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Ölembargo der EU: Was das für den Verbraucher in Deutschland bedeutet


Steigende Ölpreise
Das Ölembargo kommt – doch mit welchen Folgen?

Von Mauritius Kloft

Aktualisiert am 31.05.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ventile an Gasleitungen auf einem Ölfeld im russischen Tatarstan.Vergrößern des Bildes
Ventile an Gasleitungen auf einem Ölfeld im russischen Tatarstan (Symbolbild). (Quelle: Yegor Aleyev/TASS/imago-images-bilder)

Nach langem Ringen haben sich die EU-Staaten auf einen Kompromiss beim Ölembargo geeinigt. Die Ölpreise stiegen als Folge bereits an. Was heißt das jetzt für die Kunden an Deutschlands Zapfsäulen?

Wochenlang haben die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten darum gerungen, jetzt soll das Ölembargo gegen Russland kommen, wenn auch nur in abgespeckter Form. Denn: Pipeline-Öl soll weiter in die EU fließen.

Der Beschluss des Gipfeltreffens am Montag in Brüssel decke bis Ende des Jahres mehr als zwei Drittel der russischen Ölimporte ab, erklärte EU-Ratspräsident Charles Michel am späten Montagabend. Doch was hat die EU genau beschlossen? Und wie wirkt sich das jetzt auf die Tankpreise aus? Ein Überblick.

Was hat die EU beschlossen?

Die EU-Staaten sollen kein Öl mehr per Tankschiffen einführen. Doch: Rohöl, das über die "Druschba"-Pipeline (zu Deutsch: "Freundschaft"-Pipeline) eingeführt wird, dürfen sie weiter importieren. Darauf hatte Ungarn gedrungen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von "effektiv" bis zu 90 Prozent Reduktion der russischen Ölimporte. Hintergrund dieser Zahl ist, dass Deutschland und Polen bereits deutlich gemacht haben, dass sie nicht von der Ausnahme für Pipeline-Öl profitieren wollen.

Beide Länder sind wie auch Ungarn, Tschechien und die Slowakei an die einzige aus Russland kommende Pipeline angeschlossen. Bislang kommt ein Drittel der russischen Ölimporte über die "Druschba", zwei Drittel werden über den Seeweg transportiert. Für die müssen nun noch Alternativen gesucht werden.

Welche Folgen hat das Ölembargo für die Ölpreise?

Sie stiegen am Dienstagmorgen – und zwar deutlich, auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Monaten. Das Nordseeöl Brent zog um bis zu 1,6 Prozent auf 123,58 Dollar je Barrel (159 Liter) an. Das US-Öl WTI verteuerte sich um zeitweise 3,4 Prozent auf 118,97 Dollar je Fass.

Experten schätzen, dass die Ölpreise die nächsten Tage und Woche noch weiter steigen könnten. Auch Ökonom Thilo Schaefer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sieht das so. "Aktuell sprechen einige Faktoren für einen weiter anziehenden Ölpreis", sagte er t-online.

Damit meint er neben dem Ölembargo der EU auch eine steigende Nachfrage aus China, das Lockerungen seiner Null-Covid-Politik in Aussicht gestellt hat. "Das Ölembargo verknappt das Angebot und steigert die Kosten, etwa weil Öl jetzt teuer verschifft werden muss", sagt Schaefer. "Das trifft auf eine höhere Ölnachfrage, was den Preis treiben könnte."

Allerdings sei es unmöglich, genau zu prognostizieren, wie sich der Ölmarkt tatsächlich entwickelt. "Das ist ein Blick in die Glaskugel", so Schaefer. Bei steigenden Ölpreisen müssen aber auch Verbraucher mit höheren Tankpreisen rechnen (siehe unten).

Was heißt das Ölembargo für Deutschland?

Das Teil-Ölembargo halten Experten für verkraftbar, auch wenn die Preise für das Öl nun steigen könnten (siehe oben). Risiken sehen Experten vor allem für Ostdeutschland.

Hier versorgt die "Druschba"-Leitung bislang die großen ostdeutschen Raffinerien in Schwedt und Leuna. Letztere steht in Sachsen-Anhalt und wird von Total betrieben, der Konzern hat bereits angekündigt, bis Ende des Jahres auf russisches Öl verzichten zu wollen.

Aus Schwedt kommt Kerosin für den Hauptstadt-Airport

Im brandenburgischen Schwedt hingegen sieht es anders aus. Die Raffinerie gehört dem russischen Konzern Rosneft. Von dort werden große Teile Ostdeutschlands mit Ölprodukten versorgt, die Raffinerie ist der wichtigste Lieferant für Benzin, Diesel und Heizöl im Raum Berlin-Brandenburg.

Auch Kerosin für die Flugzeuge des Hauptstadt-Flughafens BER kommt aus dieser Raffinerie. Mehr dazu lesen Sie hier. Laut der Gewerkschaft IG BCE arbeiten rund 1.200 Menschen in der Rosneft-Raffinerie, hinzu kommen mehrere hundert Arbeitsplätze bei Zulieferern.

Die Bürgermeisterin von Schwedt, Annekathrin Hoppe, hält die Ausnahmeregelungen des Ölembargos daher für sinnvoll. "Solange das Öl zu uns kommt, solange wir das russische Öl verarbeiten dürfen hier in Schwedt, ändert sich nichts, und noch läuft alles", sagte die SPD-Politikerin am Dienstag dem Bayerischen Rundfunk.

Experte: "Das rächt sich nun"

Allerdings: Deutschland hat bereits signalisiert, bald vollständig auf russische Ölimporte zu verzichten. "Dann müsste Öl beispielsweise aus Norwegen per Tankschiff nach Danzig oder Rostock transportiert werden", so Schaefer. Von dort gibt es Leitungen zu der Raffinerie in Schwedt.

"Allerdings ist es fraglich, ob kurzfristig die gleichen Ölkapazitäten transportiert werden können", so Schaefer. "Wir sehen in Deutschland noch die Ölinfrastruktur aus der Vor-Wende-Zeit. Das rächt sich nun."

Was heißt das alles für Verbraucher?

Wie so oft lautet die Antwort: Das bleibt zunächst abzuwarten, eine genaue Prognose ist schwierig.

Allerdings ist es gut möglich, dass die Spritpreise weiter steigen. Zwar senkt der Bund ab dem 1. Juni die Energiesteuer auf Benzin und Diesel für drei Monate auf das europäische Mindestmaß.

Jedoch ist fraglich, inwiefern dieser Tankrabatt am Ende an der Zapfsäule ankommt. Immerhin haben die Ölpreise bereits die vergangenen Tage deutlich angezogen. Mehr dazu lesen Sie hier. "Es ist gut möglich, dass der Tankrabatt von den gestiegenen Ölpreisen weitgehend aufgefangen wird. Verbraucher würden dann beim Tanken nur wenig von der Entlastung merken", so Schaefer.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Thilo Schäfer, IW Köln
  • Süddeutsche Zeitung: "Wendezeit in Leuna"
  • RBB: "Der lange Pipeline-Arm Russlands nach Ostdeutschland"
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP, dpa und Reuters
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