem auch in Deutschland - junge Menschen starten nach der Uni nicht sofort ins Berufsleben, sondern unterrichten für zwei Jahre Kinder an Problemschulen. Ganz abschaffen, so wie von Precht gefordert, würde Hüther die Noten jedoch nicht, weil sie für die Kinder ein wichtige Rückkopplung seien, um zu wissen, wo sie stehen.

Anleitung zur Selbstbildung

Dies sind Erkenntnisse, die nicht neu sind. Schon Humboldt formulierte vor 200 Jahren den Gedanken, Bildung sei vor allem Anleitung zur Selbstbildung. Der Grund, warum dieses Konzept noch nicht umgesetzt worden sei, liege daran, dass mündige, selbst denkende Menschen in großer Zahl in der Vergangenheit nicht gebraucht wurden. Dieses Zeitalter sei aber vorüber, sagte Hüther. "Bildung muss gelingen", so sein Credo, man dürfe sie nicht abschließen.

Anrennen, damit sich das System ändert

Wie aber soll die Umsetzung gelingen? "Das größte Problem besteht ja darin, dass ein ziemlich unkreatives Bildungssystem - angefangen bei den Personen einzelner Lehrer, über Schuldirektoren, über Kultusbürokraten - Kinder zur Kreativität erziehen sollen." Hüther sieht hier als einzigen Weg, um Strukturen zu ändern, eine zivilgesellschaftliche Bewegung. Die Bürger müssten anrennen, damit sich das System ändert. Es sei einfach notwendig, "dass wir nicht länger fragen: liebe Kultusministerien, ändert die Schulen."

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