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Kniearthrose: Wann ein künstliches Kniegelenk notwendig ist


Operieren oder abwarten?
Wann ein künstliches Kniegelenk notwendig ist

  • Ann-Kathrin Landzettel
Ann-Kathrin Landzettel

Aktualisiert am 07.03.2022Lesedauer: 6 Min.
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Ein Arzt zeigt eine Röntgenaufnahme von einem Knie. Bei einer fortgeschrittenen Arthrose kann ein künstliches Kniegelenk notwendig werden.Vergrößern des Bildes
Bei einer fortgeschrittenen Arthrose kann ein künstliches Kniegelenk notwendig werden. (Quelle: Stephane Noiret/getty-images-bilder)

Gelenkverschleiß, Sportverletzungen oder Unfälle: Es gibt verschiedene Gründe für ein künstliches Kniegelenk. Helfen weder Bewegungs- noch Schmerztherapie und schränkt das kranke Knie die Betroffenen im Alltag stark ein, kommt ein Gelenkersatz infrage.

Eine Kniegelenksprothese, also ein künstliches Kniegelenk, ist dann eine Option, wenn die Funktionalität des eigenen Kniegelenks stark eingeschränkt ist. Dies kann sich durch dauerhaft starke Schmerzen äußern, wiederkehrende oder bestehende Entzündungsreaktionen und Bewegungseinschränkungen. Es gibt verschiedene Ursachen, die das eigene Knie schädigen können: Sportverletzungen und Unfälle beispielsweise sind eine häufige Ursache für einen ausgeprägten Knieschaden.

Kniegelenkrisiko Arthrose

In vielen Fällen ist eine Arthrose für die Knieschmerzen und Bewegungseinschränkungen ursächlich. Das Kniegelenk ist am häufigsten von der schmerzhafte Abnutzung (Gelenkverschleiß) des Knorpels betroffen. Mediziner sprechen von Gonarthrose. Unter Gonarthrose sind alle degenerativen Erkrankungen des Kniegelenks zu verstehen, die durch eine Zerstörung des Gelenkknorpels unter Mitbeteiligung der Gelenkstrukturen wie Bänder, Knochen, Gelenkkapsel sowie der Muskulatur gekennzeichnet sind. Arthrose verläuft chronisch.

Heilung gibt es nicht, da sich bereits geschädigte Gewebe und Strukturen des Gelenks nicht regenerieren können. Auch der weitere Verschleiß lässt sich nur bedingt bremsen. Aus diesem Grund führt eine fortgeschrittene Arthrose häufig zu einem künstlichen Kniegelenk.

(Quelle: privat)


Professor Sven Ostermeier ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin und Chirotherapie. Der Schulter- und Knieexperte arbeitet als leitender Orthopäde der Gelenk Klinik Gundelfingen. Außerdem ist er Instruktor der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Arthroskopie.

"Fortgeschrittener Gelenkverschleiß ist die häufigste Ursache für ein künstliches Kniegelenk. Etwa sieben bis zehn Millionen Menschen leiden in Deutschland unter einer Gonarthrose", sagt Professor Sven Ostermeier, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin und Chirotherapie sowie leitender Orthopäde der Gelenk Klinik Gundelfingen.

"Das perfekte Zusammenspiel aus diversen Bändern, Sehnen und Muskeln ermöglicht dem Knie seine außerordentliche Beweglichkeit, macht es aber auch zu einem der verletzungsanfälligsten Gelenke des menschlichen Körpers. Je älter wir werden, desto mehr nutzen sie sich ab. Außerdem steigt das Risiko, wenn die Gelenke stark beansprucht werden." Übergewicht begünstige dabei flächigen Verschleiß, weil die zusätzlichen Kilos die Gelenke belasten.

Knie-OP als letzter Ausweg

Die Knie-Operation ist für die Betroffenen meist die letzte Möglichkeit nach vielen Versuchen, die Knieschmerzen und die Bewegungseinschränkungen zu behandeln. Helfen weder Schmerzmittel, Bewegungstherapie, eine Gewichtsabnahme noch Verbände, Einlagen und andere Behandlungsmaßnahmen und sind die täglichen Einschränkungen erheblich, entscheiden sich viele aufgrund des Leidensdrucks für den Gang in den OP.

"Ob eine Prothese infrage kommt, hängt von vielen Faktoren ab. Natürlich spielen die Intensität der Schmerzen, Bewegungseinschränkungen im Alltag sowie bereits entstandene Knochenschäden eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung für eine Operation", erklärt Ostermeier.. Eine einfache Regel laute: Ist kein schmerzfreies Gehen mehr möglich beziehungsweise schränken die Beschwerden die Lebensqualität signifikant ein, ist der richtige Zeitpunkt für den Eingriff gekommen.

"Im Zweifelsfall hilft auch der Vergleich der eigenen Symptome mit denen anderer Patienten. Dafür gibt es übrigens eine spezielle standardisierte Skala. Mit dieser kann der Orthopäde errechnen, wie schwer die Symptome sind, und in welchem Ausmaß diese voraussichtlich im nächsten Jahr zunehmen werden."

Teilprothese oder Vollprothese?

Die Implantation eines künstlichen Kniegelenks, Mediziner sprechen auch von Endoprothese, gehört zu den häufigsten Operationen in der Orthopädie. Beim endoprothetischen Gelenkersatz werden die zerstörten Gelenkanteile entfernt und durch künstliche Gelenkteile ersetzt. Abhängig vom Knieschaden kommen zwei Kniegelenk-Arten infrage: eine Teilprothese oder eine Vollprothese.

"Orthopäden unterteilen den Krankheitsverlauf einer Arthrose in vier Phasen: Während die Knorpelschäden in der ersten und zweiten Stufe noch relativ unauffällig sind, weist die Knorpeloberfläche in dem dritten Stadium bereits bis zum Knochen reichende Risse oder Krater auf. In diesen Fällen kann häufig eine Teilprothese die intakten Anteile des Kniegelenks erhalten", sagt Ostermeier.

"Im vierten Stadium liegen sehr schwerwiegende Knorpelschäden vor. Durch Entzündungen und Schwellungen (Gelenkergüsse) wird die Arthrose schmerzhaft und das Gelenk versteift." An einer Vollprothese gehe dann praktisch kein Weg vorbei. In Deutschland erhalten etwa 85 Prozent der Menschen, die sich für ein künstliches Knie entscheiden, eine Vollprothese.

Wie lange hält das künstliche Kniegelenk?

Wie lange das künstliche Kniegelenk funktionstüchtig bleibt, hängt unter anderem davon ab, wie stark es belastet wird. Lockern sich Teile der Prothese oder nutzen sie sich ab, kann ein Austausch der Prothese nötig werden. Ein erneuter Eingriff kann auch dann notwendig sein, wenn die Prothese schlecht sitzt oder sich eine Entzündung im neuen Kniegelenk bildet.

Teilprothesen werden etwas häufiger ausgetauscht als Vollprothesen. Untersuchungen zeigen, dass in fünf Jahren schätzungsweise fünf bis zehn Prozent der Teilprothesen ausgetauscht werden und etwa drei bis vier Prozent der Vollprothesen. Generell gilt: Je jünger man zum Zeitpunkt der Operation ist, desto häufiger muss eine Prothese irgendwann ausgetauscht werden.

Für wen sind Knieprothesen nicht geeignet?

#"nieprothesen sind für sehr junge Patienten weniger geeignet. Denn leider ist die Haltbarkeit der Implantate nicht unbegrenzt. Eine Wechseloperation ist nicht ausgeschlossen", so der Knieexperte. "Das gravierende Problem hierbei: Nach jedem Eingriff nimmt die Knochensubstanz ab." Die Komplikationsrate steige, das Ergebnis für den Patienten verschlechtere sich. "Deshalb raten wir, falls möglich, erst in fortgeschrittenem Alter zu diesem Schritt." Als Maxime gelte: Die im Schnitt 15- bis 20-jährige Haltbarkeit der Prothese sollte höher sein als die Lebenserwartung des Patienten. Allerdings müsse der Gesundheitszustand des Patienten eine Operation zulassen.

Besteht beispielsweise eine schwere Herzkrankheit oder eine Blutungsneigung, ist das ein Risiko für eine Operation. Auch die Lungenfunktion muss gut sein. Denn nach dem Eingriff muss viel trainiert werden, um die geschwächte Muskulatur zu stärken. Problematisch ist es auch bei Osteoporose, also bei Knochenschwund. Darunter leiden viele ältere Patienten. Hier müssen die Operationstechniken entsprechend angepasst werden.

Keine Operation ohne Risiken

Da der Einsatz eines künstlichen Kniegelenks mit verschiedenen Risiken verbunden ist, sollten sich Patientinnen und Patienten gut informieren, Vor- und Nachteile abwägen und den Ablauf eines solchen Eingriffs mit dem Arzt gründlich besprechen. So kann es – vor allem beim Einsetzen einer Vollprothese – dazu kommen, dass das Knie steif wird. Das ist bei etwa einem Prozent der Operationen der Fall. Dann kann eine weitere Behandlung nötig sein.

Auch kann es sein, dass sich im ersten Jahr nach dem Eingriff eine Entzündung im Bereich des neuen Kniegelenks bildet. Das ist bei etwa einem Prozent der Operationen der Fall. Gelingt es nicht, die Infektion in den Griff zu bekommen oder wird sie zu spät bemerkt, kann es notwendig werden, die Prothese auszutauschen.

"Wie bei jedem anderen Eingriff ist zudem das Thromboserisiko erhöht und es sind Nachblutungen sowie Vernarbungen möglich, die zu Bewegungseinschränkungen führen können. In sehr seltenen Fällen kann es auch zu Abstoßungsreaktionen kommen", sagt Ostermeier. "Jedes Fremdmaterial, das in den Körper eingebracht wird, kann grundsätzlich mit dem Körper reagieren. Wie bei jeder OP muss deshalb die Materialverträglichkeit im Vorfeld geprüft werden. Im Allgemeinen ist die Verträglichkeit jedoch sehr gut."

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Leben mit dem neuen Kniegelenk: Was ist anders?

Die Operationswunde ist meist nach etwa zwei bis drei Wochen verheilt, die Fäden oder Klammern können entfernt werden und die Patienten wieder laufen. Nach der Operation dauert es aber einige Monate, bis die Beweglichkeit wieder hergestellt, Schwellungen und Schmerzen weitestgehend abgeklungen und Muskeln und Bänder kräftigt genug sind, um wieder Sport zu treiben.

Je nach Literatur werden bei 80 Prozent der operierten Patienten Schmerzbefreiung und eine Verbesserung der Funktion des Kniegelenkes erreicht. Die aktuelle S2k-Leitlinie "Gonarthrose" weist darauf hin, dass der Operationserfolg nicht vorhergesagt werden kann. In 15 bis 20 Prozent der operierten Patienten würden Schmerzen, Funktionseinbußen und eine Unzufriedenheit der Patienten zurückbleiben.

Sport mit künstlichem Kniegelenk – geht das?

Viele Menschen können nach dem Eingriff wieder Tätigkeiten ausüben, die ihnen vorher nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich waren. Wie beweglich das Knie nach einem Eingriff sein wird, hängt unter anderem von der Prothese ab und davon, wie beweglich das Knie vorher war. Bewegung ist nach dem Einsatz des künstlichen Kniegelenks wichtig, um Bänder und Muskeln zu stärken.

Menschen mit einem künstlichen Kniegelenk können ebenso aktiv sein wie Menschen ohne. Allerdings sollten sie – mit Blick auf die Abnutzung – Sportarten mit einer geringeren Belastung wählen, etwa Schwimmen, Radfahren, Wassergymnastik, Walken, Tanzen oder leichte Gymnastik. "Auf Joggen, Badminton, Squash und Fußball sollte man aber aufgrund der Stoßbelastungen und der schnellen Richtungswechsel besser verzichten", rät der Knieexperte. "Ich empfehle, das individuelle Bewegungsprogramm zuvor gemeinsam mit dem Facharzt, am besten einem Orthopäden oder Sportmediziner, zu besprechen und festzulegen."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • S2k-Leitlinie „Gonarthrose“. Federführende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). AWMF-Register-Nr.: 033-004. (Stand: Gültig bis 29. November 2022)
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