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Hodenkrebs: Ärzte fordern Früherkennungsmaßnahmen


Früherkennung von Hodenkrebs
Ärzte wollen die Hoden sehen

Ann-Kathrin Landzettel

25.09.2014Lesedauer: 4 Min.
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Hodenkrebs trifft meist jüngere Männer. Erstes Anzeichen sind Verhärtungen oder Schwellungen.Vergrößern des Bildes
Hodenkrebs trifft meist jüngere Männer. Erstes Anzeichen sind Verhärtungen oder Schwellungen. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Hodenkrebs

Schätzungen zufolge erkranken in Deutschland jährlich rund 4000 Männer an Hodenkrebs. Dabei ist dieser Tumor keineswegs eine Frage des Alters: Obwohl der Hodentumor eher zu den seltenen Krebserkrankungen gehöre, sei er unter den 20- bis 40-jährigen Männern doch der häufigste bösartige Tumor, warnt der Berufsverband der Deutschen Urologen. Zudem nehme die Häufigkeit der Erkrankung immer mehr zu. Die Ursachen seien unklar.

Männer werden zur Kasse gebeten

Bisher müssen Männer, die bei ihrem Arzt eine Ultraschalluntersuchung der Hoden durchführen lassen möchten, selbst in die Tasche greifen. Früherkennungsmaßnahmen, wie es sie für Darmkrebs oder Brustkrebs gibt, werden bisher nicht angeboten. Das soll sich ändern, wünschen sich viele Urologen.

Dem stimmt auch Dr. Wolfgang Bühmann, Urologe und Pressesprecher des Berufsverbandes der Deutschen Urologen (BDU), zu: "Aus ärztlicher Sicht ist eine Früherkennungsuntersuchung zum Hodentumor sinnvoll, da man mit einfachen, nicht belastenden Untersuchungen wie Abtasten, Ultraschall oder Blutentnahme praktisch jeden Hodentumor frühzeitig erkennen könnte. Sofern die Männer diese Untersuchung in Anspruch nehmen würden." In Deutschland sterben jedes Jahr 150 Männer an Hodenkrebs, obwohl es sich um "den am besten behandelbaren bösartigen Tumor handelt", gibt Bühmann zu bedenken.

Kritische Lücke in der Untersuchung

Besonders bei jungen Männern sei eine kritische Lücke in der Untersuchung entstanden – durch die Abschaffung der Wehrpflicht. Dadurch falle für viele Männer die Musterungsuntersuchung und somit auch das Abtasten der Hoden weg. Aber gerade im Zuge einer Hodenkrebs-Früherkennungsuntersuchung sei es möglich, Tumore bereits in einem sehr früheren Stadium zu entdecken, ist der Urologe überzeugt.

Angst vor Übertherapie unbegründet?

Die Gefahr einer Übertherapie sieht Bühmann nicht: "Der Hodentumor ist über jede Übertherapie erhaben. Angst braucht man keine zu haben, im Gegenteil. Bei früher Erkennung kann heute bereits in manchen Situationen ein Teil des Hodens erhalten werden. Eventuell nachfolgende Chemotherapien, Bestrahlungen oder Operationen können oftmals reduziert beziehungsweise vermieden werden."

Sparrechnung ist "reiner Zynismus"

Das hört sich vielversprechend an. Wo liegt also die Hürde, die Untersuchung zuzulassen? Bühmann ist überzeugt, dass der Kostenfaktor einen der Hauptgründe darstellt: "Die sogenannten ‚Medizin-Ökonomen‘ werden einwenden, dass sich die Früherkennung bei ‚nur‘ 4000 Neuerkrankungen pro Jahr und 150 Todesfällen 'nicht lohnen werde'. Das heißt konkret, dass die Kosten für eine Früherkennung aller jungen Männer im entsprechenden Alter höher wären als die Behandlungskosten der Erkrankten und Sterbenden. Doch erklären Sie solch ein zynisches Argument mal einem lebensgefährlich erkrankten Patienten."

Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), nennt noch einen weiteren Faktor, der die Zulassung der Untersuchung erschwert: "Die aktuelle Datenlage erlaubt derzeit keine endgültige Aussage zum Stellenwert der Krebsfrüherkennung für Hodenkrebs. Es gibt keine hochwertigen wissenschaftlichen Untersuchungen, die belegen, dass Früherkennungsuntersuchungen die Sterberate bei Hodenkrebs senken können." Zudem gehöre Hodenkrebs zu den wenigen Krebsarten, die auch im fortgeschrittenen Stadium, wenn bereits Metastasen vorliegen, noch geheilt werden könnten. Die Heilungsrate sei generell sehr hoch, so die Krebsexpertin.

Das, so ergänzt Bühmann, sei zwar richtig, jedoch sei zu berücksichtigen, dass die Therapien sehr belastend sein können und mittlerweile bekannt ist, dass durch Chemo- und Strahlenbehandlungen viele Jahre später andere Tumorerkrankungen auftreten können wie zum Beispiel Leukämie. Deshalb müsse das Ziel sein, bei maximalem Heilungserfolg auch diese Gefahr durch möglichst schonende Nachbehandlungen zu minimieren.

Urologen wünschen sich Abtast-Schulung für Männer

Ob die Forderung einer Hodenkrebs-Früherkennung auf Gehör stößt, ist noch unklar. Sollte es die Untersuchung nicht in das Repertoire der anerkannten Krebsuntersuchungen schaffen, wünscht sich Bühmann zumindest eine Schulungsmöglichkeit für seine Patienten: "Männer sollten wenigstens im Zuge einer einmaligen Untersuchung vom Urologen in der Selbstuntersuchung geschult und aufgeklärt werden, damit sie wissen, worauf sie beim Abtasten achten sollten."

Bei diesen Warnzeichen zum Arzt

Die Wichtigkeit der Tastuntersuchung betont auch Weg-Remers: "Jeder Mann sollte seine Hoden regelmäßig selbst untersuchen – besonders zwischen dem 20. und dem 45. Lebensjahr. Denn das klassische Leitsymptom ist eine schmerzlose Verhärtung innerhalb des Hodensacks, die der Patient meist selbst ertastet." Männer sollten den Hoden ein- bis zweimal im Monat unter warmen Wasser abtasten. Eine Größenzunahme sowie ein gewisses Schweregefühl im Bereich des Hodens seien ebenfalls Hinweise für einen Hodentumor. Bei diesen Symptomen sollten Männer nicht zögern, einen Arzt aufzusuchen.

Das Recht auf eine zweite Meinung

Im Falle einer Krebsdiagnose haben nicht nur Männer die Möglichkeit, zur Sicherheit eine zweite Meinung einzuholen, um falschen Diagnosen und Fehlbehandlungen vorzubeugen. Auch Ärzte können und sollten das tun, fordert die Deutsche Krebshilfe und verweist auf eine Studie von Wissenschaftlern am Universitätsklinikum Ulm. Demnach erhält jeder fünfte Hodenkrebspatient eine bessere Therapie, wenn sein behandelnder Arzt eine Zweitmeinung einholt.

Möglich wird das durch das Projekt "Zweitmeinung Hodentumor". Entdeckt der behandelnde Arzt einen bösartigen Tumor im Hoden seines Patienten, kann er seine Untersuchungsergebnisse sowie seinen Therapieplan mit Hilfe einer Internetdatenbank anonymisiert an die Experten der Deutschen Hodentumorstudiengruppe (GTCSG) schicken und erhält zeitnah eine Einschätzung.

Zweitmeinung kann belastende Therapiemaßnahmen verringern

Das Ziel ist es, in Deutschland flächendeckend optimale Behandlungsergebnisse zu erreichen. Aktuellen Auswertungen zufolge konnte die Therapie bei 40 Prozent der Männer reduziert werden. "Weniger Medikamente bedeuten eine geringere Belastung für den Betroffenen und eine Steigerung der Lebensqualität", sagt Professor Dr. Mark Schrader von der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Ulm und Projektleiter der GTCSG.

Den Arzt um eine zweite Meinung bitten

Wer als Betroffener gerne eine zweite Meinung hören möchte, ohne gleich den Arzt zu wechseln, kann seinen Arzt bitten, die Diagnose in einem Zweitmeinungsnetzwerk abzustimmen. Kosten entstehen weder für den Arzt noch für den Patienten. "Die Vorteile eines solchen Projektes für Ärzte und Patienten liegen klar auf der Hand", erklärt Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe. "Schnelle Bearbeitungszeiten, die behandelnden Ärzte müssen nicht darum fürchten, ihre Patienten an einen anderen Arzt zu verlieren und – das Wichtigste – die Therapiesicherheit für die Betroffenen."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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