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Börsen-Mythos: Haben Technologie-Aktien wirklich so hohe Renditen?


Börsen-Mythos
Werfen Technologie-Aktien wirklich so viel Rendite ab?

MeinungEine Kolumne von Gerd Kommer

Aktualisiert am 30.01.2022Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Steigende Kurse (Symbolbild): Dauerhaft ist ein Investment in den Gesamtmarkt besser, als allein auf Technologie-Aktien zu setzen.Vergrößern des Bildes
Steigende Kurse (Symbolbild): Dauerhaft ist ein Investment in den Gesamtmarkt besser, als allein auf Technologie-Aktien zu setzen. (Quelle: iStockphoto/getty-images-bilder)

Seit Jahresbeginn haben Tech-Aktien stark an Wert verloren. Dennoch glauben viele Anleger, dass Amazon, Apple und Co. langfristig Rendite-Raketen sind. Zu Recht?

An der Börse gelten sie als Stars: Apple , Microsoft , Amazon , Tesla , Google – wer sein Geld in diese Aktien investiert, konnte sich in den vergangenen Jahren freuen. Die sogenannten Tech-Titel erzielten zumeist weit höhere Renditen als Aktien von Unternehmen klassischer Old-Economy-Branchen wie zum Beispiel Transport, Energie, Maschinenbau, Handel, Banken.

Insgesamt schnitten die Wertpapiere sogar besser ab als der Gesamtmarkt: Über die fünf Jahre von November 2016 bis November 2021 warfen die US-Technologieaktien die schier unglaubliche Rendite von 26,6 Prozent pro Jahr ab. Zum Vergleich: Der gesamte US-Aktienmarkt brachte es ohne die Tech-Werte im selben Zeitraum "nur" auf ein jährliches Kurswachstum von 10,8 Prozent.

Viele Anleger glauben deshalb, dass solche Traumrenditen normal sind – und dass die Technologieaktien auch künftig vergleichbar viel erwirtschaften. Zu Recht? Nicht unbedingt.

Bei Crash stürzen Tech-Titel meist stärker ab

Tatsächlich lässt sich weder für den Tech-Sektor noch für andere Teilsegmente großer Märkte sagen, dass sie dauerhaft mehr Rendite abwerfen. Für den Tech-Sektor illustriert das die nachfolgende Tabelle:

Zeitraum Rendite Tech-Sektor Rendite Gesamtmarkt
Dezember 1971 bis November 2021 7,3 % p.a. 7,1 % p.a.
Davon die ersten 25 Jahre 5,2 % p.a. 6,9 % p.a.
Davon die zweiten 25 Jahre 9,4 % p.a. 7,3 % p.a.
Maximaler Buchverlust minus 80 % minus 55 %

Wir sehen: Über den Gesamtzeitraum von 50 Jahren hatte der Technologiesektor eine Rendite, die nur geringfügig über der des Gesamtmarktes lag. Der Tech-Sektor erzeugte diese Durchschnittsrendite allerdings bei einem weit höheren Risiko als der Gesamtmarkt. Das geht aus der untersten Zeile der Tabelle hervor.

In den drei größten Aktienmarkt-Crashs während dieser 50 Jahre – dem Ölkrisen-Crash 1973/74, dem Dotcom-Crash 2000 bis 2002 und dem Crash in der Weltfinanzkrise 2007/2008 brach der Technologieaktiensektor jedes Mal tiefer ein als jeder andere der zehn Hauptsektoren an der US-Börse.

Mehr Wachstum? – Na und ...

Tech-Fans lassen das häufig nicht gelten. Gelegentlich behaupten sie, es habe in jüngerer Zeit eine Art Strukturbruch gegeben, weswegen Daten, die länger als zehn Jahre zurücklägen, in Bezug auf Technologieaktien nicht mehr relevant seien. Eine aus meiner Sicht drollig naive These, die nie wirklich belegt wurde.

Das wird schon allein dadurch deutlich, dass die allermeisten Konzepte und Technologien, die die heutigen hohen Renditen des Tech-Sektors erklären, schon vor 30 Jahren existierten: das Internet, der Megatrend der Digitalisierung, Netzwerkeffekte, künstliche Intelligenz, Skalierung und so fort. Zur Erinnerung: Der deutsche Erfinder Konrad Zuse baute den ersten Computer bereits im Jahr 1936.

Ein anderes Argument, dass die angeblich strukturell besseren Renditen der Technologie-Aktien belegen soll, sind die dauerhaft höheren Wachstumsraten im Tech-Sektor im Vergleich zur restlichen Volkswirtschaft. Sicher, die mag es geben. Doch bedeuten sie für sich genommen trotzdem keine höheren Aktionärsrenditen. Denn die besseren Wachstumsaussichten sind zu jedem Zeitpunkt schon bei der Bewertung des Kurses eingepreist. Sie bieten deshalb keinen Renditevorteil, den Anleger verlässlich ausbeuten könnten.

Tech-Aktien brauchen besonders hohe Gewinnerwartungen

Sie glauben mir nicht? Dann schauen Sie sich doch einmal an, wie teuer die Technologie-Aktien schon heute sind. Hoch bewertete Aktien brauchen zwingend auch besonders hohes Gewinnwachstum in der Zukunft. Kommt das nicht, wird der Kurs irgendwann einknicken.

Das wäre auch im Tech-Sektor nichts Ungewöhnliches. Im Jahrzehnt von Anfang 2000 bis Ende 2009 fielen die Kurse der US-Technologiesektors inflationsbereinigt in der Summe um 58 Prozent – ein Desaster.

Und da wir alle Geschichten mehr lieben als Statistik, sei an dieser Stelle zusätzlich die Story des Renditerennens zwischen Walmart und Intel erwähnt. Walmart ist eine langweilige US-Supermarktkette, wenn auch die nach Umsatz größte der Welt.

Privatanleger fahren mit breitem Investment besser

Im stationären Supermarkt-Einzelhandel sind die Margen bekanntlich rasiermesserdünn und der technische Fortschritt eher langsam. Intel ist weltweit der größte Mikrochip-Hersteller, ein globaler Technologieführer, dem 40.000 Patente gehören und dessen Margen weit höher sind als die von Walmart.

Über die 40 Jahre von Anfang 1982 bis Ende 2021 lieferte die Old-Economy-Aktie Walmart eine spektakuläre Durchschnittsrendite von 17,7 Prozent pro Jahr. Intel schafften im selben Zeitraum nur ein jährliches Kurswachstum in Höhe von 15,4 Prozent (nominal in US-Dollar, inklusive Dividenden, vor Kosten und Steuern). Teilt man die 40 Jahre in vier einzelne Jahrzehnte auf, lag Walmart in drei der Jahrzehnte renditemäßig vorn, einschließlich im letzten.

Haben also Technologie-Aktien langfristig besonders hohe Renditen? Wie wir nun gesehen haben, war das in der Vergangenheit nicht der Fall. Wie alle Einzelbranchen lagen Technologieaktien mal vorne und mal hinten. Weil sich die guten Phasen einzelner Branchen nicht verlässlich prognostizieren lassen – daran lässt die Wissenschaft keinen Zweifel –, ist es für normale Privatanleger schlauer, den gesamten Aktienmarkt zu kaufen. Das bringt solide Renditen mit weniger Risiko.

Mit keinem Finanzprodukt kann man sich den Gesamtmarkt besser und preisgünstiger ins Depot holen als mit ETFs. Und wem der Anteil der heute hoch bewerteten, teuren US-Tech-Riesen wie Apple, Google und Co. in einem globalen Aktien-ETF zu hoch ist, kann diesen Anteil mit ETFs auf den MSCI Europe , den MSCI Asien-Pazifik und den MSCI Emerging Markets nach eigenem Gusto beliebig nach unten schrauben.

Sämtliche Artikel erarbeiten t-online und seine Autoren und Kolumnisten mit journalistischer Sorgfalt. t-online weist darauf hin, dass die Texte keine Beratung ersetzen und insbesondere keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren darstellen.

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