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Heizungsaustausch: Baubranche warnt vor Asbestgefahr bei Sanierung


Heizungsaustausch mit Risiko
Diese tödliche Gefahr lauert in der Wand

  • Marianne Max
Von Marianne Max

Aktualisiert am 29.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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Mann liest den Gaszähler ab (Symbolbild): Mit der Heizreform sollen in den kommenden Jahren alle alten Gasheizungen gegen klimafreundlichere Alternativen ausgetauscht werden.Vergrößern des Bildes
Mann liest den Gaszähler ab (Symbolbild): Mit der Heizreform sollen in den kommenden Jahren alle alten Gasheizungen gegen klimafreundlichere Alternativen ausgetauscht werden. (Quelle: Wolfgang Maria Weber/imago images)

Angesichts des Heizungsgesetzes warnt die Berufsgenossenschaft der Baubranche: Mit mehr energetischen Sanierungen könne auch die Zahl der asbestbedingten Todesfälle steigen.

Es soll der Beginn der deutschen Wärmewende sein: Noch vor der diesjährigen Sommerpause des Bundestags wollen die Ampelparteien die Heizreform beschließen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, wonach ab Januar 2024 alle neu eingebauten Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden sollen. Gas- und Ölheizungen sollen etwa durch Wärmepumpen ausgetauscht oder den Anschluss an ein Fernwärmenetz ersetzt werden.

Mit der Heizreform will die Bundesregierung Deutschland in Sachen Klimaschutz voranbringen. Doch besonders da, wo der Umbau am nötigsten ist, lauert ein gefährliches Gesundheitsrisiko für Bauarbeiter und Heimwerker: Bei der energetischen Sanierung und dem Heizungsaustausch in Altbauten kann Asbest die Atemwege angreifen und teils tödliche Folgen haben, warnt jetzt die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU).

Von der "Wunderfaser" zum tödlichen Risiko bei Sanierungen

"Vielen Eigenheimbesitzern ist die Gefahr, die von dieser tödlichen Faser ausgeht, nicht bewusst", sagt Matthias Neuser, amtierender Vorsitzender des Vorstandes der BG Bau auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin. Mit der "tödlichen Faser" meint Neuser den faserartigen Baustoff Asbest. Dieser galt aufgrund seiner hohen Elastizität und Bindefähigkeit lange Zeit als "Wunderfaser" und wurde seit 1930 Dämmungen, Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern beigemischt.

Seit 1993 ist die Verwendung von Asbest nun zwar verboten, doch ist der Baustoff in den damals errichteten Häusern weiter enthalten. Bleibt das Haus unberührt, stellt der Baustoff für seine Bewohnerinnen und Bewohner grundsätzlich keine Gefahr dar.

Wird er aber bei Sanierungen – egal ob beim Heizungsaustausch oder Küchenumbau – freigesetzt, gelangen die nur ein Tausendstel Millimeter kleinen Fasern in die Luft und somit in die Atemwege. Dort können sie nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft innerhalb von 10-60 Jahren Krebs auslösen.

Mehr als 3.000 asbestbedingte Todesfälle in den letzten zehn Jahren

Laut der BG Bau ist Asbest heute die häufigste Todesursache unter den Berufskrankheiten in der Baubranche. Demnach sind in den vergangenen zehn Jahren 3.376 Arbeiterinnen und Arbeiter an asbestbedingten Krankheiten gestorben, allein im Jahr 2022 waren es 320.

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Auch die Zahl der asbestbedingten Neuerkrankungen unter den Versicherten der BG Bau nahm im vergangenen Jahr zu. Insgesamt wurden ihr 2.414 neue Verdachtsfälle gemeldet. Mehr als die Hälfte davon entfielen auf Lungenkrebs, Kehlkopfkrebs oder Eierstockkrebs durch Asbest, gefolgt von Asbestose.

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Doch so weit muss es nicht kommen, denn es gibt Möglichkeiten, wie sich Bauarbeiter und Heimwerker vor der Asbestgefahr schützen können. Zunächst sollten Hausbesitzer immer davon ausgehen, dass Asbest in ihrem Haus verarbeitet ist, wenn es vor dem Asbestverbot 1993 errichtet oder saniert wurde, so Norbert Kluger, Leiter der Abteilung Stoffliche Gefährdungen der BG Bau.

"Sollen Arbeiten im Bestand stattfinden, ist vorab eine genaue Recherche und möglicherweise eine Materialanalyse unerlässlich", empfiehlt der Experte. "Danach müssen entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden."

Schutz gegen gefährlichen Asbeststaub

Als Schutzmaßnahmen lassen sich laut der BG Bau unter anderem Mehrwegatemschutzmasken mit einem P3-Filter sowie Luftreinigungsgeräte einsetzen. Staub sollte möglichst durch Absaugung am Bohrloch vermieden werden.

Auch sollten man bei Arbeiten so bezeichnete Abschottungen errichten, damit möglicher Staub nicht in Nebenzimmer gelangt. Die Entsorgung von Asbest erfolgt für gewöhnlich über den Sondermüll. Für Bauunternehmen gelten aufgrund der Gefahren, die von Asbest ausgehen, zudem strenge Regeln in der Bauordnung.

Sanierungen hin zu mehr Klimaschutz heißt die BG Bau zwar gut, die Politik aber sei klar in der Verantwortung, über die Gesundheitsgefahren durch Asbest aufzuklären, so Kluger. "Wir wollen Klimaschutz betreiben, aber wir müssen auch Arbeitsschutz betreiben", so der Experte. Laut seinem Kollegen Dirk Müller, alternierender Vorsitzender des Vorstandes der BG Bau, bedeute nachhaltiges Bauen und Planen auch, an die langfristige Gesundheit der Beschäftigten zu denken.

BG Bau kritisiert "mangelnde Umsetzung" des Arbeitsschutzes

Die BG Bau prangert diesbezüglich die "mangelnde Umsetzung" der Bauordnung und des damit verpflichtenden Arbeitsschutzes in Deutschland an. Diese würden von den zuständigen Ländern nicht kontrolliert. Auf den Baustellen steige zwar das Sicherheits- und Gesundheitsbewusstsein, doch noch immer ließen viele Bauherren den Arbeitsschutz "völlig außen vor", kritisiert Bernhard Arenz, Leiter der Hauptabteilung Prävention der BG Bau.

Dies gelte auch für Arbeitsunfälle, die laut der Baugenossenschaft gleich nach den Berufskrankheiten für die meisten Todesfälle auf Baustellen verantwortlich sind. Mehr als 80 Prozent dieser Unfälle gingen demnach auf Stürze und Verletzungen durch umstürzende Bauteile zurück – eine weitere Gefahr, die künftig steigen könnte, wenn nicht für mehr Sicherheit auf den Baustellen gesorgt werde, warnt die BG Bau.

Die BG Bau plädiert daher dafür, den Arbeitsschutz schon in der Planungsphase einer Sanierung oder eines Neubaus zu berücksichtigen und dabei sowohl Bauherren als auch Hersteller mit einzubeziehen. "Unsere Idealvorstellung wäre, dass die Planung des Arbeitsschutzes mit der Erteilung der Baugenehmigung verknüpft wird", so Arenz.

Anmerkung der Redaktion: Asbest kann, nachdem es eingeatmet wurde, der deutschen Krebshilfe zufolge innerhalb von 10-60 Jahren Krebs auslösen. In einer früheren Version dieses Textes war von "wenigen Jahren" die Rede. Diese Angabe haben wir konkretisiert und bitten die Ungenauigkeit zu entschuldigen.

Verwendete Quellen
  • Besuch eines Pressetermins der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) am 20.06.2023
  • Pressemitteilung und Informationsmaterial der BG BAU
  • umweltbundesamt.de: Asbest
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