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D-Mark-Scheine, die niemand im Geldbeutel hatte


Die D-Mark-Scheine, die niemand im Geldbeutel hatte

Von t-online
Aktualisiert am 23.06.2012Lesedauer: 4 Min.
Geheime Scheine: Diese DM-Noten bekamen die Deutschen nie zu GesichtVergrößern des BildesGeheime Scheine: Diese DM-Noten bekamen die Deutschen nie zu Gesicht (Quelle: Deutsche Bundesbank)
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Die D-Mark ist ein Mythos. Trotz für heutige Verhältnisse atemberaubenden Inflationsraten von seinerzeit bis zu 7,6 Prozent ist sie im Bewusstsein der Deutschen untrennbar mit dem wirtschaftlichen Aufstieg der Bundesrepublik verbunden. Doch die D-Mark barg auch ein bis heute so gut wie unbekanntes Geheimnis, dessen Puzzleteile sich erst seit kurzem zu einem Gesamtbild zusammenfügen.

So machte im Oktober 2010 die Deutsche Bundesbank die Existenz eines bis dahin geheimen Bunkers in einem Wohngebiet in Cochem öffentlich, in dem zwischen 1962 und 1988 die Scheine einer Ersatzwährung für den Krisenfall gelagert worden waren. Wie diese Scheine ausgesehen hatten, wusste damals allerdings außerhalb der Bundesbank niemand.

Ähnlichkeit mit entscheidenden Unterschieden

Jetzt hat das Geldmuseum der Bundesbank die Ersatzscheine eingescannt und so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auf den ersten Blick ähneln sie den normalen Scheinen der sogenannten Umlaufserie BBk I von 1961 bis 1990: die Noten haben die gleiche Farbtönung und auch die Kopfbilder nach Gemälden von Albrecht Dürer und anderen alten Meistern sind jeweils die gleichen. Die übrigen Gestaltungsmerkmale - vor allem die Rückseite - sind jedoch komplett verschieden.

Und Cochem war nicht der einzige Standort für die damals praktisch geheime Ersatzserie der Scheine. In Berlin lagerte bei der Landesbank noch eine zweite Serie, die wiederum - bis auf die Dürer-Köpfe - völlig anders gestaltet war.

Informationen geschickt versteckt

So richtig geheim war das Ersatzgeld übrigens nicht. Die Bundesbank hatte es in ihren Monatsberichten immerhin zwei Mal erwähnt, 1962 und 1964 war das. Allerdings gehörten die Monatsberichte einerseits nicht zur Lektüre einer breiten Bevölkerung und andererseits tat die Bundesbank auch nichts, um Aufmerksamkeit auf diese Informationen zu lenken.

"Außerdem wurde eine verkürzte (d.h. auf die Werte zu 10, 20, 50 und 100 DM beschränkte) Ersatzserie aus den Entwürfen des Frankfurter Graphikers Max Bittrof zusammengestellt, der die Noten der Bank deutscher Länder zu 5 DM – Europa mit dem Stier – sowie zu 50 und 100 DM mit den Bildnissen von Imhof und Muffel entworfen hatte", hieß es 1962. Und 1964 schrieb die Bundesbank dann noch einmal: "Außerdem wurde eine auf die Werte zu DM 10, 20, 50 und 100 beschränkte Serie aus den Entwürfen des Graphikers Max Bittrof für den Druck in Aussicht genommen, die als Reserve dient und vorerst nicht in den Umlauf gelangen wird."

Zweck des Ersatzgeldes letztendlich unklar

Was die Bundesbank mit dem Ersatzgeld wirklich plante, ist auch Historikern wie Reinhold Walburg vom Geldmuseum der Deutschen Bundesbank nicht ganz klar. Er hat sich durch sämtliche verfügbaren Quellen gewühlt und kann am Ende doch nur spekulieren. Die 30 Jahre lang geheimen Archive liegen seit 2010 offen und bieten keinen Aufschluss.

Walburg fand lediglich einen Protokolleintrag von 1959, in dem es hieß: "Es bleibt vielleicht noch zu überlegen, ob außer der für den Neudruck endgültig zu bestimmenden Entwurfsserie nicht auch schon jetzt eine Ersatzserie festgelegt werden sollte. Meines Wissens haben einige Notenbanken für alle Fälle Ersatzplatten zur Hand, mit denen sofort der Druck völlig neuer Ausgaben aufgenommen werden kann. Diese Vorsichtsmaßnahme hat m.E. etwas für sich.“ So äußerte sich der damalige Leiter der Hauptabteilung Hauptkasse.

Nazis fälschten massenhaft Pfund-Noten

Offenbar wollte die Bundesbank aber gegen das massive Auftauchen von Falschgeld gerüstet sein - sollte dies nun durch organisierte Kriminalität oder Aktionen feindlicher Staaten ausgelöst worden sein. Walburg verweist auf zwei Falschgeldwellen kurz nach der Währungsreform, als 1949 und 1950 jeweils mehr als 130.000 Blüten auftauchten. Möglicherweise dachten die Bundesbanker auch noch an die Aktion der Nazis, die massenhaft Pfundnoten gefälscht hatten, um damit die britische Wirtschaft zu destabilisieren.

Um die Geldscheine austauschen zu können, mussten sie ebenso zahlreich vorhanden sein wie die normalen umlaufenden. Und das war ein zweistelliger Milliarden-DM-Betrag. Dass es elf Jahre dauerte, von 1963 bis 1974, um die Scheine herzustellen, lag am Vorrang für den Druck der Umlaufnoten, wie Walburg berichtet. Die Ersatzserie konnte nur dann gedruckt werden, wenn freie Kapazitäten in den Druckereien vorhanden waren.

Brandneu in den Schredder

Dass es bis 1980 zu einer erheblichen Unterdeckung bei den Ersatznoten kam, ist inzwischen nur noch ein historisches Detail. Denn 1990 wurden die neuen und letzten DM-Scheine (BBk III) mit verbesserten Sicherheitsmerkmalen eingeführt, die die alten Ersatzscheine überflüssig machten. So wurden sie 1988 und 1989 vernichtet, ohne jemals benutzt worden zu sein.

Die Ersatzserien sind Geschichte

Aber schlummerte zwischenzeitlich ein anderer geheimer Schatz an DM-Noten irgendwo - oder gibt es auch für den Euro eine Ersatzserie? Nein, sagt Experte Walburg. Die Ersatzserien hätten sich letztlich als unpraktikabel erwiesen, weshalb schon für die letzten DM-Scheine keine mehr aufgelegt wurde.

Und zum Euro erklärt die Europäische Zentralbank (EZB), es werde an einer neuen Serie von Banknoten gearbeitet, um Fälschungen zu erschweren. Eine Einführung werde jedoch erst in einigen Jahren erfolgen. Eine größere Fälschungsattacke stuft die EZB als unwahrscheinlich sein. Gegen eine Ersatzserie sprächen die Kosten, außerdem könne man damit nicht flexibel auf irgendwelche Bedrohungen reagieren.

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