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LNG: So weit sind die deutschen Flüssiggas-Pläne


Flüssiggas
So weit sind die deutschen LNG-Pläne

Von Frederike Holewik

Aktualisiert am 19.07.2022Lesedauer: 4 Min.
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Flüssiggas-Pipeline in Brunsbüttel: Anfang 2023 soll an der Nordsee ein schwimmendes LNG-Terminal in Betrieb gehen. Dafür muss eine 2,5 Kilometer lange Pipeline gebaut werden.Vergrößern des Bildes
Flüssiggas-Pipeline in Brunsbüttel: Anfang 2023 soll an der Nordsee ein schwimmendes LNG-Terminal in Betrieb gehen. Dafür muss eine 2,5 Kilometer lange Pipeline gebaut werden. (Quelle: Marcus Brandt/dpa-bilder)

Die deutsche Hoffnung auf Unabhängigkeit vom russischen Gas hat drei Buchstaben: LNG. t-online erklärt, was es mit dem Flüssiggas auf sich hat und wie weit die Planungen für eigene Terminals sind.

Deutschland soll unabhängig von russischen Energieimporten werden, vor allem beim Gas gestaltet sich das bislang schwierig. Abhilfe soll Flüssiggas schaffen, auch LNG genannt, das über Schiffe nach Deutschland gebracht wird.

Doch braucht es eine entsprechende Infrastruktur. Flüssiggasterminals in Wilhelmshaven und Stade (beide Niedersachsen) sowie in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) und in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) wurden bereits beschlossen, der Bau der ersten Anlagen hat bereits begonnen.

t-online erklärt, wie LNG funktioniert, wie es in Deutschland eingesetzt werden könnte und ob es tatsächlich die Abhängigkeit von russischem Gas beenden wird.

Was ist LNG?

LNG ist die Abkürzung für "liquified natural gas". Dabei handelt es sich um tiefgekühltes, unter hohem Druck verflüssigtes Erdgas. Das Gas muss dafür auf -161 bis -164 Grad Celsius heruntergekühlt werden.

Da Flüssigerdgas nur ein Sechshundertstel des Volumens von gasförmigem Erdgas hat, kann es statt durch Pipelines mit Tankern oder auch mit Lkw und Zügen transportiert werden.

Gut zu wissen: LNG und LPG sind nicht das Gleiche. LNG steht für Flüssigerdgas, während LPG ganz allgemein "Flüssiggas" meint, zu Englisch "liquified petroleum gas".

Wie funktioniert LNG?

Von den Förderstätten wird das Erdgas in eine Verflüssigungsanlage geleitet. Das Erdgas besteht dabei zumeist aus einer Mischung von Methan, Kohlenwasserstoffen, Stickstoff, Kohlendioxid, Wasser und unerwünschten Bestandteilen wie Schwefelverbindungen. Letztere werden vor der Weiterverarbeitung entfernt. Danach liegt der Methangehalt bei 98 Prozent, was LNG zu einem besonders reinen Gas macht.

In mehreren Schritten wird das Gas heruntergekühlt, wodurch es flüssig wird. In dieser Form kann es verladen und ausgeliefert werden, was zumeist Schiffe erledigen. In den Terminals wird das Flüssigerdgas dann in isolierten Lagertanks aufbewahrt.

Ist LNG eine Alternative zu russischem Gas?

Aus Kostengründen war es das bisher nicht, denn der Energiebedarf für die oben beschriebene Verflüssigung ist sehr hoch, etwa 10 bis 25 Prozent des Energieinhaltes des Gases.

Das rechnet sich dementsprechend erst ab einem Transportweg von etwa 2.500 Kilometern. Unter dieser Entfernung ist der Transport via Erdgaspipeline energetisch wirtschaftlicher. Deshalb sind die aktuellen Hauptimporteure von LNG mit fast 80 Prozent des weltweiten Volumens asiatische Länder wie Japan, Südkorea und Taiwan. Ein kleinerer Anteil geht auch an Großbritannien, Italien und Belgien.

Doch die Sorge vor einem Gasembargo gegen Russland macht LNG als Alternative interessant. Im Jahr 2020 bezog Deutschland über drei Pipelines 56 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland. Um diese Menge auszugleichen, würden etwa 750 Tankerladungen benötigt, die standardmäßig zwischen 125.000 und 147.000 Kubikmeter fassen. Und das obwohl das verflüssigte Gas bereits 600 Mal weniger Volumen hat.

Auf ganz Europa bezogen wären über 4.000 Tankerladungen notwendig. Einige Länder bereiten sich bereits darauf vor: Eines der größten Terminals steht in Rotterdam. Die Kapazitäten werden hier derzeit auf jährlich 13,5 Milliarden Kubikmeter erhöht.

Woher könnte Flüssiggas kommen?

Im vergangenen Jahr kam ein Viertel des LNG in Europa aus den USA, weitere 24 Prozent aus Katar und 20 Prozent aus Russland. Auch aus Nigeria und Algerien bezog Europa Flüssiggas, berichtet die "Tagesschau".

Doch der Bedarf ist dieses Jahr bereits deutlich gestiegen. Nach Angaben der Brüsseler Denkfabrik Bruegel um fast 20 Milliarden Kubikmeter auf 50,4 Milliarden in den ersten vier Monaten. Dabei haben sich auch die Lieferanten verändert. So stieg bereits im Januar der Anteil der Importe aus den USA auf 50 Prozent.

Auf dem Weltmarkt dominieren Katar und Australien. Bundeswirtschaftsminister Habeck verhandelte im März in Katar ebenfalls über Lieferungen nach Deutschland. Doch dabei gibt es ein Problem: Die meisten Lieferungen sind durch langfristige Verträge gebunden. Das zeigte sich auch nach Habecks Reise. Katar konnte keinen schnellen Deal zusagen, sei aber für zukünftige Geschäfte offen (mehr zu Habecks Verhandlungen, lesen Sie hier).

Wo sollen die deutschen LNG-Terminals entstehen?

In Deutschland sind aktuell mehrere Projekte geplant: Dabei gibt es zum einen schwimmende Terminals, die besonders schnell die Gasversorgung unterstützen sollen. Die Floating Storage and Regasification Units (FSRU) können das Flüssiggas in den gasförmigen Zustand zurückverwandeln und in das Netz einspeisen. Davon hat die Bundesregierung vier Stück gemietet. Zum Ende des Jahres soll eins in Wilhelmshaven und eins in Brunsbüttel ans Netz gehen.

Das dritte schwimmende Terminal soll ab Ende 2023 in Stade nutzbar sein, das vierte ebenfalls ab Ende 2023 in Lubmin.

In Lubmin soll nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bereits zum Jahresende 2022 ein weiteres Terminal mit privatem Träger an den Start gehen.

Darüber hinaus sind an mehreren Standorten feste Terminals geplant, die allerdings deutlich längere Bauzeiten vorsehen. In Wilhelmshaven etwa unterstützt der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper mit 65 Millionen Euro den Bau eines Flüssiggasterminals in Wilhelmshaven. Die Kapazität pro Jahr beträgt 7,5 Milliarden Kubikmeter und damit etwa 8,5 Prozent des deutschen Jahresbedarfs.

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Ein festes Terminal in Brunsbüttel mit einer Kapazität von acht Milliarden Kubikmetern soll spätestens 2026 starten. Der Bau wird vom Bund mit einer halben Milliarde Euro unterstützt. Die staatliche Förderbank KfW hält durch dieses Vorgehen 50 Prozent an dem Terminal.

Mit weiteren 40 Prozent beteiligt sich der niederländische Gasnetzbetreiber Gasunie, der dem niederländischen Staat gehört, die restlichen 10 Prozent hält der deutsche Energiekonzern RWE. Betreiber wird Gasunie.

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Ebenfalls 2026 soll in Stade ein Terminal mit einer Kapazität von zwölf Milliarden Kubikmetern pro Jahr entstehen. Die Projektgesellschaft Hanseatic Energy Hub wird vom belgischen Netzbetreiber Fluxys, dem Schweizer Investor Partners Group und dem deutschen Logistik-Konzern Buss unterstützt. Eine Investitionsentscheidung wird im kommenden Jahr erwartet. Der Chemieriese Dow will sich mit einer Minderheitsbeteiligung engagieren. Der Karlsruher Versorger EnBW beabsichtigt, jährlich drei Milliarden Kubikmeter Gas abzunehmen.

Überlegungen zum Einsatz von schwimmenden LNG-Terminals gibt es auch in Hamburg, Rostock und im niederländischen Eemshaven.

Verwendete Quellen
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