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Wohnungsmarkt: Diese drei Ideen könnten das Ende des Mieter-Alptraums sein


Hohe Mieten und kaum Wohnraum
Beenden diese Ideen den Wohnungsmarkt-Albtraum?


Aktualisiert am 03.04.2023Lesedauer: 5 Min.
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Steigende Preise: Die Mieten in Deutschland werden immer teuer, besonders in einer Region. (Quelle: t-online)

Die Mieten steigen und steigen – und die Ampel hinkt ihrem Neubauziel weit hinterher. Ist es Zeit für unbequeme Ideen?

22 Euro pro Quadratmeter? Das ist in München bei Neuanmietung mittlerweile Standard. Auch in vielen anderen großen Städten steigen die Mietpreise immer weiter. Und das, obwohl immer weniger Menschen in die Großstädte und immer mehr Menschen aufs Land ziehen. Die Suche nach einem neuen Zuhause ist vielerorts zum Albtraum geworden.

Wie lässt sich der beenden, wie lässt sich die Wohnungskrise stoppen? Die Ampel setzt auf Neubau: Bis zu 400.000 Wohnungen sollen pro Jahr fertiggestellt werden, darunter 100.000 Sozialwohnungen. Doch die bisherige Bilanz ist durchwachsen: 2022 ist dieses Ziel bereits krachend gescheitert und auch in diesem Jahr wird es wohl nicht erreicht.

Das Problem: Bauen wird immer teurer. Erst Ende Januar hat der größte deutsche Wohnungskonzern Vonovia angekündigt, wegen steigender Zinsen und Inflation alle für 2023 vorgesehenen Neubauprojekte zu stoppen. Die Immobilien- und Bauwirtschaft fordert daher eine stärkere Förderung von Neubauten.

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Doch wird das allein reichen? Oder ist es an der Zeit für radikalere Ideen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen? Ein Überblick über drei umstrittene Ideen:

Bringt die Gemeinnützigkeit zurück!

In Österreich gibt es sie noch, Deutschland schaffte sie 1990 ab: gemeinnützige Wohnungsunternehmen. Das Konzept ist einfach erklärt: Wohnungsunternehmen verpflichten sich, ihren Bestand als Sozialwohnungen anzubieten und erhalten dafür einen Steuererlass. Zudem sind sie verpflichtet, die Gewinne in neue Bauprojekte zu reinvestieren. Seitdem Wohnungen in Großstädten immer teurer und knapper werden, wird diese Idee wieder kontrovers diskutiert.

Grund für die Abschaffung der Gemeinnützigkeit unter dem früheren CDU-Kanzler Kohl waren vor allem finanzielle Gründe: Der Steuererlass sei zu teuer, so die Regierung damals. Lukas Siebenkotten, Chef des Deutschen Mieterbundes, sieht das gänzlich anders: Ein gemeinnütziger Sektor würde den Steuerzahler auf Dauer günstiger zu stehen kommen.

Denn: Solche Unternehmen könnten Sozialwohnungen ohne zeitliche Begrenzung anbieten. Das ist im aktuellen System nicht so. Kommunen kaufen sogenannte Belegungsrechte für Sozialwohnungen, um sie für einen bestimmten Zeitraum, oft 30 Jahre, zu vermieten. Nach Ablauf der Frist müssten neue Rechte erworben werden. Das ist für viele Vermieter am derzeit angespannten Wohnungsmarkt unattraktiv und die Kommunen müssen tief in die Tasche greifen. Auch deswegen verliert Deutschland jedes Jahr Tausende Sozialwohnungen. Ein gemeinnütziger Sektor könnte diesem Problem entgegenwirken, so Siebenkotten.

Sollte die Bundesregierung eine Gemeinnützigkeit wieder einführen, könnten etwa kommunale Unternehmen ein Tochterunternehmen gründen, um günstigeren Wohnraum anzubieten und so Steuern zu sparen, erklärt Siebenkotten. "Natürlich löst das nicht sofort alle Probleme auf dem Wohnungsmarkt", sagt Siebenkotten. "Aber es wäre ein wichtiger Baustein."

Die Kritikpunkte: Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat sich bereits 2016 vehement gegen eine Wiedereinführung der Gemeinnützigkeit ausgesprochen. Die Ökonomen sehen unter anderem ein Problem in der Steuerung dieser Unternehmen. Weil es keine wirtschaftlichen Anreize gebe, drohe ein schlechtes Management dieser Unternehmen.

Zudem fürchten Ökonomen und die Wohnungswirtschaft, dass neue Problemviertel entstehen könnten. Sollte ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen nicht ausreichend Mittel haben, drohen qualitativ schlechte Wohnungen – in die in der Folge nur noch Menschen einziehen, die keine andere Wahl hätten.

Diese Gefahren sieht Siebenkotten nicht. "Wenn bestehende Konzerne Tochterunternehmen gründen, werden diese letztlich von denselben Leuten geführt wie das Mutterunternehmen auch", sagt er. Zudem werde heute, anders als noch in den 70er-Jahren, auf gemischte Wohnquartiere gesetzt und keine Sozialwohnsiedlungen mehr gebaut.

Baut mehr in Serie!

Die Rückkehr der Platte – oder doch nicht? Das Bauministerium will dem seriellen Bauen in Deutschland neuen Schwung verleihen. Heißt: Die Häuser werden nicht mehr in Gänze auf den Baustellen gebaut. Stattdessen kommen Gebäudeteile, sogenannte Module, vorgefertigt an und werden vor Ort nur zusammengebaut.

Für die Hauptgeschäftsführerin des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft (GdW), Ingeborg Esser, liegen die Vorteile auf der Hand: Die Baustellenzeit etwa werde deutlich verkürzt, um bis zu einem Jahr. "Die Unternehmen können also deutlich schneller in die Vermietung gehen", sagt Esser. Die modulare Bauweise sorge zudem für deutlich weniger Lärm und Dreck auf der Baustelle.

Dass dem seriellen Bauen ein schlechtes Image anhafte und als "Platte 2.0" betitelt werde, sieht Esser als Vorurteil. "Die modularen Bauten sind sehr ästhetisch und passen sich gut in die Umgebung ein", sagt die Verbandschefin mit Blick auf Bauprojekte jüngeren Datums. Auch in der Wohnqualität stünden die Gebäude den konventionell gebauten in nichts nach.

Gemeinsam mit dem Bauministerium und dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) setzt die GdW derzeit eine neue Rahmenvereinbarung auf. Die vorherige von 2018 läuft in diesem Jahr aus. Esser sagt dazu t-online: "In den vergangenen fünf Jahren haben wir getestet, ausprobiert und gelernt, nun wollen wir das modulare Bauen deutlich ausweiten." Der Marktanteil liege derzeit bei fünf Prozent, in Zukunft hält Esser zehn bis 15 Prozent für möglich.

Die Kritikpunkte: Damit tatsächlich mithilfe von Modulen günstiger gebaut werden kann, braucht es eine entsprechende Nachfrage. Derzeit ist dieser Effekt laut Esser in der Masse noch nicht zwingend gegeben. Ein Hindernis hierbei könnte sein, dass Genehmigungsverfahren lange dauern und Boden knapp ist.

Ein weiteres Problem: Inwiefern sozialer Wohnungsbau gefördert wird, liegt in der Hand der Bundesländer – und die Vorgaben unterscheiden sich teilweise erheblich. Auch das erschwert serielle Lösungen im großen Maßstab deutlich. Die Wohnungswirtschaft drängt deswegen auf einheitliche Vorgaben, nicht nur für Modularbauten. "Warum das Balkongeländer in Bayern anders aussehen soll als in Norddeutschland, erschließt sich mir nicht", so Esser.

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Besteuert hohe Mieten!

Diese Idee stammt aus der Feder des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und geht so: Auf hohe Nettokaltmieten sollen Vermieter für etwa fünf Jahre eine progressive Abgabe von 10 bis 30 Prozent zahlen. Hohe Mieten zu verlangen, soll so unattraktiver werden. Die Einnahmen wiederum soll die Stadt zweckgebunden für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum einsetzen.

Als teure Mieten gelten dabei die, die mindestens 10 Prozentpunkte oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Beispiel: Für eine Altbauwohnung mit üblicher Ausstattung in bester Münchner Lage liegt die durchschnittliche Monatsmiete bei 10,22 Euro pro Quadratmeter. Die Mietensteuer würde dementsprechend bei 11,24 Euro greifen und sich dann schrittweise erhöhen.

Das DIW legte diesen Vorschlag 2021 dem Berliner Senat vor, nachdem der Mietendeckel gescheitert war. Die Prognose: Mithilfe dieses Mittels könne die Stadt 100.000 Wohnungen bezahlbar machen. DIW-Volkswirt Stefan Bach, einer der Autoren der Studie, sieht die Idee allerdings nicht nur auf Berlin beschränkt. Auch andere Städte, die mit hohen Mieten zu kämpfen haben, könnten eine solche Sonderabgabe einführen. Allerdings müsse Neubau davon ausgenommen werden, um diesen nicht zu bremsen.

Die Kritikpunkte: Ob eine solche zeitlich begrenzte Sonderabgabe, wie Bach und Kollegen sie vorschlagen, tatsächlich verfassungskonform ist, daran scheiden sich die Geister. Der Berliner Senat lehnte die Idee aus diesem Grund ab, Bach sagt: "Das muss man natürlich sehr gut begründen." Er halte es dennoch für ein geeignetes Instrument, um die derzeitigen Rekordmieten auf dem Wohnungsmarkt abzufedern.

Einen großen Nachteil sieht Bach darin, dass Vermieter weniger in den Bestand investieren oder gar vermehrt ihre Wohnungen in Eigentum umwandeln könnten. Investoren, die gerade erst ein Miethaus zu einem hohen Preis gekauft haben, könnten zudem Verluste erleiden. Auch die Berechnung einer progressiven Abgabe geht mit einem erheblichen Aufwand einher. Um die dafür nötige Vergleichsmiete zu erheben, müssen die Ausstattungsmerkmale der Wohnungen ermittelt werden: Hat sie etwa eine Einbauküche, liegt die Vergleichsmiete höher, fehlen Balkon oder Terrasse, liegt sie niedriger.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Stefan Bach, Ingeborg Esser und Lukas Siebenkotten
  • diw.de: Eine Mietensteuer in Berlin könnte 100 000 Wohnungen bezahlbar machen
  • tagesspiegel.de: Berliner Senat winkt bei Mietensteuer ab
  • steuerzahler.de: Progressive Mietensteuer
  • 2021.mietspiegel-muenchen.de: Berechnungsergebnisse
  • Berliner-mieterverein.de: Wohnungsunternehmen wollen keine Steuerbefreiung
  • Bundestag.de: Pro und Contra "neue Wohngemeinnützigkeit"
  • gdw.de: "Neue Wohnungsgemeinnützigkeit" – Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht
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