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Ukraine-Krieg: Diesen deutschen Rentner treffen die Russland-Sanktionen


"Unschuldige geraten in Strudel"
Diesen deutschen Rentner treffen die Russland-Sanktionen

Von Mauritius Kloft

Aktualisiert am 16.06.2022Lesedauer: 3 Min.
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Heiko F.: Der EU-Rentner lebt seit 2015 in Russland.Vergrößern des Bildes
Heiko F.: Der EU-Rentner lebt seit 2015 in Russland. (Quelle: privat)

Um den russischen Krieg gegen die Ukraine zu stoppen, versucht der Westen, das Finanzsystem Russlands lahmzulegen. Allerdings: Die Sanktionen gegen den Kreml treffen auch deutsche Staatsbürger.

Heiko F. seufzt in den Telefonhörer. Der 57-jährige Frührentner lebt seit 2015 in Twer, etwa zwei Autostunden nordwestlich von Moskau. Bis zum russischen Angriff auf die Ukraine hatte er keine Probleme. Doch jetzt ist er verzweifelt.

Denn die Sanktionen gegen den Kreml treffen auch ihn. "Ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn nicht bald meine Rente kommt", sagt er. Seinen vollen Namen möchte er nicht veröffentlicht sehen. F. bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente, kurz EU-Rente, da er an der Lungenkrankheit COPD leidet.

Mit seinen 722 Euro an Rente kam er bislang gut über die Runden, zumal seine russische Ehefrau, zu der F. gezogen ist, noch arbeiten geht. Allerdings hat er die letzte Überweisung Anfang April erhalten. "Lange halte ich das ohne Geld nicht mehr durch."

Fast alle Renten nach Russland kommen wieder zurück

F. ist nicht der einzige deutsche Rentner, der in Russland sitzt und kein Geld bekommt. Laut der Deutschen Rentenversicherung (DRV) gehen derzeit rund 1.000 Renten an Banken in Russland, 260 Renten in die Ukraine und 65 Renten nach Weißrussland.

Und die meisten davon kommen wieder zurück. DRV-Sprecherin Gundula Sennewald sagte t-online jüngst: "Inzwischen können fast 90 Prozent der nach Russland zu zahlenden Renten nicht mehr unmittelbar abgeleitet werden." Mehr dazu lesen Sie hier.

Grund sind die Sanktionen gegen Russland nach der völkerrechtswidrigen Invasion. So sind einige russische Banken vom Kommunikationsnetzwerk Swift ausgeschlossen worden. Infolgedessen funktionieren die Überweisungen durch den Renten-Service der Deutschen Post nicht mehr, der für die Rentenzahlungen zuständig ist.

Eine Banken-Odyssee

So auch bei F. Bis April war der EU-Rentner bei der Sberbank, die allerdings unter die westlichen Sanktionen fiel. Also wechselte er zur Gazprombank, in der Hoffnung, dass die von Sanktionen verschont bleibe. "Immerhin muss Deutschland ja auch das Öl und Gas bezahlen" – so seine Überlegung.

Auf die Gazprombank sollte die Rente von April und Mai überwiesen werden, sagte der Renten-Service zu. Doch laut F. kam nichts an. Auch der Postrenten-Service konnte ihm nicht helfen, verwies F. an die Bundesbank, die für die Überweisung zuständig sei.

Auch hier habe er keine Auskunft erhalten, wo das Geld jetzt ist oder wie er da rankommt. Die Bundesbank agiere nur als "stiller Dienstleister". Rentenzahlungen, die nicht zugestellt werden können, werden gezahlt, sobald dies möglich sei, heißt es von der DRV dazu. "Hierfür können Berechtigte ein anderes Konto, etwa im Ausland, angeben, auf das die Rente gezahlt werden soll."

"Ich habe nichts gegen die Sanktionen"

Das aber kommt für F. nicht infrage. Er braucht das Geld schließlich in Russland. "Wir müssen das Darlehen für unsere Wohnung abbezahlen. Und die Preise hier in Russland sind ebenfalls deutlich gestiegen." Besonders Haushaltsartikel wie Waschmittel seien drastisch teurer geworden.

"Ich habe nichts gegen die Sanktionen, sie sind richtig und wichtig", sagt er. "Aber es dürfen keine Unschuldige in ihren Strudel geraten." Der Rentner hätte sich gewünscht, dass etwa Sozialleistungen ausgenommen würden. "Irgendwie müssen die Leute hier doch auch leben."

F. will wegziehen

Letzte Hoffnung setzt F. auf die Rosbank. Hier hat er vor zwei Wochen zwei Konten eröffnet, eins auf Rubel, das andere auf Euro laufend. Und dem Renten-Service die geänderte Kontoverbindung mitgeteilt. Die Rente sollte am Mittwoch überwiesen werden. Bislang hat F. aber noch kein Geld erhalten, sagt er.

Der Renten-Service der Post gibt sich auf Nachfrage von t-online schmallippig. "Bei Zahlungsüberweisungen nach Russland hält sich der Renten-Service der Deutschen Post selbstverständlich an geltende Sanktionsregelungen", sagte eine Sprecherin. "Davon betroffene Kunden vor Ort haben wir schriftlich in Kenntnis gesetzt und gebeten, wenn möglich ein Konto bei einer nicht sanktionierten Bank zu eröffnen."

Allerdings: Selbst wenn die Überweisung jetzt klappen sollte, erwägen F. und seine Frau, aus Russland wegzuziehen, nächstes Jahr, wenn die Darlehen abbezahlt seien. "Die aktuellen Probleme, die höheren Preise sind erst der Anfang", sagt er. "Ich glaube nicht, dass es je wieder so wird wie früher."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Heiko F.
  • Schriftliches Statement der Rentenversicherung
  • Schriftliches Statement des Renten-Service der Deutschen Post
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